Splitbild: Thomas Hacker (links) Unternehmenssoftware (rechts)

Die sieben gefährlichsten Bilanz-Fehler in Software- und Handelsunternehmen – und wie Sie diese vermeiden

Ein Gastbeitrag von Thomas Hacker

In der schnelllebigen Welt der Softwareentwicklung bleibt für viele Unternehmer der Blick auf die Bilanz oft eine unbeliebte Pflicht. Doch gerade bei technologiegetriebenen Geschäftsmodellen und Handelsunternehmen können kleine Fehler in der Buchhaltung große Folgen haben – sei es für die Steuerlast, die Investorenkommunikation oder das Unternehmenswachstum.

Im Folgenden zeigen wir sieben typische Bilanzierungsfehler, die in Software- und Handelsunternehmen häufig auftreten und wie Sie diese mit klarem Blick und guter Beratung vermeiden.

  1. Fehlende Aktivierung von selbst entwickelter Software

Viele Softwarefirmen investieren monatelang in die Entwicklung eigener Produkte, doch in der Bilanz tauchen diese Werte nicht auf; ein teurer Fehler. Aber warum ist das problematisch? Selbst entwickelte Software, die später verkauft oder im Unternehmen eingesetzt wird, kann aktiviert werden, das heißt: Die Entwicklungskosten (z. B. Personalkosten) erhöhen den Vermögenswert in der Bilanz. Unterbleibt diese Aktivierung, erscheint das Unternehmen bilanziell »kleiner« als es in Wahrheit ist. Dies verzerrt das Bild für Investoren und kann steuerlich nachteilig sein.

Tipp: Prüfen Sie regelmäßig mit Ihrem Steuerberater, welche Projekte aktivierungsfähig sind und dokumentieren Sie detailliert die Entwicklungsprozesse!

  1. Verlustvorträge gehen bei Investoren-Einstieg verloren

Verlustvorträge sind für junge Softwareunternehmen oft Gold wert, denn sie reduzieren die Steuerlast zukünftiger Gewinne. Doch beim Einstieg von Investoren können diese Vorteile verfallen. Und genau hier lauert das Risiko. Wird mehr als 50  Prozent der Unternehmensanteile übertragen, droht der vollständige Verlust der bisherigen steuerlichen Verlustvorträge. Gerade in Finanzierungsrunden mit mehreren Investoren passiert das schneller als gedacht.

Lösung: Vor jeder Kapitalerhöhung sollte geprüft werden, wie sich die neuen Beteiligungsverhältnisse auf die Verlustvorträge auswirken.

  1. Rückstellungen werden nicht korrekt gebildet

In der Softwarebranche entstehen oft Aufwendungen, die noch nicht abgebildet werden können, etwa Supportverpflichtungen oder die Gewährleistungen bei Projekten und sonstigen erbrachten Dienstleistungen. Hier sind Rückstellungen erforderlich.  Die Folgen einer falschen Rückstellung können schwerwiegend sein: Werden bestimmte Leistungen übersehen oder zu niedrig angesetzt, kann das zu einer überhöhten Steuerlast führen. Denn Rückstellungen mindern den Gewinn und damit auch die Steuerzahlung.

Best Practice: Gerade bei langfristigen SaaS-Verträgen oder Entwicklungsprojekten sollte genau geprüft werden, welche Verpflichtungen über das Bilanzjahr hinaus bestehen und entsprechend bilanziert werden.

  1. Quellensteuern auf Lizenzgebühren werden zur Stolperfalle

Wer Software ins Ausland lizenziert, muss aufpassen: In vielen Fällen verlangt der deutsche Staat zunächst eine Quellensteuer, die vom Lizenznehmer einbehalten wird. Das Problem: Ohne vorherige Freistellungsbescheinigung des Bundeszentralamts für Steuern (BZSt) wird die Steuer einbehalten – oft über Monate hinweg. Das kann zu erheblichen Liquiditätsengpässen führen und den Cashflow stören.

