Fiona Erdmann: »Man muss ein dickes Fell haben«

Fiona Erdmann: »Man muss ein dickes Fell haben«

Fiona Erdmanns Karriere fing als Schauspielerin und Model an, mittlerweile ist sie jedoch vorrangig Influencerin und Mitgründerin von FNM Properties. Nicht zuletzt ist sie aber auch Mutter: Zusammen mit ihren drei Kindern und ihrem Partner genießt sie ihr Leben in Dubai und zeigt ihr Familienglück inklusive traumhafter Strände ihren rund 462.000 Instagram-Followern (@fionaerdmann). Uns hat Fiona im Interview verraten, was zum Traumberuf »Influencer« alles dazugehört und warum man sich in dieser Branche vor allem der Verantwortung seiner Follower gegenüber bewusst sein muss.

Viele junge Leute haben heutzutage den Traumjob »Influencer«. Was war deine Motivation, diesen Berufsweg einzuschlagen?

Tatsächlich hat sich das bei mir einfach so ergeben. Als ich bekannt wurde, gab es noch nicht mal Facebook – geschweige denn Instagram. Bei mir gab es MySpace. Da hatte ich damals 10.000 Follower. Das war richtig viel!

Ich bin da eigentlich eher »reingewachsen«. Meine Mutter und mein Mann sind damals verstorben und ich konnte durch die Trauerphasen meinen normalen Job – Schauspielerin und vor der Kamera stehen – einfach nicht mehr so ausführen, wie ich es vorher gemacht habe. Ich wurde einfach ein bisschen aus der Bahn geworfen. Und dementsprechend hat sich das bei mir einfach so ergeben – das war nicht »Ich will jetzt Influencerin werden«. Ich habe immer mehr auf Instagram gemacht, ein bisschen mehr von meinem Leben geteilt und dann kamen halt immer mal wieder irgendwelche Anfragen. Das ist also eine ganz andere Intention gewesen.

Ich weiß, dass das heutzutage für viele Leute ein Traumjob ist. Aber ich glaube, wenn man das wirklich hauptberuflich machen will, um damit gutes Geld zu verdienen, dann wissen viele gar nicht, was dahintersteckt und wie zeitintensiv es ist, sich eine Community aufzubauen. Klar, wenn man Glück hat, viral geht und innerhalb kürzester Zeit einen massiven Follower-Boom verzeichnet, dann kann das auch mal schnell gehen und natürlich auch sehr lukrativ sein. Aber es sollte definitiv nicht unterschätzt werden – du musst jeden Tag abliefern und es erfordert super viel Background-Arbeit: Briefings, Content-Planung, Editing. Du musst ständig online sein, viel Zeit am Telefon verbringen und teilst dein Privatleben – dadurch hast du nie wirklich frei. Das ist schon sehr viel mehr, als viele denken. Man hat natürlich auch eine Verantwortung: Man muss sich zusätzlich auch immer Gedanken darüber machen, was für Aussagen man trifft. Da gibt es bestimmte Dinge, wie zum Beispiel Health Claims oder solche Geschichten – das ist vielen Leuten gar nicht bewusst. Man muss sich da schon wirklich in diese Thematik einarbeiten. Man kann nicht einfach sagen: »Ich halte jetzt ein Produkt in die Kamera und bekomme Geld.« Das funktioniert natürlich nicht. Deswegen glaube ich, dass ein bisschen mehr Aufklärung über diesen Job vielleicht gar nicht so verkehrt wäre. Ich versuche das auch immer zwischendurch mal. Es ist aber doch recht schwierig, das alles so ausführlich ohne persönliches Gespräch zu erklären.

Was hättest du zu Beginn deiner Karriere als Influencerin gerne gewusst? Für welche Tipps wärst du sehr dankbar gewesen?

Damals war mir noch gar nicht so bewusst, wo das Ganze überhaupt hingeht. Mittlerweile ist Influencer-Marketing ja viel besser »studiert«. Man weiß viel mehr, worauf es ankommt und vor allen Dingen, dass das wirklich auch ein ernstzunehmender Job ist, der Struktur braucht. Wie soll es weitergehen? Wie soll mein Content aussehen? Was wird täglich gepostet? Wenn man das wirklich ernst nimmt und zu seinem Hauptberuf machen möchte, dann muss man da einfach »Vorkehrungen« treffen. Man muss auch wirklich schauen, dass man sich da um rechtliche Sachen kümmert: Habe ich die Lizenzen? Habe ich das richtige Setup? Was ist mit Health Claims? Es gibt ganz viele Sachen im Bereich Influencer-Marketing, wo man wirklich ganz vorsichtig sein muss, was man sagt und wie man es sagt. Das ist vielleicht einigen Leuten so gar nicht bewusst. Die denken dann einfach: »Man spricht da in die Kamera und fertig ist das Ding.« Da hängt ja auch einiges mit zusammen.

