Rapper Bushido über seine Definition von Erfolg, die erste Million und was er seinen Kindern beibringen will. Verleger Julien Backhaus traf sich mit Rapper Bushido im angesagten „The Liberate“ in Berlin-Mitte. Mit Bildern von Hannes Gade
Kann es sein, dass du vor ziemlich genau 20 Jahren professionell mit dem Rappen begonnen hast?
Bevor ich das erste Mal selber gerappt habe, habe ich Beats für andere Leute gemacht. Das dürfte ’98 gewesen sein. Da habe ich auch das erste Demotape produziert und Releases bei anderen Künstlern wie Frauenarzt und Taktlos gehabt. Also könnte ich 2018 mein zwanzigjähriges Jubiläum feiern – wenn ich denn wollte. Ich stehe aber nicht so drauf, Sachen zu feiern.
In einer Zeit, in der der deutsche HipHop eher versucht hat, eine heitere Stimmung zu vermitteln, hast du eher einen harten Ton angestimmt. Kannst du dich noch erinnern warum?
Das war keine bewusste Entscheidung. Das war einfach meine Interpretation. Keiner aus der Szene damals, der mit Rapp begonnen hat, hat das groß hinterfragt. Wir wollten auch nicht als Künstler wahrgenommen werden. Wir wollten einfach cool sein. Wir haben eh alle Rapp gehört und Graffiti gemalt. Wir wollten Weibern imponieren, sie flach legen, Geld machen und reich werden und teure Autos fahren. Darum habe ich damit angefangen. Natürlich ist es im Nachhinein auch Kunst, die ich geschaffen habe. Es gibt auch Künstler, die kacken auf eine Matratze, wischen das an die Wand und behaupten, das sei Kunst. Ich verlange gar nicht, dass Leute meine Arbeit als Kunst verstehen. Die können das nicht verstehen. Aber ich ärgere mich schon, wenn der Index meine Lieder indexiert und sagt, es sei keine Kunst. Damit muss ich leben.
Kann Aggressivität auch ein Mittel der Werbung sein? Und ist es im Geschäftsleben in gewisser Dosis sogar notwendig?
Man muss sich abheben. Weichgespülte Werbung nimmt zum Beispiel kaum einer mehr wahr. Auf der anderen Seite gibt es aggressive Werbung, die auffällt – wobei es verschiedene Ebenen von Aggressivität gibt. Mal ein bisschen mutig vorzupreschen ist auch eine Art von Aggressivität. Wenn Burger King in Belgien fragt „welchen König mögt ihr lieber?“, ist das sicher aggressiv. Kreativität und Aggressivität hängt in gewisser Form zusammen. Um sich also vom Rest loszusagen, braucht man schon eine gewisse Aggressivität. In meinem Metier ist das ein völlig gängiges Stilmittel.
Sind Musiker eigentlich automatisch auch Entertainer und PR-Profis? Oder muss man das lernen? Du hast das ziemlich gut drauf.
Je besser man PR drauf hat, desto besser kann man sein Produkt verkaufen. Viele meiner Kollegen sind schlechte PR-Leute. Die Presse über meine Person hat mir immer in die Karten gespielt. Meine Fans interessiert es nicht, ob die Bild-Zeitung schreibt, dass ich wegen Versicherungsbetrug vorbestraft bin. Ich hatte aber nie wirklich einen Fahrplan. Ich plane nicht im Voraus, eine Postfiliale in einem Tweet zu kritisieren oder die ESC-Teilnehmerin als Null zu bezeichnen. Das ist in dem Moment einfach meine Meinung. Aber irgendwie habe ich ein Händchen dafür, dass aus so einer Lappalie ein Riesentara wird. Meine Kollegen sagen sogar in Interviews, dass sie neidisch auf mich sind, dass mein Timing immer so gut passt. Die selbst würden mit Plakaten im Wert von 100.000 Euro nicht so viel Aufmerksamkeit erregen, wie ich mit einem Tweet. Oder dass das LKA Niedersachsen ein Foto von mir als Phantombild benutzt. Auf so was habe ich ja keinen Einfluss. Aber die meisten Rapper sind schlechte PR-Leute. Die belassen es dann bei stumpfen Beleidigungen auf Angela Merkel. Dann soll man auch nicht behaupten, man sei Künstler, wenn man nur stupide Beleidigungen absetzt.
