Donald Trump at Universal Studios Hollywood

Trump – die Sympathie-Antithese

Nur nette Menschen sind sympathisch. Nur Menschen, die Verständnis zeigen und sich unterordnen werden als emotional angenehm empfunden. Menschen, die sehr wenig bis gar keine Dominanz an den Tag legen und selten bis gar nicht das Wort ergreifen sind angenehme Menschen. Gilt das in jeglicher Situation?
Ein aktuelles Gegenbeispiel sorgt für Wirbel. Der Self-Made-Milliardär Donald Trump, welcher derzeit im Präsidentschaftswahlkampf jegliche soziale Etikette oder Feingespür vermissen lässt. Wieso schafft es genau er, der sich kein Blatt vor den Mund nimmt, in den Umfragewerten zur Präsidentschaftswahl ganz vorne zu liegen?

Neudefinition von Sympathie?

Zurückhaltung und politische Korrektheit scheinen ihm ein Fremdwort zu sein. Dieser Mann scheint jeglicher These zu widersprechen, welche ich in den letzten Jahren von mir gegeben habe. Rüpelhaft gewinnt er Wählerstimme um Wählerstimme. Ohne Rücksicht auf Verluste. Und ein großer Teil der Wählerschaft liebt genau diese Rücksichtslosigkeit, welche mit klassischen Sympathiemustern unvereinbar erscheinen. Auf den ersten Blick.
Ich finde diese Person höchst interessant und versuche ihn in diesem Artikel aus dem Blickwinkel der Sympathie zu beleuchten.
Wieso erscheint er manchem Amerikaner zumindest so sympathisch, dass er wählbar für sie ist?

Best of Trump

Seine verbalen Entgleisungen sind legendär und dennoch schaden sie seinen Sympathiewerten nicht. Im Gegenteil. Hier ein kleiner Auszug:

• Über die Schauspielerin Rosie O`Donnell sagte Trump, sie sei ekelhaft und habe ein „fettes, hässliches Gesicht“.
• Über Arianna Huffington (Huffington Post) ließ er über Twitter verlautbaren: Er verstehe, weshalb ihr Ex-Mann sie für eine andere Frau verließ, er hat die richtige Entscheidung getroffen!
• Seinen Kontrahenten im Wahlkampf – Lindsey Graham – titulierte er als Idioten und verbreitete seine private Handynummer im Fernsehen.
• An mexikanischen Einwanderern lässt er ebenfalls kein gutes Haar. Sie brächten Drogen mit, sie stehlen und vergewaltigen amerikanische Frauen. Eine Handvoll dürften ganz in Ordnung sein. Am besten wäre es, eine Mauer zwischen Mexiko und den USA zu errichten.
Trump argumentiert rassistisch, frauenfeindlich, erniedrigt andere und trägt es in einer selbstverliebten Art vor, welche Sympathie ihm gegenüber eigentlich unmöglich macht. Dennoch sprechen seine Umfragewerte eine andere Sprache.

Der amerikanische Traum

In vielen meiner Blogartikel habe ich darauf hingewiesen, dass die Welt sich schneller dreht und Stabilität verloren geht. Trump symbolisiert in gewisser Art und Weise den klassischen Self-Made-Milliardär, wie es ihn nur in den USA geben kann. Vom Tellerwäscher zum Millionär in wenigen Jahren. Daran glauben viele US-AmerikanerInnen gerne, weil es für ihr eigenes Leben so etwas wie Hoffnung auf Besserung besteht. Donald Trump gibt diesem Traum ein Gesicht. Außerdem schreibt man ihm – aufgrund seines geschäftlichen Erfolges – automatisch wirtschaftliche Geschicklichkeit zu und somit bekommt die Hoffnung auf neue Jobs und neues wirtschaftliches Wachstum neue Nahrung. In einer Welt, von der man seit 2008 nur mehr Negativnachrichten hört, irgendwie wohltuend, wenn jemand die Dinge – offensiv – in die Hand nehmen will.

Politikverdrossenheit als Trump-Turbo

In den USA scheint es ähnlich zu sein, wie in Europa. Viele von uns fühlen sich von PolitikerInnen nicht verstanden beziehungsweise nicht vertreten. Manchmal glaubt man sogar, dass die politischen Entscheider entgegen der Interessen des eigenen Volkes entscheiden (siehe Asylpolitik in der EU). Donald Trump ist jemand, der nicht im Saft des politischen Establishments schmorte. Paradoxerweise nimmt er hierbei die Rolle des Bürgers von der Straße ein. Jemand, der von außen den Widerstand anführen könnte. Aus diesem Blickwinkel macht ihn das für eine gewisse Wählerschicht bestimmt sympathisch. Trump ist ein Bürger, der für Veränderung des Status Quo und Rebellion steht.
Da er Veränderung (=Verbesserung) verspricht (und dieses Versprechen auch geglaubt wird), verzeiht man ihm auch den einen oder anderen verbalen Fauxpas.

Last but not least

Donald Trump predigt nicht nur Veränderung – dies machen viele PolitikerInnen. Doch ihre Botschaft wird überhört. Weshalb? Weil sie langweilig ist. Trump unterhält in gewisser Art und Weise. Wenn man seine Botschaften vielleicht nicht gut findet, findet man die Art und Weise der Präsentation unterhaltsam. Werde ich unterhalten, verzeihe ich unter Umständen den einen oder anderen verbalen Ausrutscher. Schließlich bin ich unterhalten worden.
Wäre ich US-Amerikaner, würde ich mich bereits im Vorfeld einer Diskussionsrunde auf die langen Gesichter der politischen Kontrahenten freuen. Schadenfreude ist schließlich auch eine Freude. Trump polarisiert wie kein anderer und bleibt deshalb im Kopf der WählerInnen. Langweiler rutschen einfach durch die kognitiven Raster.
Der internationale Business-Philosoph Niels Koschoreck hat dies wunderbar auf den Punkt gebracht:

Man kann Donald J. Trump mögen oder nicht – aber über SelbstPromotion und den Aufbau einer starken, unerschütterlichen Positionierung, an der viel negative Kritik einfach abprallt, kann man so viel von ihm lernen wie von kaum einem anderen“.

Distanz verzeiht – Nähe nicht

Bis dato habe ich auf einige Besonderheiten in der Sympathieherstellung hingewiesen, die ich in meinen bisherigen Blogbeiträgen nicht behandelte. Allerdings darf ich sie mit diesem Absatz wieder ein Stück weit entkräften.
Donald Trump wird von seinem Publikum aus der „Ferne“ bewertet. Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass ganz andere Maßstäbe angewendet werden, wenn er „näher kommt“. Was meine ich damit? Dominanz kann von einer gewissen Distanz anziehend wirken. Würde Trump uns gegenüber sitzen, würden wir andere Verhaltensweisen erwarten. Je direkter wir mit einer Person kommunizieren, desto mehr gelten meine meine Tipps und Anweisungen in Bezug zur Sympathiegewinnung. Donald Trump stellt hier keine Ausnahme dar, insofern ist Sympathie Trump(f). Mehr dazu in meinem Buch: Der Sympathie-Code. Wie Sie andere für sich gewinnen.

 

Autor: Michael Jagersbacher
Bild: PopularImages, depositphotos