Sind Krisen gleichbedeutend mit Katastrophen? Betrachtet man die Herkunft des Wortes, lautet die Antwort klar: Nein. Der altgriechische Begriff »krísis« bedeutet nichts anderes als »Beurteilung« und »Entscheidung«. Krisen sind demnach nicht an und für sich etwas Negatives. Die alten Griechen verstanden sie vielmehr als eine Art Zuspitzung, als Moment, in dem Entscheidungen getroffen, Probleme gemeistert und Hürden überwunden werden müssen. Jeder Mensch erlebt in seiner persönlichen Entwicklung derart »kritische« Momente: Scheidewege, prägende Erlebnisse, Trennungen, Verluste, Überforderungen.
Jeder Krise geht immer große Euphorie oder »viel Geld« voraus. Daher ist es umso wichtiger, Lebenssituationen, Märkte und Empfehlungen sehr genau zu prüfen und auch immer das Risiko mit einzukalkulieren.
Fakt ist: Krisen sind Bestandteil des Lebens. Die Frage ist nur: Wie gehen wir damit um?
»Aus Krisen erwachsen auch immer neue Kräfte«, hat Rita Süssmuth einmal gesagt. Und formuliert damit, was Experten schon lange vermuten: Krisen sind wichtig für unsere Weiterentwicklung. Und haben wir sie überwunden, gehen wir in der Regel gestärkt aus ihnen hervor. Für jemanden, der gerade mitten im Schlamassel steckt, vielleicht kein hilfreicher, aber zumindest ein tröstlicher Gedanke.
Auch wenn jeder Verlauf sich ein wenig anders gestaltet: In der Regel durchlaufen Krisen vier verschiedene Phasen.
- Anfangs wollen wir die Krise nicht wahrhaben, wir verleugnen und verweigern die Veränderungen.
- In der zweiten Phase lässt sich die Krise nicht mehr deckeln. Es ist die Zeit der großen Gefühle. Wut und Angst erfassen uns. Wir hadern, schimpfen und fühlen uns doch ohnmächtig und hilflos in Anbetracht der Probleme, denen wir nun gegenüberstehen.
- In der dritten Phase werden wir langsam wieder aktiver. Es beginnt die Zeit der Neuorientierung. Wir suchen nach Auswegen, nach Lösungsmöglichkeiten. Wir treffen Entscheidungen.
- Erst in der vierten und letzten Phase pendeln wir uns langsam wieder ein, finden ein neues Gleichgewicht. Am Ende dieser Phase können wir – vielleicht schon mit etwas Abstand – auch die guten Seiten der Situation sehen.
Jetzt kommt alles auf den Prüfstand
Eine Krankheit, eine Trennung, eine Kündigung, Marktveränderungen, Fehlinvestitionen, Pandemien – es gibt ganz unterschiedliche Auslöser für persönliche und unternehmerische Krisen. Problematisch ist nicht die Krise an und für sich. Problematisch ist es nur, wenn wir in den ersten beiden Phasen steckenbleiben, uns Veränderungen nachhaltig verweigern, unsere Gefühle nicht konstruktiv kanalisieren können, es eben nicht schaffen uns nach einer Zeit der Angst, Wut und Trauer neu zu orientieren. Die zentrale Frage lautet also: Bleiben wir passiv oder werden wir wieder zu Akteuren unseres Lebens. Bewältigungskompetenz oder auch Resilienz nennen Fachleute die Eigenschaft, mit der Probleme überwunden werden können.
Das kann für Sie als Person folgendermaßen aussehen:
Analysieren Sie: Was läuft gerade falsch? Was genau ist das Problem? Welchen Anteil habe ich selbst an der Situation? Muss ich meine bisherigen Ziele überdenken?
Besinnen Sie sich auf das Wesentliche: Was und wer ist mir wirklich wichtig? Was kann, was muss ich ändern? Auf welche Stärken kann ich bauen?
Justieren Sie sich neu: Was sind meine (neuen) Ziele? Welche Etappen muss ich auf dem Weg meistern? Welche Grenzen muss ich ziehen? Was muss ich loslassen, um voranzugehen?
In ganz akuten Krisen stellen Sie sich diese Fragen:
Welchen Teil der Krise/Angst/Sorge kann ich beeinflussen und wie mache ich das?
Was kann ich in den nächsten 24 Stunden unternehmen?
Für Unternehmen ist Risiko-Management DER Erfolgsfaktor
Spätestens seit 2020 wissen Unternehmerinnen und Unternehmer DAS ganz genau. Auch wissen wir, dass man nicht auf alles vorbereitet sein kann.
Gefahren tendenziell richtig einschätzen, Haftung minimieren, Chancen ergreifen – das sind Aufgaben eines guten Risiko-Managements. So kann jede Firma zukünftige Risiken zumindest erfassen, die Eintrittswahrscheinlichkeit abschätzen, mögliche Gegenmaßnahmen erarbeiten und vorausschauende Entscheidungen treffen, um Unternehmen und Mitarbeiter sicher durch die Krise zu lenken. Die Coronakrise hat aufgedeckt, wie schnell viele Veränderungen und Umsetzungen für Unternehmen möglich sind, wenn die Existenz des Unternehmens bedroht ist.
Auch in Zukunft wird es weitere Krisen geben, selbst wenn niemand genau sagen kann, welche Krise welche Branche wann erreichen wird. Wenn aber die Wahrscheinlichkeit weiterer und neuer Krisen als Teil der Zukunftserwartung akzeptiert wird, könnten Unternehmen im Krisenfall weniger überrascht und handlungsschneller sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Um an einer Krise zu wachsen, müssen wir lernen, sie anzunehmen und als Chance zu sehen. Wie hat es Max Frisch einmal so schön formuliert: »Eine Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen.«
Autorin: Daniela A. Ben Said ist Keynote-Speakerin, Trainerin und Coach. Sie begeistert ihre Zuhörer und Seminarteilnehmer mit Energie, Glaubwürdigkeit, klaren Einschätzungen sowie sofort umsetzbaren Ideen und Konzepten in puncto Führung und Persönlichkeitsentwicklung. Bei ihrer Wissensvermittlung kommen auch mal Pferde, Esel oder Raubvögel zum Einsatz.
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