Ein Gastbeitrag von Michael Hans Hahl
In einer Welt, in der Fachwissen oft durch Schlagwörter und Selbstdarstellung überschattet wird, ist es für Führungskräfte und Entscheider wichtiger denn je, zwischen echten Talenten und Blendern unterscheiden zu können. Die Kunst, einen Schaumschläger bereits im Jobinterview zu entlarven, ist eine der wertvollsten Fähigkeiten, die Sie als Entscheider entwickeln können. Sie spart nicht nur Zeit und Ressourcen, sondern schützt Ihr Unternehmen auch vor schnellen Fehlentscheidungen, mit langfristiger Konsequenz.
Das perfekte Bild versus die subtile Lücke
Ein Schaumschläger wird versuchen, sich als die perfekte Lösung für Ihr Unternehmen darzustellen – glatt, wortgewandt und makellos, einfach »perfekt«. Doch genau hier liegt die erste Falle: Die meisten Menschen, die wirklich etwas zu bieten haben, sind sich ihrer Stärken bewusst, aber sie kennen auch ihre Schwächen und stehen dazu. Echte Talente zögern nicht, über Herausforderungen zu sprechen, die ihnen auf Ihrem Karriereweg begegnet sind und die sie gemeistert haben. Ein Schaumschläger hingegen wird Probleme herunterspielen oder umschiffen. »Probleme kenne ich nicht!«
Achten Sie also darauf, wie Kandidaten mit schwierigen Fragen umgehen. Stellen Sie präzise, situative Fragen: »Erzählen Sie von einer Situation, in der Sie ein Projekt gegen Widerstände erfolgreich umgesetzt haben.« Ein Blender wird auf vage, oftmals just in diesem Moment erfundene Antworten zurückgreifen oder Ausreden finden, warum er noch nie in einer solchen Situation war. Ein »echter« Kandidat wird Ihnen nicht nur die ehrliche Geschichte erzählen, sondern auch, was er aus seinen Fehlern gelernt hat.
Zu viele Superlative, zu wenig Substanz
Blender lieben es, sich selbst in höchsten Tönen zu loben. Sie sind »der Beste«, »der Schnellste« und »der Erfolgreichste« – und doch fehlt es ihren Aussagen an Substanz. Ihre Erfolge sind oft nebulös, und die angeblichen Meilensteine ihrer Karriere lassen sich schwer nachprüfen. Fragen Sie hier gezielt nach Zahlen, Daten, Fakten sowie mess- und sichtbaren, nachweislichen Ergebnissen. Verlangen Sie konkrete Beispiele für Projekte und deren Auswirkungen auf das Unternehmen!
Je mehr ein Kandidat konkret benennen kann, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er tatsächlich kompetent ist. Wer hingegen ins Schwimmen gerät und auf allgemeine Floskeln ausweicht, wird oft versuchen, mit Charme und Eloquenz über fehlendes Fachwissen hinwegzutäuschen.
Körpersprache als Indikator für Authentizität
Nicht nur die Worte eines Bewerbers verraten viel über seine Kompetenz – auch die Körpersprache spielt eine zentrale Rolle. Ein Schaumschläger ist oft in seinen Bewegungen unnatürlich, übermäßig selbstsicher oder sogar dramatisch und theatralisch – »The Oscar goes to…«. Kleine Unstimmigkeiten, wie das ständige Überkreuzen der Beine oder das nervöse Zupfen an der Kleidung, können Anzeichen von Unsicherheit oder Überkompensation sein.
Achten Sie zudem auf den Augenkontakt! Ein ehrlicher Kandidat wird Ihnen in die Augen sehen, ohne dabei zu starren. Wer allerdings seinem eigenen Bild nicht traut, vermeidet oft den direkten Blickkontakt oder wirkt in seiner Mimik angespannt und steif. Fragen Sie sich bei jedem Gespräch: Passt das Verhalten zu den gesagten Worten und zu dem Typus?
Der Praxistest: Eine bewährte Methode
Eine der effektivsten Methoden, um Schaumschläger zu entlarven, ist der Praxistest. Geben Sie dem Kandidaten eine konkrete Aufgabe oder ein Problem, das es zu lösen gilt. Dies kann eine typische Herausforderung in Ihrem Unternehmen sein. Sehen Sie, wie der Bewerber an die Lösung herangeht: Ist seine Herangehensweise methodisch? Bezieht er alle wichtigen Faktoren ein? Oder versucht er, durch vage Andeutungen oder generische Lösungen zu beeindrucken?
Ein echter Profi wird in der Lage sein, in kurzer Zeit eine fundierte Analyse abzugeben und erste Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Ein Blender hingegen wird versuchen, das Gespräch in philosophische Allgemeinheiten zu lenken, ohne wirklich Substanz oder klare, ver- und bewertbare Antworten zu liefern.
Die Gefahr, einen Schaumschläger einzustellen
Die Folgen einer falschen Personalentscheidung sind weitreichend. Ein Blender kann in Ihrem Unternehmen schnell zur Belastung werden, da er zwar gut im Auftreten, aber schwach in der Umsetzung ist. Solche Personen kosten nicht nur Geld und Zeit, sondern können auch das Vertrauen und die Moral im Team untergraben, schwächen und im schlimmsten Fall sogar vergiften.
Entscheider, die die feinen Unterschiede zwischen authentischen Talenten und Blendern erkennen, sichern sich einen langfristigen Wettbewerbsvorteil. Denn es sind die Menschen, die den Unterschied machen – und die Fähigkeit, die richtigen auszuwählen, ist der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg.
Heben Sie Ihre Personalstrategie auf das nächste Level um sich vor den Täuschern dieser Welt schützen.
Der Autor:
Michael Hans Hahl gilt seit über 15 Jahren als Experte für Kommunikationsstrategien und Insider der Generation 50+.
Darüber hinaus ist er als Sparringspartner bekannt.
Beitragsbilder: Depositphotos / SergeyNivens, Benjamin Knoche