In Interviews und öffentlichen Stellungnahmen wirkst du eher diplomatisch und verständnisvoll. Achtest sehr auf deine Worte. Springst du manchmal zwischen zwei Welten hin und her?
Gezwungenermaßen ja. Ich habe ja meine eigene Definition von Rapp, wie ich es feiere und geil finde. Auf meinem neuen Album (Black Friday, Anm. Red.) habe ich einen Song mit meinen Kindern und einen Song für meine verstorbene Mutter gemacht. Aber ich habe dort auch Songs drauf wie Sodom und Gomorra, wo ich singe, dass ich deine Mutter auf der Yogamatte ficke. Daran siehst du, Musik ist so, wie ich sie gern möchte. Wenn ich was für die Masse machen möchte, mache ich das. Wenn nicht, mache ich Songs wie Stress ohne Grund. Wenn ich mit Leuten wie dir zusammensitze, die ein paar Fragen haben, will ich die auch ordentlich und eloquent beantworten. Damit hatte ich noch nie ein Problem. Für mich ist das genauso natürlich, als wenn ich im Studio sitze und irgendwelche Mütter ficke. Keines von beiden ist eine Rolle, die ich spielen muss. Wenn ich jetzt mit einem Magazin wie ERFOLG spreche, lesen das ja Leute, die mit meiner Musik vielleicht gar nicht viel anfangen können. Darum muss ich das in deren Sprache versuchen zu erklären. Das fällt mir nicht schwer, ich bin ich ganz normaler deutscher Junge. Deutsch war im Abitur mein Leistungskurs. Die Sprache hat mich immer interessiert – mehr als bildende Kunst, da war ich immer schlecht. In politischer Weltkunde hatte ich null Punkte in der Oberstufe. Chemie und Physik gehörten auch zu meinen Lieblingsfächern. Ich bin auch ein Astronomie-Freak. Für Sterne und Planeten begeistere ich mich. Als ich gestern drei Stunden allein zu Hause war, habe ich wieder die ganze Zeit Dokus darüber geschaut. Wenn ich nachts in den Himmel schaue, verspüre ich starke Sehnsucht und möchte das alles erforschen.
Würdest du ein Ticket für einen Weltraumflug bei Richard Branson buchen?
Nein. Hat meine Frau mich auch schon gefragt. Ich glaube, ich würde Panik bekommen da oben. Ich fliege eh nicht so gerne. Ich fliege zwar viel, weil ich muss. Aber bin immer froh, wenn ich wieder aussteige.
Ich interessiere mich sehr für die ganzen Zusammenhänge, warum Sterne kollabieren und wie schwarze Löcher funktionieren. Mit einem Freund, der auch diesen Fetisch hat, will ich mal nach Genf zum CERN und eine Führung mitmachen. Überhaupt war ich an Allgemeinbildung immer interessiert, was mir jetzt zugute kommt, wo wir fünf Kinder zu Hause haben. Wenn die Fragen haben, kann man ihnen Dinge richtig erklären, die sie sich dann auch merken. Wenn meine Vierjährige, die sehr fix im Kopf ist, dann Dinge richtig wiedergibt, macht mich das stolz und froh. Ich finde es wichtig, dass man sich mit seinen Kindern auf der Wissensebene auseinander setzen kann. Das ist man ihnen schuldig. Da war ich schon immer lieber Spießer. Ich bin ein stolzer, bekennender Spießer, wenn das bedeutet, dass man einen gepflegten Garten mag und die Ruhezeiten in der Nachbarschaft einhält.
Bei der richtig erfolgreichen Musik denke ich immer, da passt einfach jeder Beat. Da hat ein Perfektionist dran gesessen. Muss man als Erfolgsproduzent perfektionistisch sein? Bist du es?
