Hat ein Unternehmen trotz aller Bemühungen nicht den gewünschten Erfolg, liegt das oft nicht nur am Konzept, sondern auch an strategischen und persönlichen Störfaktoren – kleine Ursache, große Wirkung? Unser Interviewpartner und Business Coach (IHK) Duc Ha erklärt, welche Hindernisse beim Aufbau eines Unternehmens und des gewünschten Umsatzes auftreten können und welche Auswirkungen sie mitunter haben, wenn man sie nicht beseitigt. Er meint, Strategien für Sales und Marketing alleine seien nicht das Allround-Rezept, denn wichtiger ist oft der Faktor der eigenen Unternehmerpersönlichkeit.
Herr Ha, ein Unternehmer hat ein gutes Produkt und arbeitet unermüdlich für seinen Erfolg, aber trotzdem kann er die Umsätze nicht steigern – woran liegt das?
Beim Anstreben von unternehmerischen Zielen, wie zum Beispiel einer Umsatzsteigerung, unterscheide ich als Business-Performance-Trainer immer zwischen zwei Arten von Störfaktoren. Nehmen wir an, Sie stehen am Anfang Ihrer Selbständigkeit oder Sie erwirtschaften noch weniger als einen siebenstelligen Jahresumsatz. In dem Fall treten zum einen immer wieder strategischen Fragen und Störfaktoren auf, wenn Sie auf das nächste Level Ihrer Selbständigkeit kommen wollen, wie zum Beispiel: Wie gewinne ich erste oder neue Kunden? Wie stelle ich Mitarbeiter ein? Und wie führe sie richtig? Wie standardisiere und systematisiere ich meine Prozesse? Wie kann ich mein Geschäft weiter ausbauen?
Je nachdem, auf welchem Umsatzniveau Sie sich befinden, müssen andere Fragen gestellt und andere Antworten gefunden werden. Haben Sie an der Stelle eine Wissenslücke, dann werden Sie nicht die richtigen Entscheidungen treffen oder Handlungen einleiten können, um geschäftlich zu wachsen.
Dieses Wissen können Sie sich über Mastermind-Netzwerke, Unternehmensberater oder im Selbststudium aneignen. Das Problem ist aber, dass in der heutigen Zeit sehr viele Marketing-, Sales- oder Wachstumsstrategien im Markt kursieren. Hier besteht das Risiko, dass wir uns sehr schnell im Dschungel unzähliger Möglichkeiten verlieren, die richtigen Dinge zum falschen Zeitpunkt umsetzen und somit unseren unternehmerischen Fortschritt ausbremsen oder sogar unseren Fokus und unsere Motivation verlieren, weil wir zu viel auf einmal wollen und nichts wirklich zu Ende bringen.
Wichtig ist, zu schauen, was die richtigen Schritte in der richtigen Reihenfolge sind, um Produktivität, Fokus und Effizienz auf einer unternehmerischen Ebene herzustellen. Eine professionelle Außenbetrachtung kann immer helfen, Engpässe zu identifizieren und zu lösen, weil wir uns schnell im operativen Geschäft verlieren können und dazu neigen, betriebsblind zu werden. Auf der anderen Seite sind wir alle Menschen. Deswegen gibt es immer persönliche Störfaktoren, die uns davon abhalten, nachhaltig Motivation, Fokus oder Momentum aufzubauen, um unser Geschäft massiv voranzubringen.
Hier ein Beispiel für persönliche Störfaktoren: Die meisten unserer Kunden haben zuvor in verschiedene Business Coachings investiert oder sich das Know-how im Selbststudium angeeignet. Daher wissen sie in der Theorie genau, welche Schritte sie als Nächstes anpacken müssen, um ihr Geschäft weiter auszubauen, wie zum Beispiel, dass mehr Kundenakquise betrieben werden muss, Mitarbeiter eingestellt oder ein größeres Büro bezogen werden muss.
Und jetzt das Spannende: Obwohl die strategischen Schritte klar sind, gibt es plötzlich einen unbewussten Teil in Ihnen, der Sie die ganze Zeit davon abhält, diesen Schritt irgendwie zu gehen. Das äußert sich darin, dass Sie sich ständig ablenken lassen, Entscheidungen oder Handlungen aufschieben oder sogar an sich selbst und Ihrem Geschäft zweifeln und sich somit ausbremsen – und das, obwohl objektiv an Ihnen oder Ihrem Geschäft qualitativ nichts auszusetzen ist. Hier ist es sogar so, dass wir gesellschaftlich dazu erzogen wurden, solche bremsenden Gedanken und Gefühle zu unterdrücken, statt herauszufinden, wie wir uns systematisch und nachhaltig von ihnen befreien können, um unsere Lebensqualität zu steigern.
