Von Dr. Dr. Rainer Zitelmann
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Millionäre und Milliardäre in keinem Land so stark gestiegen wie in China. Und Millionen Chinesen träumen davon, selbst reich zu werden. Deshalb wurde schon mein Buch „Reich werden und bleiben“ ins Chinesische übersetzt und fand dort große Beachtung in den Medien. Auch mein Buch über die „Psychologie der Superreichen“ erschien kürzlich in China – Anlass für den großen Wissenschaftsverlag SSAP mich zu einer PR-Tour durch fünf chinesische Metropolen einzuladen. Vom 9. bis zum 16. August war ich in
- Peking (21,5 Mio. Einwohner)
- Guangzhou (11,1 Mio. Einwohner)
- Nanjing (8 Mio. Einwohner)
- Shangai (23 Mio. Einwohner).
- Shenzhen (12,5 Mio. Einwohner)
In jeder dieser Städte habe ich Vorträge gehalten und zahlreiche Interviews mit Zeitungen und Fernsehen gegeben.
Meine Eindrücke: Die Chinesen sind ungeheuer neugierig und vor allem hungrig. Besonders die jungen Chinesen sind voll von Optimismus und Ehrgeiz. Nach meinem Vortrag in Peking kam ein Schüler zu mir, zehn Jahre alt. Er sprach gut Englisch. Und wollte meine Empfehlung, wann er beginnen solle, neben der Schule zu arbeiten, sich vielleicht selbstständig zu machen, um reich zu werden.
Allen geht es besser als früher
Sie glauben an den wirtschaftlichen Fortschritt – nicht nur für sich selbst, sondern auch für ihr Land. Bei dem Vortrag in Shanghai fragte ich, wie vielen der anwesenden Teilnehmer es besser geht als ihren Eltern. Alle meldeten sich.
Und das zeigt genau, was in China geschehen ist. Nach den Zahlen der UN lebten noch 1981 88% der Chinesen in Armut, heute sind es nur noch 2%. Hunderte Millionen sind aus der Armut in die Mittelschicht aufgestiegen.
Alles begann in den 80er-Jahren mit der Parole von Deng Xiaoping „Lasst erst mal einige reich werden!“ Diesen „einigen“ eifern heute Millionen andere nach. Wahrscheinlich werden sie nicht alle reich, aber für fast alle werden sich die Lebensverhältnisse verbessern – wenn China weiter seinen Weg gehen wird.
Ich sprach auch mit Professor Zhang Weiying, einem der bekanntesten Ökonomen Chinas, aus dessen Buch „The Logic of the Market“ ich häufig in meinem Buch „Kapitalismus ist nicht das Problem, sondern die Lösung“ zitiert hatte. Ich traf ihn in Peking und wir tauschten uns über die aktuellen Entwicklungen aus. Einig waren wir uns beide darin, dass die Erfolge Chinas in den vergangenen Jahrzehnten nicht auf einem besonderen „Dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und Sozialismus beruhen, sondern ausschließlich darauf, dass sukzessive die Macht des Staates in der Wirtschaft zurückgedrängt wurde – zugunsten von mehr Markt und Privateigentum. Ob dieser Prozess weitergehen oder teilweise zurückgedreht wird, ist indessen offen. Es gibt unterschiedliche Richtungen in der chinesischen Partei – solche, die weiter auf Reformen setzen und solche, die sie zurückdrehen wollen.
Shenzhen – vom armen Fischerdorf zur pulsierenden Millionenmetropole
Reichtum, der in Europa (und auch bei jungen Amerikanern) heute oft skeptisch gesehen wird, wird von den jungen Chinesen, die ich kennengelernt habe, uneingeschränkt positiv gesehen. Das gilt auch für die Journalisten, die oft sehr gut vorbereitet waren und meine Bücher gelesen hatten. Die Redakteurin von CBN Daily hatte überall im Buch Unterstreichungen – und ihre Fragen zielten nicht darauf, ob es überhaupt sinnvoll ist, reich zu werden, sondern darauf, wie man reich wird.
Shenzhen ist ein Musterbeispiel für die Entwicklung in China. Zu sozialistischen Zeiten war das eine kleine Fischerstadt mit 30.000 Einwohnern. Von hier flohen viele Menschen in das benachbarte Hongkong. Später wurde die Stadt eine der ersten „Sonderwirtschaftszonen“ – so nannte man die Experimentierfelder, in denen es kapitalistischer zugeht als in Europa oder den USA. Heute ist Shenzhen eine pulsierende Metropole mit über 12 Millionen Einwohnern. Viele sind Unternehmer, überall werden neue Startups gegründet, vor allem im Internetbereich. Ich war zum Vortrag von einem Hedgefondsmanager eingeladen, dessen Fonds in chinesische und amerikanische Aktien sowie in Private Equity im Gesundheitssystem investieren. Alle Mitarbeiter sprechen perfekt Englisch, der CEO hatte u.a. in London studiert und in Nigeria gearbeitet.
Auffällig waren die vielen Frauen im Publikum, bestimmt die Hälfte. Bei Vorträgen in Deutschland über Investment und Finanzen ist das ganz anders. Viele waren schon im Ausland, haben in Europa oder den USA studiert, kommen aber wieder zurück nach China, weil sie dort bessere Chancen sehen.
Es gibt auch Schattenseiten. Da viele Chinesen schnell reich geworden sind, denken manche, reich zu werden sei eine Frage weniger Jahre. Andere spekulieren an der Börse – sie haben den Unterschied zwischen Investments und Zocken noch nicht begriffen. Der Fondsmanager meinte zu mir, 70 Prozent der chinesischen Aktienanleger Investoren seien private Investoren – ganz anders als in Deutschland, wo Institutionelle überwiegen. Der Aktienmarkt in China steht bekanntlich seit einiger Zeit unter Druck, nicht zuletzt auch wegen dem Handelskrieg mit den USA. Wie werden die chinesischen Anleger darauf reagieren?
Eine Frau fragte während meines Vortrages in Shanghai, ob es eine gute Idee sei, in Deutschland in B- und C-Städten Immobilien zu kaufen. Sie hatte eine zeitlang in Deutschland gelebt und berät nun Investoren bei Investitionen außerhalb Chinas.
Viele haben aber verstanden, dass es der beste Weg, reich zu werden ist, Unternehmer zu werden. Die jungen Menschen, mit denen ich sprach, haben eine viel positivere Einstellung zum Unternehmertum als die jungen Deutschen.
Ich habe mich über das riesige Interesse an meinen Büchern gefreut. Allein in der ersten drei Tagen der Tour wurden fast 17.000 Exemplare meines Buches „Reich werden und bleiben“ verkauft (das Buch heißt hier „Financial Freedom“) und fast 3000 von der „Psychologie der Superreichen“ (das heißt hier wie auch in den USA „The Wealth Elite“). Manche hatten gleich einen ganzen Stapel Bücher gekauft, nach dem Vortrag wollten die Zuhörer Autogramme, Widmungen und vor allem viele, viele Fotos.
Ich werde wieder nach China kommen. Wenn ich die Gelegenheit habe, würde ich gerne ein Buch über die jungen Unternehmer in China schreiben, um von ihnen zu lernen.
http://psychologie-der-superreichen.de/
http://www.reichwerdenundbleiben.de/
http://kapitalismus-ist-nicht-das-problem.de/