Dünn oder Normal? Anna Engelschall

Dünn oder normal – Was ist Erfolg?

Ein aktiver Lebensstil war Anna Engelschall schon immer wichtig, doch wie sieht ein gesunder Körper tatsächlich aus – und macht er überhaupt glücklich? In unserem Interview erzählt die Influencerin, welches Ereignis sie dazu brachte, ihre Vorstellungen vom idealen Körper grundlegend zu überdenken, und wie sie jetzt andere dabei unterstützen möchte, bewusster zu leben.

Frau Engelschall, was bedeutet Erfolg eigentlich für Sie als Fitness-Influencerin und wie messen Sie diesen – in Followerzahlen, im Überbieten der persönlichen Bestleistung oder in etwas völlig anderem?

 Followerzahlen haben keine Aussagekraft für mich. Ehrlich gesagt beschäftige ich mich damit nicht. Vielmehr beschäftige ich mich mit meiner Community, meinem »Team Grow«. Mir ist es wichtig, Content mit Mehrwert zu liefern und durch den direkten Austausch mit der Community über private Nachrichten oder Kommentare in Erfahrung zu bringen, was sie momentan beschäftigt. Erfolg bedeutet für mich: eine glückliche Community! Wenn die Community glücklich ist, dann bin ich es auch.

 Bevor Sie als Influencerin durchgestartet sind, haben Sie als Software-Engineer gearbeitet. Wie kam es zu der Entscheidung, sich selbstständig zu machen?

 Die Entscheidung kam nicht von heute auf morgen. Nach der Schulzeit, beziehungsweise der Matura, stand für mich erstmal im Fokus, eine Ausbildung zu absolvieren. Meine ersten Erfahrungen in der Arbeitswelt – in einem Software-Unternehmen – möchte ich nicht missen. Ich durfte mit vielen tollen Kollegen und Kolleginnen arbeiten, hatte ein festes monatliches Einkommen. Das war eine wunderschöne Zeit. Doch obwohl ich »alles« hatte, hat irgendwie irgendetwas gefehlt.

Das Gefühl wurde von Woche zu Woche, von Monat zu Monat immer stärker und mein Job machte mich leider immer unglücklicher. Zur gleichen Zeit entwickelte sich meine Leidenschaft zum Sport. Ich lernte das Training und das Thema Ernährung lieben, nicht nur für mich selbst, sondern auch für andere. Und so machte ich neben meinem Vollzeitjob die Ausbildung zum Crossfit-Coach. Ich leitete Crossfit-Kurse und half Menschen dabei, physisch und psychisch zu wachsen!

Mein Training und meine Erfahrungen als Coach habe ich fleißig auf Social Media geteilt und so kam eines zum anderen: Mein Inhalt schien ein paar Menschen zu interessieren und ich habe große Freude dabei, Menschen an meinem Leben teilhaben zu lassen. In der Zwischenzeit hatte ich mir genug Mut und genug Kraft »antrainiert«, um meine sichere Vollzeit-Stelle zu kündigen und mich in die Selbstständigkeit zu stürzen.

Welche Faktoren sind Ihrer Ansicht nach entscheidend für einen Erfolg als Influencer beziehungsweise Influencerin?

Ich bin davon überzeugt, dass man eine klare Vision braucht. Was und vor allem warum möchte man täglich etwas öffentlich teilen? Mein Ziel war es schon immer, Menschen zu inspirieren und ihnen zu helfen, einen gesünderen und aktiveren Lebensstil zu führen und das so einfach und unkompliziert wie möglich.

Zudem sollte man sich und seiner Vision immer treu bleiben und sich nicht verstellen – das ist etwas, was die Menschen sehr zu schätzen wissen. So, wie ich mich auf meinen Social-Media-Kanälen gebe, bin ich auch privat. Egal, wohin mich meine spannende Reise schon geführt hat – ich bin und bleibe immer die kleine Anna aus einem österreichischen Dorf in der Steiermark, die sowohl ihre glücklichen als auch ihre schlechten Momente teilt. Das ist mir sehr, sehr wichtig.

