Lina Van de Mars

Lina Van de Mars: Achte auf dich selbst

Lina Van de Mars über ihre Taktik, mit sich selbst ins Reine zu kommen

Lina Van de Mars ERFOLG Magazin

Welche Bedeutung hat das Thema Emotion für Dein Leben?

Emotionen machen das Leben erst richtig lebendig und lebenswert. Freude und Leid und die daraus wachsende Stärke finde ich enorm wichtig um auch selber zu wachsen. Ich arbeite in sehr vielen unterschiedlichen Bereichen, in welchen auch sehr unterschiedliche Emotionen zum Tragen kommen. Im Rallyesport muss z.B. immer wieder bei voller Fahrt in Sekunden eine Entscheidung gefällt werden. Hier gehören Mut, aber auch der Lebenserhaltungstrieb, oftmals gepaart mit Angst, mit zu den stärksten Emotionen. Diese dürfen einem nicht klare Entscheidungen abnehmen, müssen jedoch dem Körper wichtige Signale zuspielen um gegebenenfalls noch einmal mehr das Gaspedal zu drücken, oder eben auch Geschwindigkeit zu reduzieren, um das Fahrzeug auch in unübersichtlichen Momenten ruhig unter Kontrolle halten zu können.

In der Medienwelt und vor der Kamera ist es hingegen wichtig seinen Emotionen Ausdruck zu verleihen. Der Zuschauer entscheidet hier ebenfalls in Sekunden über Sympathie oder Ablehnung. Umso natürlicher man sich zeigen kann, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit auch Mitgefühl, Freunde und Fans zu finden.

Alles andere wäre dann schon wieder Schauspiel.

 

In welchem Bezug stehen Professionalität und Umgang mit Emotionen zueinander aus Deiner Sicht?

In einem sehr engen Bezug. Wer sich und seine Emotionen an den richtigen Stellen nicht unter Kontrolle hat, kann viel verlieren. Ebenso gibt es aber auch Momente, in welchen es wichtig ist, nicht wie ein gefühlsloser Roboter zu wirken. Es auch mal „menscheln“ zu lassen. Wobei ich cholerische und zerstörerische Emotionen hier vielleicht aussen vor lassen würde. Gerade in Führungspositionen habe ich leider immer wieder Menschen erleben müssen, welche sehr unprofessionell mit ihren Emotionen umgegangen sind. Aber auch hier gibt es Gott sei Dank positive Beispiele – wobei ich Emotionen bei sogenannten „Alphatieren“ ohnehin ein sehr diskussionswürdiges Thema finde.

 

Menschen, die Dich beeindrucken: Wie gehen diese mit ihren Emotionen um?

In der grossen Politik finde ich es oftmals spannend mit anzusehen, wie Menschen, welche viel Öffentlichkeitstraining erhalten haben und selten ohne Team agieren müssen, durch starke Emotionen ein ganzes Volk mitreissen, oder in kürzester Zeit alle Sympathiepunkte verspielen können.

Leider haben viele gelernt ihr wahres „ich“ zu verstecken, wirken dadurch oftmals schwer einschätzbar oder weniger charismatisch, als sie es in Natura sind.

 

Was sind die drei wichtigsten Emotionen, die Du magst?

Freude, Wut, Gelassenheit.

 

Was tust Du dafür, um „gute“ Emotionen möglichst oft auskosten und genießen zu können?

Ich besinne mich auch in schlechten Momenten auf sie. Das geht schon schwer in Richtung „mindfulness“, ist aber sehr gesund für den eigenen Geist und Körper. Zudem finde ich einen Schutzwall gegen Menschen, die Energie rauben durch gewisse Distanz sehr förderlich, um noch mehr mit „guten“ Emotionen seine Tage zu durchleben. Aber auch generell an positiven Gefühlen fest zu halten, finde ich sehr wichtig.

 

Was sind die drei Emotionen, die Dich an Deine Grenzen bringen, also Deine Emotionsblockaden?

Ärger, Arroganz, Gehässigkeit.

 

Wie gehst Du um mit Ärger?

Wütend werde ich eher selten, aber ich ärgere mich schnell. Vorallem wenn ich auf unreflektierte Menschen oder Situationen stoße, die mit etwas Organisation und Einsatz erheblich verbessert werden könnten. Hier bin ich gerne auch mal aufbraussend, jedoch nur für eine kurze Zeit, finde dies jedoch sehr heilsam. Letzendlich ist es dann ein schnelles Loslassen, um sofort wieder Platz für angebrachtere Emotionen wie Geduld oder Friedfertigkeit zu haben.

Arroganz: Eine

Emotion, die man bei meiner Person hoffentlich selten bis nie finden wird, jedoch für mich eine der hässlichsten und überflüssigsten Emotionen überhaupt ist! Viele Menschen verstecken dahinter Unsicherheiten, was Arroganz zu einer sehr gefährlichen Emotion werden lässt.

Gehässigkeit ist eine Emotion, die mich an meine Grenzen bringt, wenn ich sie bei anderen Menschen erlebe. Ich kann sehr schwer mit dieser Emotion umgehen, da sie mir selbst fremd ist und viele Male sehr schwer einschätzbar ist, wie tief das Gegenüber bereits in dieser Emotion gefangen ist.

 

Wenn Du in bestimmte kritische Situationen wie in Stress, Überforderung, Kritik, Konflikte kommst, wie schaffst Du es, Dich zu sammeln und zu orientieren?

Ich nenne es „erst einmal den Rollladen runter lassen“ und versuche mich aus der Situation zurückzuziehen. Sei es physisch oder geistig. Gerade bei Konflikten hilft es, den Moment von Außen zu betrachten, beide Seiten ab zu wägen, um gegebenenfalls Kompromisse eingehen zu können.