Gar nicht. Ich bin eher der Typ Künstler, der vieles als Momentaufnahme sieht. Perfekte Musik zu machen ist nicht schwer. Es gibt ein Taktgefüge, ein bisschen so wie Mathematik. Wenn da was nicht stimmt, hört man das. Wer mich kennt, weiß, dass ich früher Baselines mit falschen Tönen gespielt habe. Ich kann keine Noten lesen und schreiben. Ich habe einen Ton gehört und der hat gepasst. Aber handwerklich war er falsch. Und ich habe heute noch mit den Produzenten Streit. „Das ist die falsche Tonart.“ Ist mir aber egal. Das ist wie meine persönliche Handschrift geworden in den Songs. Ich belasse die Dinge oft als Momentaufnahme oder Perfektion. Shindy ist da ganz anders als ich. Da muss immer alles perfekt passen. Ich hingegen lasse es oft so, wie es ist. Wenn wir alle nur perfekte Dinge machen würden, wären wir auch austauschbar. Wenn wir nur nach Formeln arbeiten würden, braucht mich keiner. Natürlich muss alles einem gewissen Standard entsprechen. Zeigen wird es sich dann aber auf der Bühne. Da kannst du nicht schneiden oder von vorn anfangen. Die Live-Performance ist mir viel wichtiger als der Perfektionismus im Studio.
Du bist mit deiner Musik und deinem Label reich geworden. Kannst du dich noch an den Moment der ersten Million erinnern und ob es etwas bei dir verändert hat?
2005 wurde ich Euromillionär und habe meine ganze Gang aus dem Studio zum Essen eingeladen, als ich es dann auf dem Kontoauszug gesehen habe. Das kam aber gar nicht so gut an. Scheinbar war der Futterneid größer als die Bereitschaft, mir auf die Schulter zu klopfen. Aber mich hat es natürlich mit Stolz erfüllt und ich hatte es auch gar nicht erwartet, Millionär zu werden.
Das war nicht dein Ziel?
Doch klar, wir alle hatten das Ziel. Aber man erreicht ja nicht immer alles, was man sich vornimmt. Zu meinen Anfangszeiten hätte ich mir nicht mal träumen lassen, jemals in die Charts zu kommen. Das war mir fremd. Mittlerweile ist es nicht mehr der Rede wert. Die Million hat mich total gefreut und mir eine Art von Bestätigung gegeben. Und auch Sicherheit, wobei die morgen auch wieder weg sein kann, wenn man aufs falsche Pferd setzt. Und auch mit meinen Gold- und Platinauszeichnungen, EMAs und fünf Echos. Kurz nach dem ich sie gewonnen habe, war ich wieder zurück im normalen Leben. Trotz Preisen und Millionenvermögen geht das Leben weiter.
Ist dir Gerechtigkeit besonders wichtig?
Ich habe meinen eigenen Maßstab für Moral und Gerechtigkeit. Was für andere ok ist, muss für mich nicht automatisch auch ok sein. Und umgekehrt. Wenn ich singe, in Berlin wirst du in den Arsch gefickt, meine ich das nicht schwulenfeindlich. Auch wenn das alle behaupten. In meinem Empfinden ist es nicht so. Und wenn das narzisstisch klingt, dann bin ich es halt. Scheiß drauf. Das stand mir ja nie im Wege. Ich bin kein Epileptiker, der gerne professioneller Videogamer sein will. In meiner Karriere war der Narzissmus nie hinderlich.
Dein Job als Musikunternehmer ist es auch, neue Talente zu entdecken. Dazu muss man ja mehr in demjenigen sehen, als andere. Liegst du meistens richtig? Hast du eine Strategie?
Das passiert einfach. So war es damals auch, als ich Shindy kennengelernt habe. Ich wusste sofort, den muss ich signen. Ich wusste nicht, was passieren wird. So weise bin ich leider nicht. Aber ich habe etwas bei ihm empfunden und wollte unbedingt mit ihm arbeiten. Es hatte nichts mit dem Äußerlichen zu tun, sondern mit dem Künstlerischen. Es konnte gut gehen oder nicht. Das ist das wirtschaftliche Risiko, das jeder von uns eingeht. Aber ich habe etwas in ihm gesehen, das andere nicht gesehen haben. Am Anfang musste ich Medien erpressen, damit er Interviews geben durfte. Ich musste dann immer mit und auch eines versprechen. Zwei Jahre später ist der Typ durch die Decke gegangen. Das hat mir eine persönliche Bestätigung gegeben und auf wirtschaftlicher Ebene große Umsätze gebracht – und Gewinne! Dass er jetzt seinen Vertrag bei uns verlängert hat, gibt mir auch Recht in der Art und Weise, wie ich mit ihm zusammenarbeite. Und es sind noch andere tolle Künstler bei uns. Ich habe immer nur solche unter Vertrag genommen, die ich auch persönlich gut finde und mit denen ich gut arbeiten kann. Wenn ich mit einem Künstler 100.000 verdienen kann, aber wüsste, dass ich nur Stress mit dem haben werde, verzichte ich lieber auf das Geld. Die Zeit, die wir auf Erden haben, sollte so angenehm wie möglich sein. Wenn ich fünf Monate Arbeit investiere, ist das mehr wert als 100.000. Mit Geld kann man das nicht aufwiegen. Ich will gute Laune bei der Arbeit haben.
