Auszug aus seinem Buch „Der Survival Guide fürs Leben“
So ist das im Leben nun mal: Um Erfolge feiern zu können, müssen Sie nicht nur hart arbeiten, sondern auch in Kauf nehmen, dass Sie am Anfang einige Misserfolge verkraften müssen. Das Entscheidende sind aber nicht die Misserfolge, sondern, dass Sie in der Lage sein müssen, Ihr Ziel dennoch unverdrossen weiterzuverfolgen. Denn wie schon Winston Churchill sagte: „Erfolg ist die Fähigkeit, einen Misserfolg nach dem anderen wegzustecken, ohne seine Begeisterung zu verlieren.“
Meiner Erfahrung nach besteht der eigentliche Unterschied zwischen einem erfolgreichen und einem erfolglosen Menschen allein in seiner Fähigkeit, stets hartnäckig und unverdrossen sein Ziel zu verfolgen. Denn die eiserne Entschlossenheit, seinen Weg bis zu Ende zu gehen, ist – genauso wie leidenschaftliche Begeisterung – oftmals eine viel wichtigere Voraussetzung, um Erfolg zu haben, als irgendwelche Qualifikationen oder etwa akademische Titel. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass die Dinge sich völlig anders entwickelt hätten, wenn ich damals nicht bereit gewesen wäre, entschlossen für die Verwirklichung meines Traums zu kämpfen und all die vielen Fehlschläge und Misserfolge wegzustecken. Heute sind Fehlschläge für mich ein klares Indiz dafür, dass ich auf dem richtigen Weg bin!
Als ich zum Beispiel versuchte, einen Sponsor für meine Everest- Expedition zu gewinnen, kassierte ich etliche Hundert Absagen. Es war so deprimierend, den Misserfolg jeden Tag vor Augen zu haben: wieder eine Absage, wieder eine Niete. Und etliche Male stand ich kurz davor, meinen Traum aufzugeben. Aber gleichzeitig war ich wild entschlossen, diesen Berg zu besteigen. Also habe ich nicht aufgegeben. Ich habe weiter hartnäckig Klinken geputzt und Briefe geschrieben – und wissen Sie was? Am Ende hatte ich das nötige Geld für die Expedition zusammen.
Die meisten Leute wissen auch nicht, dass ich die SAS Selection, das Auswahlverfahren für den Special Air Service, erst beim zweiten Anlauf geschafft habe. Menschen reden nicht gern darüber, wenn sie scheitern – sie erinnern sich lieber nur an ihre Erfolge. Die SAS Selection einmal durchzustehen ist schon hart, aber zum zweiten Mal anzutreten, ist noch sehr viel härter – weil man weiß, dass dieses physisch wie psychisch extrem kraftzehrende Auswahlverfahren einem das Äußerste abverlangt. Es gibt nur wenige, die bereit sind, sich das ein zweites Mal anzutun, denn es tut verdammt weh. Doch ich hatte mich dafür entschieden, absolut alles daranzusetzen, dass ich die Prüfung bestand. Ich war wild entschlossen, dieses Ziel zu erreichen, koste es, was es wolle. Also trat ich – wieder – an, zusammen mit 140 anderen Rekruten. Wieder mit der sicheren Gewissheit, dass am Ende nur eine Handvoll von uns übrig bleiben würde. Ich war bereit, absolut alles zu geben, egal wie lange es dauern würde. Nach elf Monaten, in denen mein Schweiß in Strömen floss, ich mich wie gerädert fühlte und regelmäßig unter Schlafentzug litt, war ich einer von nur vier Rekruten, die die SAS Selection bestanden hatten und in das SAS-Regiment aufgenommen wurden.
Man muss im Leben extrem hartnäckig sein und etliche Male scheitern, um sein anvisiertes Ziel zu erreichen. Gewöhnen Sie sich daran, dass Misserfolg auf dem Weg zum Ziel ein treuer Begleiter ist, und betrachten Sie ihn als das, was er ist: Ein Meilenstein auf dem Weg zum Erfolg.
Dabei war ich keineswegs durchtrainierter oder cleverer als diejenigen, die die Prüfung nicht bestanden haben – ich war einfach nur aufs Äußerste entschlossen, absolut alles dafür zu geben. Ich erinnere mich noch daran, wie ein Rekrut, der während des Auswahlverfahrens das Handtuch warf, sich zu mir umdrehte und sagte: „Weißt du, was der Unterschied zwischen dir und mir ist, Bear? Du bist einfach noch dämlicher als ich.“ Doch was er als dämlich ansah, war in Wirklichkeit nichts anderes als die Fähigkeit, die extremen Strapazen, die das Auswahlverfahren für uns bereithielt, klaglos durchzustehen. Die Bereitschaft, schwierige Zeiten ohne Murren zu ertragen, um ans Ziel zu gelangen, war nämlich schlichtweg unerlässlich, um diesen Härtetest zu bestehen. Letztlich habe ich es geschafft und der andere nicht – obwohl er als Soldat deutlich besser qualifiziert und sehr viel erfahrener war als ich damals.
Sie sehen, wenn man aufgibt, hat man schon verloren. Solange Sie aber eisern durchhalten, haben Sie auch eine Chance, Ihr Ziel zu erreichen. Das Leben belohnt diejenigen, die einen eisernen Willen haben, nicht diejenigen, die die bessere Ausbildung haben. Es ist genauso, wie Harrison Ford einmal sagte: „Wer eisern bis zum Ende durchhält, wird gewinnen.“
Bear Grylls studierte am Eton College und hat einen Abschluss der University of London. Er diente beim Special Air Service, einer Eliteeinheit der britischen Armee. Grylls schied aus dem SAS aus, nachdem er sich 1996 während einer Fallschirmsprungübung drei Wirbelsäulenbrüche zugezogen hatte. Trotz dieses Unfalls bestieg er wenig später im Alter von 23 Jahren den Mount Everest. Er ist heute der bekannteste Survival-Experte der Welt.
Bild: lwpKommunikacio/flickr
Cover: Bear Grylls: Der Survival Guide fürs Leben