Als ich damit angefangen habe, da war das alles noch total schwammig. Es gab unter anderem noch nicht einmal richtige Gesetze. Auf unseren Content wurde damals noch das Telemediengesetz angewendet – obwohl es dafür keine passenden Regularien gab und viele Bestimmungen schlicht nicht zutrafen. Long story short: Ich wurde damals auf 20.000 Euro verklagt und habe tatsächlich verloren. Das war auch echt ein richtig großes Ding. Es ist auch echt krass, dass in Deutschland nicht immer alles gleich behandelt wird. Nur weil du für irgendwas »verdonnert« wirst, heißt das nicht, dass alle anderen auch dafür »verdonnert« werden. »Recht haben« und »Recht bekommen« sind in Deutschland zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Der gleiche Fall wurde auch in Itzehoe verhandelt – dort gab es einen Freispruch. Ich dagegen musste 20.000 Euro zahlen. Die Gesetze waren zu diesem Zeitpunkt einfach noch nicht klar ausgearbeitet, was oft zu einer uneinheitlichen und in meinen Augen auch willkürlichen Anwendung geführt hat. Am Ende war es somit eher die Unklarheit des Gesetzes, die mir zum Nachteil wurde. Man muss sich also bewusst sein, dass das halt einfach ein Bereich ist, wo durchaus auch aufgepasst werden muss, was man postet. Das ist nicht einfach nur »Just for fun«! Man hat ja auch in gewisser Form eine Verantwortung: Ganz viele junge Menschen gucken sich das an und mir ist auch total wichtig, dass ich da keine Sachen sage, die diesen in irgendeiner Form schaden können. Da muss man schon einen ganz gezielten Blick darauf haben.

Ich glaube, wenn man das Ganze nicht als wirklich ernstzunehmendes Business sieht, dann kann man da auch ganz leicht Fehler machen. Es gibt genügend Leute die regelmäßig irgendwelche Shitstorms bekommen, weil sie nicht richtig darüber nachgedacht haben, was sie sagen und posten. Zum Glück habe ich damit nie wirklich Probleme gehabt, weil ich mir immer Gedanken darüber gemacht habe, was ich sage und wie ich es sage. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es schon nicht schlecht wäre, wenn man als neuer Influencer ein paar Guidelines an die Hand bekommen würde, wie das alles funktioniert. Da müsste man vielleicht einfach mal Kurse mitmachen oder sich online informieren.

Welche Charaktereigenschaften und Fähigkeiten sollte ein Influencer vorweisen können, um erfolgreich zu werden?

Ich glaube, man muss schon ein dickes Fell haben. Man muss schon jemand sein, der sich nicht durch äußere Einwirkungen oder Aussagen schnell beeinflussen lässt. Das heißt, wenn man jemand ist, der eh schon ein nicht so großes Selbstwertgefühl oder allgemein vielleicht auch Probleme mit sich selbst hat, dann sollte derjenige nicht in die Öffentlichkeit gehen, weil das ganz, ganz schnell wirklich unangenehm werden kann. Es gibt viel zu viele Leute, die sich unter dem Deckmantel der Anonymität gerne irgendwelche Sachen rausnehmen und Leute beleidigen. Das kann dann wirklich sehr nahe gehen, wenn man nicht selbstbewusst genug ist. Man muss auch diese Art haben, dass man gerne im Rampenlicht steht und dass die Augen auf einen eingerichtet sind. Das kommt aber natürlich auch so ein bisschen darauf an, was für ein Influencer man werden will. Wenn ich eine Koch-Influencerin werden möchte und mein Augenmerk vielleicht gar nicht so sehr darauf liegt, mich selbst zu zeigen, sondern nur mein gekochtes Essen, dann ist das natürlich was anderes.

Allgemein ist auch Durchhaltevermögen ganz wichtig. Als Influencer darf man nicht aufgeben, man muss immer weitermachen und weiter Content posten. Es dauert einfach ein wenig, bis man seine Audience gefunden hat. Man muss da schon sehr engagiert sein. Ich bin jetzt zum Beispiel seit ungefähr vier Jahren wirklich jeden Tag online. Ich poste jeden Tag Stories. Außer, ich habe gerade mein Kind geboren – da habe ich mir dann auch mal zwei oder drei Tage Zeit gelassen und nichts gepostet. In der Regel ist es aber so, dass man wirklich am Ball bleiben muss. Wer nicht am Ball bleibt und konstant postet, der fliegt raus. Ich glaube, das ist ein Gesetz im Influencer-Marketing. Da ist es dann natürlich auch völlig egal, ob du dein Gesicht zeigst oder nicht. Consistency is the key.