Wie fühlst du dich als Unternehmer heute? War das schon immer ein Wunsch, Unternehmer zu sein oder hat sich das erst entwickelt? Du bist ja auch selbst Geschäftsführer deines Labels, was selten ist bei Künstlern.
Das ist auch bei Gericht immer mein Nachteil. Man kann nie behaupten, ich sei der unwissende Künstler, der vom Management aufs Kreuz gelegt wird und nicht wüsste, was abgeht. Am Business hatte ich immer Interesse. Zum Glück konnte ich das illegale von damals schnell hinter mir lassen und bin jetzt seit fast 20 Jahren in der Musik. Ich bin immer sehr kaufmännisch an die Sachen rangegangen. Und habe versucht, die Projekte selbst zu planen und durchzuführen. Deswegen waren die Zeiten bei Universal und Aggro Berlin auch schwierig, weil ich einen Künstlervertrag hatte. Das Label hat dann verschiedene Positionen und jeder quatscht einen voll. Das war mir unangenehm. Seit 2007 bin ich komplett selbstständig. Ich habe nur noch einen Vertrieb, der die CDs von A nach B bringt. Aber das ist auch gut so, weil ich auf Grund der Kinder meine Zeit anders gestalten muss und darauf achte, dass ich viel mit ihnen unterwegs bin. Früher war ich sechs Wochen auf Tour. Heute noch maximal zwei Wochen. Die Tour im Dezember ist auch so gestaltet, dass ich zwischendurch zu Hause bin. Und das ist ein großer Luxus für mich.
Wie gehst du Probleme grundsätzlich an? Schnell abhaken oder besonnen und langfristig?
Ich versuche sofort, die Situation zu erfassen und im besten Falle direkt am Telefon das Problem zu lösen. Warum sollte man Probleme unnötig lange schwelen lassen. Zum Zahnarzt geht man ja auch am besten schnell, um sich danach wieder den schönen Dingen widmen zu können. Ich frage immer zuerst: Wo ist das Problem? Was kann ich jetzt dagegen tun? Ok, dann mach ich das jetzt. Andere Sachen gehen wiederum nicht so schnell. Ich hatte das Steuerstrafverfahren, das hat vier Jahre gedauert. Für mich war das viel zu lang. Das fickt irgendwann den Kopf. Permanent ist man damit beschäftigt. Am liebsten hätte ich alle Beteiligten an einen Tisch gesetzt und alle der Reihe nach gefragt, was genau sie wollen, hätte es ihnen gegeben, wäre aufgestanden und alle hätten mich am Arsch lecken können. Ich bin da pragmatisch. Auch bei Problemen in der Beziehung. Früher haben meine Frau und ich uns richtig die Köpfe eingehauen. Heute betrachten wir kurz das Problem, fragen uns, ob es einer von uns beiden lösen kann und erledigen es dann. Man muss das nicht in die Länge ziehen und auch nichts nachtragen. Du musst über deinen Schatten springen – gerade in der Familie. Auch die Scheiße aus dem Alltag darf man nicht mit nach Hause nehmen. Plötzlich streitest du dich mit deinen Kindern und deiner Frau, nur weil dir irgendjemand die Vorfahrt genommen hat. Das musst du draußen lassen.
Was soll das Wichtigste sein, wenn du irgendwann als uralter Bushido auf dein Leben blickst?
