Jan Kraume ist als »jax.vita« auf Instagram bekannt und gibt seinen rund 402.000 Followern dort Tipps zum Thema Fitness und Gesundheit (@jax.vita). 2021 gründete er außerdem zusammen mit Atef Al-Soufi und Malte Schmitz die Fitness-Bekleidungs-Marke OACE. Uns hat Jan im Interview verraten, warum man als Influencer sehr auf seine Worte achten sollte und warum er nicht viel von »schnellen Wunderdiäten« hält.
Viele junge Leute haben heutzutage den Traumjob »Influencer«. Was war deine Motivation, diesen Berufsweg einzuschlagen?
Am Anfang war es für mich ganz klischeehaft einfach die Bestätigung. Nachdem ich erfolgreich abgenommen hatte, fühlte ich mich zum ersten Mal richtig wohl in meinem Körper und habe Instagram einfach genutzt, um schöne Bilder von mir zu teilen. So haben das viele damals gemacht. Man wollte einfach gesehen werden.
Aber dann habe ich auch recht schnell gemerkt, dass mir das nicht reicht. Ich hatte auf einmal die Möglichkeit, andere zu inspirieren und ihnen zu helfen, sich auch endlich in ihrem Körper wohlzufühlen. Aus diesem Gedanken heraus hat sich mit der Zeit eine tolle Community entwickelt und die Erfolge jedes Einzelnen motivieren mich jeden Tag.
Was hättest du zu Beginn deiner Karriere als Influencer gerne gewusst? Für welche Tipps wärst du sehr dankbar gewesen?
Erstens: Sei dir deiner Verantwortung bewusst! Das Wertvollste, das du hast, ist dein Wort. Nach diesem richten sich eine Menge Menschen, deren Vertrauen du niemals ausnutzen solltest. Das kann schon mit einer schlecht ausgewählten Werbekooperation passieren. Dinge zu bewerben, hinter denen man nicht wirklich steht, oder unüberlegte Dinge zu sagen, sorgt schnell für einen unwiederbringlichen Verlust von Glaubwürdigkeit. Deshalb sollte man sich auch nur zu Themen äußern, bei denen man sicher ist, dass die Infos richtig und fundiert sind.
Zweitens: Konzentriere dich auf einen bestimmten Bereich! Viele Leute wollen auf Social Media Erfolg haben. Der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg liegt für mich meistens darin, seine passende Nische zu finden. Egal ob es darum geht, Leuten zu helfen, reine Haut zu bekommen, IT-Probleme zu lösen, Marken mehr Reichweite zu verschaffen oder beim Abnehmen zu unterstützen. Je gezielter man seine Reichweite nutzt, um spezifische Probleme zu lösen, desto einfacher finden dich die Leute, die genau diesen Bedarf haben und desto mehr kann man mit seiner Community erreichen.
Welche Charaktereigenschaften und Fähigkeiten sollte ein Influencer vorweisen können, um erfolgreich zu werden?
Entscheidend ist, sich sehr gut in die Bedürfnisse und Perspektiven seiner Zuschauer hineinversetzen zu können. Bleiben wir bei dem Beispiel »Abnehmen«: Während es für einen selbst nach einem Erfolg vielleicht einfach erscheint, ist es für viele andere ein sehr komplexes Thema. Daher ist die Fähigkeit, umfangreiche Sachverhalte möglichst verständlich herunterzubrechen und in einer ansprechenden Weise, zum Beispiel in Kurzvideos, verfügbar zu machen.
Im besten Fall sollten die Zuschauer natürlich auf deinem Profil hängen bleiben, dir folgen und vor allem ab dem Zeitpunkt deine weitere Reise mitverfolgen.
Inwiefern beeinflussen Influencer die Fitness-Branche?
Jeder kennt doch sicher noch diese Magazin-Cover, auf denen einem in 14 Tagen ein flacher Bauch oder sogar ein Sixpack versprochen wurde, wenn man dafür die unsinnigsten Ernährungsformen durchgezogen hat. Heute die Kartoffeldiät, morgen die Low-Carb-Diät – die Vielzahl an beworbenen Diäten zeigt schon, dass keine davon wirklich langfristig funktioniert. Oder Behauptungen wie, dass man nach 18 Uhr keine Kohlenhydrate mehr essen sollte. Es wurden sich immer wieder neue Sachen ausgedacht, um die nächste Ausgabe zu verkaufen. Früher stand so etwas komplett unwidersprochen da und hält sich aus diesem Grund auch heute noch hartnäckig.
Fitness-Influencer hingegen sehen sich immer einem gegenseitigen Korrektiv ausgesetzt. Sie würden sofort von vielen anderen entlarvt werden, sollten sie offensichtliche Unwahrheiten verbreiten. Natürlich gibt es auch hier schwarze Schafe, dennoch ist es hierdurch heute viel leichter geworden, verlässliche Informationen zu erhalten. Weg von »der Wunderdiät«, hin zu »So funktioniert es, weil…«.
Natürlich sehe ich aber auch die Kehrseite, dass viele unrealistische Schönheitsideale gefördert werden, auch wenn dieses Problem natürlich kein neues und nicht nur in der Social-Media-Fitness-Branche präsent ist, sondern beispielsweise auch in der Film- und Modebranche – überall dort, wo attraktives Aussehen vermarktet wird. Ich sehe aber hier auch meine Verantwortung und will zu einer gesunden Balance im Leben inspirieren.
Influencer sind für viele Menschen gleichzeitig Vorbilder. Lässt du dich auch selbst durch andere Influencer beeinflussen oder hast du deine persönlichen Idole woanders gefunden? Wie gehst du mit Kritik um?
Auch ich lasse mich oft von anderen Influencern inspirieren, insbesondere aus dem amerikanischen Raum, in dem wahnsinnig guter Fitness-Content auf Basis der neuesten Studien veröffentlicht wird. So bleibe ich selbst immer auf dem neusten Stand der Wissenschaft. Genauso habe ich aber auch Vorbilder außerhalb der Influencer-Welt, wie zum Beispiel Peter Attia, einen der weltweit führenden Ärzte. Von ihm lerne ich viel über allgemeine Gesundheits- und Ernährungsfragen, die nicht nur fürs Abnehmen relevant sind, sondern auch für einen langfristig gesunden Lebensstil.
Kritik auf Social Media ist zweischneidig: Auf der einen Seite gibt es konstruktive Kritik, die ich sehr ernst nehme. Wenn jemand eine fundierte Meinung hat, wie ich etwas besser ausdrücken könnte oder wie etwas falsch verstanden wurde, nehme ich das gerne an und arbeite daran. Das liegt auch in meinem eigenen Interesse, denn mein Wort ist – wie eben bereits erwähnt – mein höchstes Gut und ich möchte sicherstellen, dass meine Aussagen klar und korrekt sind. Fehler sind menschlich, gehören aber vor allem bei einer solchen Verantwortung wie meiner definitiv aufgearbeitet.
Auf der anderen Seite gibt es Kritik, die nur dazu dient, Reichweite zu generieren oder schlichtweg zu trollen, also sich gezielt mit böswilligem Hintergedanken auf einen bestimmten Kritikpunkt einzuschießen, meist auch auf persönlicher Ebene. Dieser Art der Kritik versuche ich mich bestmöglich zu entziehen. Dieser Schutzmechanismus ist aber auch essenziell, wenn man an einem Leben in der Öffentlichkeit nicht zerbrechen will. Hier heißt es, eine gesunde Distanz aufzubauen. Glücklicherweise wurde ich persönlich bisher aber nur sehr selten mit solch negativer Kritik konfrontiert.
Bild: Jan Kraume