Auch bei Stress versuche ich durch ein Gewinnen von Überblick, Ruhe ins Chaos zu  bringen und so auch selber wieder zu gesünderen Emotionen zu finden.

 

Welche Rolle spielen in so einer Situation dabei Deine Bedürfnisse?

Ich kann mich in einer Gruppe

auch einmal hinten anstellen, finde das Bedürfnis die eigene ­Gesundheit zu bewahren jedoch URwichtig. Ist die Gesundheit in Gefahr, überwiegt dieses Bedürfnis bei 99?% aller meiner Entscheidungen.

 

Welche Rolle spielen Bedürfnisse im Hinblick auf Deine Ziele?

Fast immer werden die Wege zu meinen Zielen von „Courage“, „Energie“ und „Inspiration“ getragen. Diese Emotionen entsprechen auch in etwa meinen Bedürfnissen, wenn es darum geht, erfolgreich zu sein. Sind diese Wegpfeiler in Gefahr, von außen traktiert zu werden, oder gar Schaden zu nehmen, so versuche ich neue Wege zu finden, um diese drei Punkte weiterhin aufrecht erhalten zu können.

 

Wie schaffst Du es immer wieder, Dir selbst in fordernden Situationen offen und selbstkritisch zu begegnen?

Selbstreflektion ist hier das Zauberwort. Es ist nicht immer einfach selbstkritisch zu sein. Manchmal fällt einem erst sehr spät das eigene Verhalten auf. Ich versuche jedoch auch aus fordernden Momenten zu lernen.

 

Was unterstützt Dich in Veränderungsprozessen, Dich neu auszurichten und neue Perspektiven zu erlangen?

Es gibt den schönen Spruch „is there a light at the end of the tunnel?“ Ich finde es wichtig immer nach vorne zu blicken und sich selbst auch ab und zu mal aus seiner alten Schale zu verabschieden. Neues auszuprobieren. Hierbei kann die Entscheidung getroffen werden, was an alten Werten mitgenommen werden soll und was vielleicht auch einer Erneuerung bedarf. Ändert man sich selbt, ändern sich oftmals auch die Umstände.

 

Begnügst Du Dich mit einer Lösung oder ist es Dir wichtig, auch mehrere Möglichkeiten zu entdecken?

Wenn die Lösung mich schnell an ein akzeptables Ziel bringt, so gebe ich mich gerne mit einer Lösung zu frieden – jedoch mit der Kenntnis der weiteren Möglichkeiten, um bei Nichtgefallen auch einmal umsatteln zu können.

 

Wie holst Du Dich aus einer Emotionsblockade heraus?

Auf das zurückblicken, was man bereits geschafft hat!  Oftmals helfen auch einfach Schlaf und geistige Ablenkung durch ein gutes Buch oder einen mitreissenden Film, um nach der Ruhe wieder neu an zu setzen.

 

Wie setzt Du Dir Prioritäten?

Ich versuche abzuwägen, welche Auswirkung eine Entscheidung haben kann. Setze ich beispielsweise an einem Wochenende die Priorität „einfach mal nichts zu tun“ , so muss ich mit der Konsequenz leben, dass Montag dann umso mehr Arbeit auf mich wartet. Letztendlich werden meine Prioritäten jedoch von dem Wunsch geprägt, viel von anderen Kulturen zu sehen, gesund zu sein und das Leben gemeinsam zu geniessen. So habe ich zum Beispiel schon eine gut laufende TV Sendung verlassen, da ich viel zu viele Jahre alleine in Hotels verbracht habe und dies nicht mehr als lohnenswert erachtet habe.

Wie findest Du für Dich heraus, was machbar ist?

Im Motorsport auch mal mit „das hätte auch ins Auge gehen können“ ohne Helm, ziehe ich dann doch lieber vorher die Reissleine.

Wie definierst Du, wo Deine Grenze ist? Wann sagst du: „Bis hierhin und keinen Schritt weiter.“

Ich entscheide oftmals im letzten Moment, dass „das“ nun eine Grenze sein könnte. Sich vorher zu viele Grenzen zu setzen kann einen auch hemmen.

 

Wie pflegst Du Deine Selbstfürsorge?

Leider als Selbstständige viel zu wenig. Ich achte zwar auf genug Schlaf, nicht all zu ungesundes Essen und auch mal eine Mini­auszeit beim Sport oder einer Massage zwischendurch, aber das Reise- und Arbeitspensum liegen weit über der Selbstfürsorge.

Lina Van de Mars Ärger

Welche Bedeutung hat Selbstliebe für Dich?

Wenn man mit seiner eigenen Art auf andere Menschen zuzugehen, Entscheidungen zu fällen, zu sich selbst und zu anderen ehrlich zu sein, zufrieden ist, so hat man schon viel Selbstliebe gefunden.  Wer sich selbst nicht liebt, wird sich auch im Leben und im Umgang mit Anderen im Wege stehen. Selbstliebe, wenn sie nicht narzistisch ist, ist eine sehr wichtige Lebensgrundlage.

 

Was möchtest Du aus Deinem Erfahrungsschatz zum Thema Emotionsleadership© mit den Lesern teilen?

Geht mit Euch selbst nicht zu sehr ins Gericht, wenn man sich selbst gegenüber mal einen Fehltritt geleistet hat. Schwächen und Fehler erkennen und daraus Stärke und Fortschritt erlangen, das ist wichtig! Aber versucht auch anderen Menschen gegenüber geduldig zu sein  – auch wenn es nicht immer einfach ist! Denkt einfach daran – nicht jeder kann die hellste Kerze auf der Torte sein.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte: Carmen Uth, sie ist Expertin für Emotions­leadership und Geschäftsführerin von chancemotion®.

Bildquellen: privat, David Biene,