Female learner thinking idea in the classroom

Der Klügere denkt nach

Von der Kunst, auf die ruhige Art erfolgreich zu sein
Von Dennis Fischer

Martin Wehrle ist Journalist, Karriereberater, Sachbuchautor und Gehaltscoach. Trotz seines Berufes und seiner Bekanntheit, beschreibt er sich selbst als introvertiert. Im Buch „Der Klügere denkt nach“ zeigt er nun anhand zahlreicher überraschender Tipps und Tricks, wie Sie sich als stiller Mensch erfolgreich gegen Schwätzer durchsetzen können.

Ich werde Ihnen im folgenden Artikel zunächst kurz das Buch zusammenfassen, bevor ich Ihnen zwei konkrete Denkanstöße vorstellen möchte, die Sie noch heute umsetzen und in Ihr Leben integrieren können.

 

1) Summary

„Haben Sie mal darüber nachgedacht, warum Rednerkurse für Stille der Renner sind – während kein Dauerredner es für nötig hält, einen Kurs im Zuhören zu buchen?“

Wir leben in einer Lärmgesellschaft. Wer sich nicht ständig in den sozialen Medien oder in Meetings anpreist und jede Menge Follower hinter sich versammelt, fühlt sich im Abseits. Zu dieser Art von Castinggesellschaft haben nach Meinung des Autors vor allem zwei Faktoren beigetragen.

Zum einen gibt es heute nicht mehr die „Anti-Schwätzer-Kontrolle“, die es früher in kleinen Dörfern gab. Wenn hier ein Bauer immer nur geprahlt hat, wie dick seine Kartoffeln sind, dann bei der Ernte aber nur wallnussgroße Knollen aus dem Boden zog, sprach sich das schnell herum. Heute leben wir meist anonym in Großstädten und erschaffen uns auf Instagram und Facebook Parallelwelten, in denen wir vorgeben immer die dicksten Kartoffeln zu haben.

 

„Es ist verdammt schwer, einen Menschen zu nehmen, wie er ist, wenn er sich anders gibt, als er ist.“
Ernst Ferstl, österreichischer Autor

 

Der Klügere denkt nach von Martin Wehrle

Der andere Faktor, warum die „Maulhelden“ heute leichter Karriere machen können, ist, dass wir eben keine Kartoffeln mehr anbauen, sondern überwiegend Wissensarbeiter sind. Wenn wir 4 Wochen nach einer Aussage merken, dass sie nicht zutreffend war, behaupten wir das Gegenteil und versichern unserem Gegenüber möglichst glaubhaft, dass er das falsch verstanden habe, bzw. dass sich die Umstände einfach geändert hätten.

Das Ganze beginnt laut Wehrle bereits in der Schule, in der es Noten für mündliche Mitarbeit gibt und dadurch diejenigen benachteiligt werden, die zwar immer gute Klassenarbeiten schreiben, aber zu introvertiert sind um sich mündlich am Unterricht zu beteiligen.

Der Autor führt oben genannte Punkte noch weiter aus und ergänzt sie mit einem kurzen Fragebogen, anhand dessen Sie herausfinden können ob Sie introvertiert und/oder hochsensibel sind. Ob das wirklich mit Hilfe solch eines kurzen Fragebogens herausgefunden werden kann, sei dahingestellt, aber er gibt sicherlich eine gute Indikation.

Im Anschluss an diesen Test geht Wehrle in 5 verschiedenen Kapiteln auf typische Situationen ein, in denen Schüchterne oftmals den Kürzeren ziehen: Bewerbungsgespräche, Meetings, Reden, Flirten und Smalltalk. Das Buch rundet er mit einem „Anti-Schwätzer-Training“ ab, welches Sie bearbeiten können um Ihre Schlagfertigkeit zu trainieren und vom Lesen direkt in die Umsetzung zu kommen.

 

2) Interessante Denkanstöße

Reporter-Methode

Haben Sie auch keine Lust mehr auf langweilige Smalltalks, bei denen man Banalitäten über das Wetter und den gestrigen Champions League Abend austauscht?

Wehrle empfiehlt hier die Reporter-Methode auszuprobieren. Stellen Sie sich vor, Sie sind Fernsehreporter und hinter Ihnen steht ein Kameramann. Jetzt möchten Sie Ihren Zuschauern natürlich etwas wirklich Unterhaltsames bieten. Dabei haben Sie drei verschiedene Auftraggeber: Abenteuer-TV, den Service-Sender und den Träume-Kanal.

Wenn Sie beim nächsten Mal ein Gespräch mit einem Taxifahrer starten, fragen Sie ihn nicht, ob um diese Zeit immer so viel Verkehr ist, sondern versetzen sich in eine der drei Fernsehsender-Rollen. Beim Abenteuer-TV geht es darum Ihrem Gegenüber spannende Geschichten zu entlocken. Sie könnten den Taxifahrer also beispielsweise nach seiner aufregendsten Fahrt fragen.