Wenn Sie belastende Gedanken oder Gefühle unterdrücken, dann ist es so, als würden Sie im Auto sitzen und plötzlich leuchtet auf Ihrem Armaturenbrett eine Kontrollleuchte auf. Statt jetzt hinzuschauen und die Ursache des Problems zu identifizieren und zu beheben, kleben Sie ein Pflaster auf die Leuchte drauf. Ganz nach dem Motto: »Wenn ich das Problem nicht mehr sehe, dann ist es nicht mehr da.« Das ist das, was uns immer wieder einholen wird, bis wir solche Mindset-Themen nachhaltig angegangen sind.
Haben Sie sich schon einmal gefragt, warum manche Unternehmer mühelos erfolgreich werden, während andere sehr viel und hart arbeiten müssen? Der Unterschied liegt darin, dass die erste Gruppe systematisch an ihren persönlichen und strategischen Störfaktoren arbeitet, während die anderen nie in der gewünschten Geschwindigkeit ihre Pläne und Ziele angehen, weil sie sich ständig in ihrem operativen Geschäft verlieren und nur von Tag zu Tag (über)leben. Beheben Sie einmal alle Störfaktoren, dann werden Sie spüren, wie schnell und nachhaltig Ihr Unternehmen wachsen kann.
Wenn es nun beim Umsatz hakt, interpretieren das manche angehenden Unternehmer vielleicht als Niederlage und geben womöglich auf. Wie kann man verhindern, dass ein eigentlich gutes Konzept scheitert?
Ich betrachte Unternehmertum immer sehr spielerisch, weil diese Ansicht sehr viel Druck rausnehmen kann: Alle Menschen, die den Mut haben, ein Unternehmen zu gründen, müssen sich bewusstmachen, dass Niederlagen zum Spiel dazugehören. Manchmal ist es besser, Niederlagen einzufahren, wenn Sie selbst noch »kleinere Zahlen« haben, als wenn das Spielfeld größer wird.
Die Frage, die wir uns immer stellen dürfen, ist: Wie wollen wir mit unseren Niederlagen umgehen? Letztlich haben wir immer die Entscheidung, ob wir uns von ihnen unterkriegen lassen und liegen bleiben wollen oder ob wir was ändern und einen anderen Weg suchen. Denn jede Niederlage birgt eine wertvolle Erkenntnis in sich – auch, wenn wir Sie nicht immer sofort sehen. Es ist zum Beispiel die Erkenntnis darüber, welche Bedingungen erfüllt waren, sodass dieser Misserfolg überhaupt erst möglich wurde. Packen wir das Problem jetzt wissenschaftlich an und suchen analytisch und systematisch nach der Ursache des Misserfolgs, dann können wir neue Korrekturmaßnahmen einleiten, um den Kurs unseres unternehmerischen Bootes zu korrigieren und in eine andere, bessere Zukunft zu segeln. Falls die finanziellen Ressourcen dann nicht mehr ausreichen sollten, dann beweisen uns die Geschichten erfolgreicher Unternehmer wie Henry Ford, Walt Disney oder auch von Donald Trump immer wieder, dass es auch hierfür immer eine Lösung gibt.
Warum genügt es Ihrer Meinung nach nicht, sein Business einfach Schritt für Schritt aufzubauen?
Einen Schritt-für-Schritt-Plan zu haben, ist grundsätzlich immer sinnvoll, um Klarheit und Fortschritt im Geschäft herzustellen und strategische Störfaktoren zu beseitigen. Die meisten Menschen übersehen aber, dass jedes Businessmodell oder auch alle materiellen und menschengeschaffenen Dinge um uns herum ursprünglich eine Idee und somit ein Gedanke waren. Besonders interessant ist, dass nahezu jeder erfolgreiche Mensch immer davon spricht, wie wichtig die Qualität unserer Gedanken ist. Diese haben einen sehr starken Einfluss darauf, ob und wie schnell wir Entscheidungen treffen oder in die Umsetzung kommen. Hier überschätzen wir meistens die Macht von Marketing- oder Sales-Strategien, aber wir unterschätzen oft die Macht unserer eigenen Gedanken.