Heute ist meine Erfolgsdefinition anders als vor vier Jahren. Wenn ich als alter Sack im Rollstuhl sitze oder auf dem Sterbebett liege, würde ich hoffen, dass ich vernünftige Kinder hinterlasse, die ohne Mutter und Vater durchs Leben schreiten können, die gebildet und fair sind, die gerecht und ohne Angst sind, die sich Herausforderungen stellen, die nach dem Hinfallen auch wieder aufstehen, die ihre Mitmenschen gut behandeln, die sich Partner gesucht haben, die sie nicht ausnutzen. Ich wünsche mir für meine Töchter und Söhne einen Partner, der sie gut behandelt und den sie gut behandeln. Für mich sind das einzig Wichtige meine Kinder. Denn das ist die große Herausforderung, die ich bis ans Lebensende habe. Beruflich wird auch eine Zeit kommen, wo ich keine Musik mehr mache und mich anders finanziere. Ich habe 2010 in Rüdersdorf 92 Wohneinheiten gekauft. Das ist meine Altersvorsorge. Mein Grundstück in Kleinmachnow ist auch einen zweistelligen Millionenbetrag wert. Das alles soll dazu führen, dass ich irgendwann nicht mehr arbeiten muss. Ich will nicht ewig Musik machen. Ich habe viel verdient, aber auch viel bezahlt. Ich freue mich auch auf die Zeit danach. Dann sind nur noch die Kinder wichtig. Die Sorge um die Kinder begleitet einen eh den ganzen Tag. Aber als alter Mann möchte ich dann Menschen um mein Sterbebett versammelt sehen, die mich auch vermissen werden. Ich weiß noch, als ich mit meinem Bruder, meiner Frau und engen Freunden bei meiner Mutter am Sterbebett stand und ihre Hand gehalten habe, als sie starb. Da waren Menschen, die ehrlich traurig waren. Das ist das Wertvollste, was du dir erarbeiten kannst, dass dich Menschen vermissen. Das ist wichtiger als Börsenerfolg oder der Numerus Clausus beim Abschluss. Das ist scheißegal. Hauptsache, da sind Menschen, die mich irgendwann vermissen und sich gerne an mich zurück erinnern. Dann hast du als Mensch etwas erreicht. Ich habe einen ganzen Keller voller Auszeichnungen und Preise. Aber die bringen dir überhaupt nichts. In dem Augenblick ist es eine Honorierung deiner Leistungen gewesen – obwohl viele Preise fake sind und schon lange vorher feststeht, wer gewinnt. Wirklich relevant sind die Gold- und Platinauszeichnung, weil die an Verkaufszahlen gekoppelt und durch die Fans getragen sind. Aber auch das ist vergänglich. Mein Bruder und ich sind in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Neukölln aufgewachsen. Meine Kinder wachsen in einem 1.000 Quadratmeter-Haus auf. Die waren letztens bei Freunden aus dem Kindergarten zu
Hause und haben gefragt, warum deren Wohnung so klein ist. Meiner Frau war das peinlich, aber sie kennen halt nichts anderes. Man muss darauf achten, dass die eigenen Kinder nicht zu arroganten Pissern heranwachsen. So nach dem Motto: „Ich will in die Disco rein, mein Papa ist Bushido, ich rufe meinen Onkel Arafat an.“ Genau das will ich nicht. Geschäfte machen, Geld verdienen und verlieren, das ist keine große Kunst. Meinen Kindern ist es egal, dass ich ein 200.000 Euro Auto fahre oder teure Schuhe anhabe. Die wollen was mit Mama und Papa unternehmen. Man darf seine Kinder nie aus den Augen verlieren, auch was die Gefühlsebene betrifft. Meine Mutter hat bis an ihr Lebensende für 1.200 Euro in der Bäckerei gearbeitet, ist morgens um zwei Uhr aufgestanden und hatte nie etwas für sich. Aber sie war erfolgreich, denn sie hat zwei coole Jungs in die Welt gesetzt. Mein zehn Jahre jüngerer Bruder ist hoch studiert, hat zwei Kinder und gerade sein Haus gebaut. Ich glaube, das macht meine Mutter erfolgreich. Sie war menschlich erfolgreich. Egal, ob sie für 1.200 Euro netto bei der Bäckerei gearbeitet hat. Diese Definition von Erfolg habe ich aber auch erst, seit dem ich selber Familie habe. 2007 hätte ich dir gesagt „Platin verkauft, mit dem Album drei Millionen gemacht, durch Downloads und Abmahnungen noch mal sechs Millionen Umsatz.“ Aber die Definition hat sich bei mir extrem geändert.
Das Interview mit Bushido ist erschienen
im Aktuellen Heft des ERFOLG Magazin.
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Neu im Handel:
Das neue Album „Black Friday“ von Bushido
Bilder: Hannes Gade