Der Begriff Leadership ist in der Businesswelt in aller Munde: New Leadership, Digital Leadership, Thought und Servant Leadership und es werden täglich neue Begriffe und Schwerpunkte kreiert, die unterschiedliche Führungsstile beschreiben. Wie kommt es zu der inflationären Verwendung der englischen Bezeichnung für Führung?
Kann es sein, dass der akute Fachkräftemangel dazu führt, Führungsstile zu hinterfragen oder die Notwendigkeit, diese zu optimieren, verdeutlicht? Die Rollen sind aktuell vertauscht. Heute bewerben sich Arbeitgeber bei Bewerbern. Das Aus für totalitäre Herrscherinnen und Herrscher pfeifen die Spatzen seit langem von den Dächern. Doch scheint es, als sei diese Botschaft nicht in allen Chefetagen und Human Resources Büros angekommen zu sein. Wie fatal ist es, sie zu leugnen?
Eines ist sicher. Es reicht nicht Vorgesetzte oder Vorgesetzter zu sein, um sich Leader nennen zu können. Die Unterschiede zwischen Boss und Leader liegen nüchtern betrachtet zunächst in der Qualität und Quantität ihrer Follower. Follower? Wir sind doch nicht bei Instagram. Nein, aber es gibt durchaus Parallelen. Ohne Menschen, die bereitwillig, bestenfalls sogar hochmotiviert folgen, gibt es keine Leader, weder weibliche noch männliche. Eine großartige Position, verknüpft mit einem bedeutend klingenden Titel, reicht nicht aus, es braucht Influencer-Qualitäten.
Was ist es, das einen weiblichen oder männlichen Leader ausmacht?
Leadership Skills sind Kompetenzen, die Führungskräfte gezielt einsetzen, um Mitarbeiter so erfolgreich zu führen, dass gemeinsam die jeweiligen Unternehmensziele erreicht werden. Welche Attribute sollten Leader demzufolge mitbringen? Häufig liest man in Verbindung mit Leadership Eigenschaften Begriffe wie »charismatische Persönlichkeit«. Leader seien Visionäre, die das große Ganze im Blick haben und andere mit ihren Ideen begeistern und mitreißen können. Sie nehmen eine Vorbildfunktion ein und handeln nicht eigennützig, sondern mit dem Blick auf das Unternehmen und auf das Team.
Tragen manche Menschen das Leader-Gen in sich?
Handelt es sich um angeborene Charaktereigenschaften oder kann man sich zum Leader entwickeln? Reichen Softskills wie Visionskraft und eine angeborene Prägung für Vorreiterrollen aus oder bedarf es einer profunden Expertise? Einen hohen Stellenwert in den sozialen Medien nimmt das Personal Branding ein. Der Mensch als Marke, der seine vermeintlich authentische, nicht selten von Kommunikationsagenturen ausgearbeitete Personality öffentlich inszeniert, um Sympathiewerte und Follower zu gewinnen. Manch einer glaubt es, andere hinterfragen und weitere, wie zum Beispiel Kollegen und Mitarbeiter lächeln auch mal ungläubig süffisant. So ist der Zeitgeist.
Die Sehnsucht nach Glaubwürdigkeit
Welche Offenbarung empfindet man, angesichts zahlreicher Fake Szenarien, Menschen analog oder digital zu begegnen, die leben, was sie predigen, die umsetzen, was sie versprechen, die brennen für das, was sie tun, die Regeln nicht nur für andere aufstellen, sondern sich selbst danach richten. Menschen, die weit über die unternehmerischen Ziele hinaus, Kommunikation auf Augenhöhe nicht nur praktizieren, sondern als Gemeinschaftswert etablieren. Menschen, die Zuhören als Leadership Skill positionieren und die Belange ihrer Mitarbeiter kennen und ihr Wohlbefinden als Erfolgsfaktor für das Unternehmen einstufen.
Leader stillen unsere Sehnsucht, nach Menschen, die sich nicht wie ein Fähnchen im Wind drehen, sobald ihnen dieser mal rauer ins Gesicht weht. Sie verfügen über ausreichend Selbstbewusstsein und Mut, um zu ihrer Meinung und hinter ihrem Team zu stehen.
Es gibt sie, die leidenschaftlichen und mutigen Macherinnen und Macher, die sich auch unaufgefordert auseinandersetzen mit Situationen, Zielen und Aufgaben, immer mit offenen Augen und auf der Suche nach Lösungen und Optimierungen. Jeder kann ein Leader sein.
Das Einzige, dass daran hindern kann, ist das eigene Ego.
Die Autorin:
Helen Hain ist Managing Partner MarketDialog GmbH | Keynote Speaker| Expertin für Leadership & Sales. Seit mehr als 20 Jahren leitet sie ihre Vertriebs- und Kommunikationsagentur MarketDialog GmbH in Eschborn bei Frankfurt am Main und berät mit 65 Mitarbeitern mittelständische Unternehmen, internationale Konzerne sowie Tech-Start-ups. Als Keynote Speaker referiert sie zu den Themen Leadership und Sales.
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