In einem Film habe ich einmal den Satz gehört: »Du bist dein größtes Problem, aber auch deine einzige Lösung.« Und wenn wir darüber nachdenken, dann ist das auch wirklich so. Nahezu jedes Problem, ist nur eines, weil wir es in unserem Kopf dazu machen. Haben wir das einmal verstanden, dann halten wir den Schlüssel zu einem erfolgreichen und genussvollen Leben in unseren Händen. Das heißt nicht, dass es nie wieder Herausforderungen, Enttäuschungen und Niederlagen geben wird. Es heißt vielmehr, dass wir durch die richtige Gedankenhygiene einen besseren Umgang zu unseren Umständen pflegen können und aus ihnen neue Kraft und Chancen ziehen können, statt uns von ihnen unterkriegen zu lassen. Die richtige Gedankenhygiene ist aber nicht mit blindem Optimismus und reinem positiven Denken zu verwechseln. Denn sie ist eine systematisch erlernbare Fähigkeit. Zusammenfassend müssen Sie also Ihr Geschäft schrittweise aufbauen lernen und gleichzeitig Ihre Persönlichkeit gezielt stärken, um neuen, unternehmerischen Herausforderungen mit souveräner Gelassenheit begegnen zu können.
Selbst wenn das Produkt oder die Dienstleistung gut ist – wer keine Verkäuferseele hat, wird sich quälen. Wie kann man feststellen, dass das Business auch wirklich zur Persönlichkeit passt?
Tatsächlich sehe ich das so, dass in jedem von uns das Potenzial zu einem hervorragenden Verkäufer steckt. Hierbei liegt das Problem jedoch nicht immer in der Fähigkeit des Verkaufens selbst, sondern in der Art und Weise, wie wir diese ausführen und gleichzeitig in den Ansichten und Überzeugungen, die wir über das Verkaufen selbst haben.
Ein Beispiel: Haben Sie die Befürchtung und den Gedanken, dass Sie wie ein profitorientierter, egoistischer Türklinkenputzer wirken könnten, dann werden Sie immer das Gefühl haben, dass Verkaufen nichts für Sie ist. Und um nicht schlecht dazustehen oder Ihr Selbstbild zu gefährden, werden Sie auch niemals in vollem Selbstausdruck hinter Ihren Produkten und Dienstleistungen stehen können – selbst, wenn diese Top sind. Das ist natürlich nur eine von sehr vielen anderen Ansichten und Überzeugungen, die uns ausbremsen. Daher müssen Sie am besten professionell mit einem Business-Performance Coach herausfinden, woher diese limitierenden Überzeugungen kommen, und diese Mindset-Blockaden lösen.
Ich nenne Ihnen gerne mal ein anderes Beispiel für die Art und Weise des Verkaufens: Es gibt stereotypische Verkäufer, die rumbrüllen und jedem was aufschwatzen wollen ohne dem Kunden wirklich zuzuhören und zu schauen, ob man wirklich helfen kann. Eine nachhaltigere Alternative wäre es, wenn Sie ein entspanntes Gespräch führen und Fragen stellen, um die Situation Ihres Gegenübers besser einzuordnen.
Und inwieweit kann man sich als Selbständiger fehlende Skills aneignen, zum Beispiel ein guter Netzwerker werden?
Beim Aneignen von neuen Fähigkeiten gehe ich selbst die Thematik genauso an, wie bisher beschrieben: Ich schaue mir an, welche persönlichen und strategischen Störfaktoren mich davon abhalten, diese Fähigkeit zu meistern. Im Anschluss gehe ich diese systematisch an.
Hier lerne ich besonders gerne persönlich von Mentoren oder anderen erfolgreichen Unternehmern, die bereits dort sind, wo ich bin. Denn aus meiner Sicht gibt es neben unserer Gesundheit nichts wertvoller als unsere eigene Lebenszeit und wie und mit wem wir diese nutzen.
Wenn es also andere Menschen gibt, die bereits Monate oder Jahre ihres Lebens investiert haben, um kostspielige Fehler zu machen und ich aus diesen innerhalb kürzester Zeit lernen kann, ohne selbst ins offene Feuer zu laufen, dann nutze ich gerne diese Chance. Das ist der Weg, der sich schon seit Anbeginn unserer Menschheit immer bewährt hat.
MK
Unser Gesprächspartner: Duc Ha ist Gründer von Hunting Phoenix, Business Performance Trainer und Business Coach (IHK). Er hat sich auf Persönlichkeits- und Performance-Psychologie spezialisiert.
Bild: Hunting Phoenix