Inwiefern beeinflussen Influencer die Lifestyle-Branche?

Ich glaube schon, dass Influencer einen wahnsinnig großen Einfluss auf die Gesellschaft, auf Produkte und aufs Marketing im Allgemeinen haben. Man muss sich mal überlegen: Früher gab es einfach nur Magazine und Billboards. Ein großer Teil des damaligen Budgets geht jetzt an Influencer und vieles von dem normalen Marketing ist weggefallen. Das hat einfach den Grund, dass man natürlich bei Influencern immer auch ein Gesicht mit dabei hat – eine Art Geschichte. Damit verkauft sich ein Produkt natürlich viel besser, als wenn es einfach nur auf irgendeiner Seite in irgendeinem Magazin abgedruckt ist, wo man gegebenenfalls noch nicht mal weiß, wer das jetzt eigentlich sieht. Man hat ja gar keine Audience, die man im Vorfeld abstecken kann.

Ich glaube, dass die Influencer auch mittlerweile die ganzen Trends machen. Das geht aber auch ganz klar von den Marken aus. Wenn eine Marke bekannt werden möchte und dann Influencer-Marketing nutzt, dann wird die Brand auch schnell bekannt und kann zu einer Trendmarke werden. Das muss dann manchmal noch nicht mal ein besonderes Produkt sein. Das kann dann unter Umständen auch einfach nur eine Brand sein, die viel Marketingbudget hat und aufgrund von vielen Influencern dann einfach sehr schnell bekannt wurde. Da merkt man natürlich den krassen Einfluss.

Influencer sind für viele Menschen gleichzeitig Vorbilder. Lässt du dich auch selbst durch andere Influencer beeinflussen oder hast du deine persönlichen Idole woanders gefunden?

Ich finde es total wichtig, dass man auch seine Vorbildfunktion als Influencer nutzt. Man hat einfach eine riesengroße Reichweite – super viele Leute machen dir bestimmte Dinge nach. Ich glaube, wenn man als Influencer seine Vorbildfunktion richtig nutzt, dann kann man damit echt etwas bewirken.

Ich versuche wirklich sehr häufig, einfach ganz klar das wahre Leben zu zeigen. Es ist nicht immer alles schön – man zeigt damit aber auch, dass man alles schaffen kann, wenn man sich nicht unterkriegen lässt. Ich glaube, damit habe ich schon vielen Leuten als Vorbild gedient und sehr viele junge Mädchen beeinflusst. Das finde ich total schön und auch super, super wichtig.

Ich persönlich habe niemanden, bei dem ich sage: »Das ist mein großes Vorbild.« Ich habe aber eine ganz wichtige Sache: Ich folge nur Leuten, bei denen ich das Gefühl habe, sie ziehen mich nicht runter, sondern sie pushen mich eher und zeigen mir schöne Dinge mit einem positiven Charakter. Ich mag es nicht, wenn man einfach nur jemandem folgt, der die ganze Zeit irgendwelche Leute trash talkt. Ich möchte einen Mehrwert bekommen. Das ist mir schon sehr wichtig, wenn ich irgendwelchen Leuten folge.

Wie gehst du mit Kritik um?

Seit ich 18 bin, bin ich in der Öffentlichkeit. Ich habe mittlerweile gar nicht mehr diese »Sensibilität«. Ich bin da einfach total abgehärtet. Wenn mir irgendjemand etwas sagt, dann geht das durch ein Ohr rein und durchs andere wieder raus. Deswegen meinte ich auch, man muss da ein dickes Fell haben. Aber wenn man das nicht hat, dann kann einem das schnell sehr nahe gehen. Dann ist man sehr schnell auch sehr traurig. Es gibt genügend Fälle da draußen, wo sich Personen suizidiert haben – getrieben von irgendwelchen Leuten, die sie über Social Media fertig gemacht haben. Solche Menschen wird es leider immer geben und da darf man nicht unterschätzen, wie sehr einem das an die Substanz gehen kann. Deswegen ist es ganz, ganz wichtig, dass man auch nur in dieses Business einsteigt, wenn man sich dafür bereit fühlt.

 

Bild: Sivi Beckmann