Rat: Bereiten Sie Auslandsverträge mit Lizenzcharakter daher sorgfältig vor und holen Sie frühzeitig die nötigen Bescheinigungen ein. Nachträgliche Erstattungen sind möglich, aber langwierig.

  1. Zu hohe Warenbestände im Handel verzerren die Bilanz und erhöhen den Gewinn

Im Handel werden Warenbestände häufig zum ursprünglichen Einkaufspreis bilanziert, auch wenn sie real längst weniger wert sind. Gründe sind Rabatte, Preisverfall, Sortimentswechsel oder veraltete Artikel. Die Folge: Der Bestand wird zu hoch angesetzt, der Gewinn ebenfalls und damit auch die Steuerlast. Zudem entsteht ein unrealistischer Eindruck der wirtschaftlichen Lage – ein Risiko in Gesprächen mit Banken oder Investoren.

Wichtig zu beachten: Überprüfen Sie regelmäßig, ob Ihr Warenbestand noch marktgerecht bewertet ist, insbesondere bei rabattierter, saisonaler oder langsam drehender Ware. Nur so bleibt Ihre Bilanz wirtschaftlich stimmig und steuerlich korrekt.

  1. Unkorrekte Bewertung fertiger und unfertiger Leistungen

Bei laufenden Projekten oder SaaS-Modellen muss zum Jahresende bewertet werden: Was wurde geleistet, aber noch nicht fakturiert? Genau hier passieren häufig Fehler. Einer davon: Es werden Gewinnmargen oder fiktive Verkaufspreise angesetzt. Tatsächlich dürfen nur die anteiligen Herstellungskosten (zum Beispiel: Löhne der beteiligten Mitarbeitenden) angesetzt werden – keine Gewinne. Folglich führen zu hohen Aktivierungen zu einem überhöhten Gewinn und damit zu vermeidbaren Steuernachzahlungen.

Empfehlung: Schaffen Sie ein internes System, um Leistungen sauber nach Projektfortschritt zu dokumentieren und stimmen Sie die Bewertungsmethode mit Ihrem Steuerberater ab!

  1. Fehlendes Investoren-Reporting

Die Bilanz als PDF-Dokument reicht dem Finanzamt, aber Investoren erwarten mehr. Wer Kapital einwerben will, braucht ein aussagekräftiges Reporting. Was fehlt häufig? Kennzahlen wie MRR (Monthly Recurring Revenue), Cash Burn, CLTV (Customer Lifetime Value) oder Runway werden nicht ausgewiesen, obwohl sie für Investoren entscheidend sind. Wer diese Zahlen nicht liefert oder schlecht aufbereitet, wirkt schnell »unprofessionell«, selbst bei solider Finanzlage.

Lösung: Arbeiten Sie mit Ihrem Steuerberater oder CFO daran, ein Reporting aufzubauen, das die Anforderungen von Investoren erfüllt – übersichtlich, verständlich und aktuell!

Die Bilanz eines Software- oder Handelsunternehmens ist mehr als nur eine steuerliche Pflicht, sie ist ein Spiegel der Unternehmensstrategie, ein Tool für Investoren und ein Hebel zur finanziellen Optimierung. Wer die häufigsten Fehler kennt und gezielt vermeidet, stärkt nicht nur seine Zahlen, sondern auch die Zukunft seines Unternehmens!

Porträt: Thomas Hacker Der Autor:

Thomas Hacker ist Steuerberater bei Hacker & Partner, einer Beratungsgesellschaft, die sich auf die Betreuung von Eigentümern und Unternehmern spezialisiert hat. Sein Ziel ist es, Mandanten effizient zu entlasten und deren unternehmerischen Erfolg nachhaltig zu fördern.

Beitragsbilder: Julia Hack, Depositphotos / itchaz.gmail.com