Darüber, ob Dieter Bohlen singen kann, lässt sich streiten – aber nicht darüber, dass er mega-erfolgreich ist. Nun ist der Musiker und Produzent 70 Jahre alt geworden. 40 Jahre lang sitzt er nun schon gewissermaßen auf unserem Sofa – als Musiker und Juror. Seit mehr als fünf Jahrzehnten macht er Musik, vier davon sehr erfolgreich. Was Dieter Bohlen von vielen Künstlern unterscheidet, ist, dass er sich nicht verwirklichen will. Er ist einfach ganz pragmatisch. In einem Interview mit der Berliner Zeitung sagte er über seine Anfänge: »Am Wochenende habe ich in der Tanzkapelle gespielt. Dadurch konnte ich mein Studium finanzieren. Außerdem lernt man bei der Tanzkapelle genau, was die Leute so hören wollen – und wie die manchmal auf die schwachsinnigsten Nummern abfahren.« Ein ehrliches Statement. Aber genau dieser unglamouröse Pragmatismus scheint sein Erfolgsgeheimnis zu sein.
Hits liegen in der Schublade
Mit dieser Einstellung gelingt es ihm, einen Hit nach dem anderen zu komponieren. Teilweise liegen sie in der Schublade, und wenn es passt, holt er sie raus und veröffentlicht sie, zum Beispiel für die Sendung »DSDS«. Ganz unsentimental. Das Phänomen Bohlen ist: Alle lästern über seine Musik, und die anderen »alle« konsumieren seine Musik, klicken sie bei den Streamingdiensten millionenfach und sorgen für eine dicke Schicht Butter auf Bohlens Brötchen. In dem Interview mit der Berliner Zeitung sagte er, man habe seine Musik zu »Modern Talking«-Zeiten als »Wegwerf-Musik« bezeichnet. Doch sie wurde weltweit gefeiert und hat es bis ins Heute geschafft. Hits aus den 80ern wie »Cheri Cheri Lady« werden heute noch in China und Russland gefeiert, zu »Brother Louie« gibt es im vergangenen Jahr einen TikTok-Hype in Spanien und seine Touren sind stets ausverkauft.
Dieter Bohlens Erfolg ist aber härter erarbeitet, als die Leichtigkeit vermuten lässt, die er in der Öffentlichkeit an den Tag legt. »Ich habe mit zehn Jahren angefangen, Gitarre zu spielen. Ich habe mit elf Jahren angefangen, Klavier zu spielen. Ich habe in der Zeit bestimmt 2.000 bis 3.000 Lieder komponiert, die alle Scheiße waren. Das ist eine Buckelei, du musst diese Scheiß-Extrameile laufen«, sagte er mal auf einer Veranstaltung des Bildungswerks »Entrepreneur University« vor angehenden Unternehmern. Aber nach diesem Fleiß-Scheiß kam der Erfolg: Er komponiert und produziert Songs für erfolgreiche Interpreten wie Andrea Berg, Bonnie Tyler, Vanessa Mai oder Chris Norman. Er schrieb auch Filmmusik, unter anderem für mehrere Tatort-Episoden mit Götz George als Schimanski. 1987 komponierte er die Titelmelodie der ARD-Sportschau.
Das Ziel klar vor Augen
Die Liste ist sehr lang, viele Erfolge sind der Öffentlichkeit gar nicht bekannt, weil er ein Pseudonym benutzt. Sein Vermögen wird unbestätigten Quellen zufolge auf 250 Millionen Euro geschätzt. Eine Ernte, deren Saat er bereits als junger Mann gelegt hat. Sein Ziel war damals, mit 30 Jahren Millionär zu sein. Es hat Jahre gedauert, aber Bohlen blieb einfach dran, arbeitete hart und gab nicht auf. Bevor Bohlen gemeinsam mit seinem damaligen Kompagnon Thomas Anders mit »Modern Talking« den Durchbruch schaffte, musste er sechs erfolglose Singles verkraften. Sechs Misserfolge – wer sich da nicht resigniert in die Ecke verzieht und aufgibt, muss einen eisernen Erfolgswillen haben.
MK
Bild: IMAGO / Panama Pictures