Beim Service-Sender geht es darum von dem reichen Erfahrungs- und Wissensschatz des Anderen zu lernen. In unserem Beispiel könnten Sie fragen: „Angenommen, Sie wären selbst Taxigast – woran würden Sie merken, ob der Fahrer gut ist?“ oder „Manchmal finde ich es sehr schwer ein Taxi zu bekommen, etwa bei Feierabend oder Blitzeis – haben Sie als Insider einen Tipp, wie es am schnellsten klappt?“

Der Träume-Kanal ist sicherlich der persönlichste, aber auch hier können Sie dem Taxifahrer spannende Fragen stellen, wie zum Beispiel „Wollten Sie als Kind schon Taxifahrer werden? Oder welcher andere Traum hat Sie geleitet?“ oder „Was würden Sie am liebsten tun, wenn Sie heute den ganzen Tag frei zur Verfügung hätten?“.

 

Die schönsten Tore fallen in der Nachspielzeit

Wie oben erwähnt, widmet Martin Wehrle ein eigenes Kapitel dem Thema „Meetings und wie man sich hier als Introvertierter behaupten kann“. Genauso wie beim Fußball angeblich das Team überlegen ist, das die höhere „Ballbesitz-Quote“ hat, legen Schwätzer in Meetings viel Wert auf Wortbesitz. Aber am Ende zählt doch nur das Ergebnis, oder?

Hierzu sind im Buch zahlreiche Tipps enthalten, wie es Ihnen gelingen kann vor und nach solchen Meetings, durch bilaterale Gespräche mit Ihren Kollegen und Ihrem Chef, zu punkten um nicht aufgrund Ihrer Schüchternheit im Meeting übergangen zu werden.

Was, wenn Sie jetzt aber das ganze Meeting still beobachten und kurz vor Schluss das Kartenhaus, welches der Schwätzer im Team so mühsam aufgebaut hat, mit zwei einfachen Sätzen einreißen?
Je nachdem wie angriffslustig Ihr Gegenüber ist, kann es durchaus passieren, dass er Ihnen entgegnet: „Erst reden Sie eine Dreiviertelstunde keinen Ton. Und dann melden Sie sich und wissen alles besser. Das kann ich nicht ernst nehmen.“

Hierzu hat Wehrle im „Anti-Schwätzer-Training“ zahlreiche Antworten parat. Eine davon hat mir besonders gut gefallen: „Manchmal fallen die schönsten Tore eben in der Nachspielzeit. Lassen Sie uns über den Inhalt meines Beitrags sprechen.“

 

3) Fazit

„Schlagfertigkeit besteht nur zu zehn Prozent aus Spontaneität und zu 90% aus guter Vorbereitung.“

 

Dieses Zitat aus dem Buch fasst es meiner Meinung nach sehr gut zusammen. Das Buch wird keine Wunder bewirken und Sie werden sich auch nicht vom Introvertierten zum Schwätzer verwandeln. Aber wenn Sie die darin enthaltenen Übungen machen und dann den Mut aufbringen, sie auch in der Praxis anzuwenden, bin ich mir sicher, dass Sie Ihre Schlagfertigkeit und damit auch Ihr Selbstbewusstsein steigern können und sich somit die Lektüre der 370 Seiten lohnt.

Besonders gut hat mir gefallen, dass es eben kein Ratgeber ist, der einem sagt, was man alles tun muss um extrovertierter zu werden und dann erfolgreich zu sein. Im Gegenteil die Kernaussage ist „Bleiben Sie so wie Sie sind und konzentrieren Sie sich auf Ihre Stärken!“.

Wenn Sie sich in der Zielgruppe des Buches wiedererkennen oder introvertierte Mitarbeiter in ihrem Team haben, die Sie gerne besser verstehen würden, sollten Sie sich das Buch unbedingt anschauen!

 

 

Zum Autor

Dennis Fischer liest leidenschaftlich gerne Business-Ratgeber. Angefangen hat alles vor 15 Jahren mit dem Buch „Getting things done“ von David Allen. 2016 hat er dann beschlossen seine Frequenz, von ungefähr einem Buch pro Monat auf ein Buch pro Woche, zu erhöhen und die Zusammenfassungen der Ratgeber, sowie die spannendsten Denkanstöße, auf einem Blog zu veröffentlichen. Seitdem kommen täglich neue Leser hinzu, die seine persönlichen, humorvollen und inspirierenden Artikel lieben. Seinen Blog findest du unter: www.52ways.de

Wenn Dennis nicht gerade liest oder Bücher zusammenfasst, arbeitet er als Innovationsberater, Business-Coach und Referent. Hierzu hat er unter anderem mit zwei Kollegen die Innovations- und Design Thinking-Beratung „methodworks“ gegründet.

 

 

Bilder: realinemedia/depositphotos, Fischer,