Vor Ihrer Karriere als Fitness-Influencerin hatten Sie mit einer Magersucht zu kämpfen, wie Sie in früheren Interviews erzählen: Wie kam es dazu, dass Sie sich bewusst dafür entschieden haben, in Bezug auf Ihre körperlichen Ideale eine 180-Grad-Wendung zu vollziehen?

 Vorweg bin ich sehr froh, dass ich öffentlich über dieses Thema gesprochen habe. Ich habe damit viele Menschen, vor allem junge Frauen, die mit den gleichen Problemen kämpfen, erreicht. Mein entscheidender Wendepunkt war ein erstes Probetraining beim »Crossfit«. Da ging es plötzlich nicht mehr darum, »dünn / skinny« zu sein, sondern ganz im Gegenteil: Es ging darum, stark zu sein. Stark sein beim Training, stark sein im Alltag.

Ich erinnere mich noch genau, als ich all die selbstbewussten, starken Mädels sah, wie sie schwere Gewichte bewegten, und mir in dem Moment dachte: Das möchte ich auch gerne. Ich wollte nicht länger die super dünne, schwache Anna sein. Ich wollte stark sein, und das nicht nur körperlich, sondern auch mental! Ich wollte wachsen.

Inwiefern hat sich das körperliche Ideal auf Social Media in den letzten Jahren gewandelt und was halten Sie von dieser Entwicklung?

 Unrealistische Ideale gibt es nach wie vor auf Social Media, aber ich glaube, immer mehr Menschen schaffen Bewusstsein für realistische Ideale! Viele Creator:innen zeigen ihren kompletten Alltag, mit allen Ecken und Kanten. Ich glaube, das hilft vielen, sich selbst zu akzeptieren und keinem »falschen Ideal« nachzueifern.

Als Fitness-Content-Creator prägen Sie natürlich auch das gesellschaftliche Bild davon, wie ein Körper im besten Fall auszusehen hat – was möchten Sie Ihrer Community in Bezug auf Körperbewusstsein vermitteln?

 Mir geht es nicht um das Aussehen, mir geht es nur um das Gefühl danach, das Gefühl nach einem anstrengenden Workout – und das ist unbeschreiblich! Glücksgefühle, Stolz, mehr Selbstbewusstsein! Mit jedem Workout, das ich filme und hochlade, hoffe ich, dass ich diese Gefühle in den Menschen hervorrufen kann. Gesundheit und Schönheit kommen viel mehr von innen und das versuche ich meiner Community zu vermitteln.

Gibt es einen Plan B für den Fall, dass Sie nicht mehr als Fitness-Influencerin arbeiten können, wenn etwa die körperlichen Limits erreicht worden sind? Wie planen Sie langfristig Ihre berufliche Zukunft?

Es gibt keinen Plan B. Solange ich körperlich und mental fit bin, ist alles in bester Ordnung. Ich habe vor, mich den Rest meines Lebens zu bewegen und mich gesund zu ernähren. Das gehört einfach zu meinem Lebensstil und zu meiner Lebenseinstellung.

Ich habe mein »Unternehmen« alleine gestartet, relativ schnell aber verstanden, dass man gemeinsam viel mehr erreichen kann! Heute habe ich ein kleines Team um mich, die mich im Hintergrund tatkräftig unterstützen und es erfüllt mich einfach, Menschen einen Arbeitsplatz zu schaffen!

Gefühlt haben wir gerade erst begonnen mit vielen Projekten wie mit einer eigenen Fitness-App »grow with Anna«, Live-Workout-Events, Merchandise… und ich überlege mir ständig, wie wir das Leben von vielen Menschen einfach glücklicher machen können. Bleibt also gespannt, wir planen, filmen und arbeiten fleißig weiter im Hintergrund, denn wie bereits erwähnt wir haben gerade erst begonnen.

Beitragsbild: Anna Engelschall

 

AS