Frank Thelen ist von Anfang an einer der 5 Investoren aus der Sendung „Höhle der Löwen“. Im Interview spricht er über seine Erfahrungen aus den letzten Staffeln.
Welche der Start-ups, in die Sie in den vergangenen Staffeln bei „Die Höhle der Löwen“ investiert haben, sind heute neben „Little Lunch“ erfolgreich?
Neben „Little Lunch“ ist zum Beispiel „Von Floerke“, mit David Schirrmacher als Gründer, sehr erfolgreich. Am Anfang habe ich dort investiert, ohne die Möglichkeit des Background-Checks oder eine Expertenmeinung zu haben. Ich war aber so überzeugt von den Gründern und von dem Produkt, dass ich mich trotzdem für eine Investition entschieden habe. Als ich dann aus der Show rauskam und befreundete Unternehmer aus der Herrenmode-Branche, die wirklich große Tiere sind, kontaktiert habe, wurde mir gesagt: „Frank, das Geld kannst du abschreiben. Du kannst keine neue Modemarke etablieren, das wird einfach nicht funktionieren.“ Und tatsächlich hatten wir einen sehr herausfordernden Start. Aber David ist ein so guter Unternehmer und lebt diese Marke so unvorstellbar intensiv, dass er es doch geschafft hat. „Von Floerke“ ist in über 3.000 Läden gelistet, man kann also fast in jeder Stadt seine Produkte kaufen. Wir haben ein unglaubliches Wachstum im Online-Geschäft und planen dieses Jahr vier Millionen Euro Umsatz mit einem sehr hohen Gewinn.
Nicht bei allen Deals, die in der Sendung geschlossen werden, kommt es am Ende wirklich zu einer Zusammenarbeit. Woran liegt das?
Es gehört zum Leben eines Start-ups, dass Deals nicht zustande kommen. In der normalen Investment-Welt habe ich sehr viel Zeit, langfristig eine Due-Diligence-Prüfung, also eine Risikoprüfung, zu machen. Das heißt, ich gucke mir alle Verträge, Patente und Zahlen an. Diese Möglichkeit habe ich in der Show nicht. Also muss ich in den ein bis zwei Stunden Sendung ein bestmögliches Urteil abgeben und entscheiden, ob ich investieren will oder nicht. Und dabei bleiben Dinge leider manchmal ungeklärt oder ein Gründer hebt Probleme nicht hervor, die er eigentlich preisgeben müsste. Dadurch geht man möglicherweise einen Deal ein, bei dem man erst im Nachhinein merkt: „Oh Mist, dir gehört das Produkt ja gar nicht!“ oder „Du kannst gar keine 100.000 Stück davon produzieren, bei 1.000 ist Schluss.“ Auch kann man einen Lieferanten mit im Deal haben, der so eine Exklusivität besitzt, dass er dich jederzeit ausbooten kann. Das sind die sogenannten Deal-Breaker. Wenn man diese entlarvt, steige ich als „Löwe“ auch aus einem Deal aus. Das muss aber jeder für sich entscheiden.
Hat sich bei den Auftritten der Gründer in der Show, gerade im Vergleich zu den ersten beiden Staffeln, etwas verändert?
Die Gründer sind von Staffel zu Staffel professioneller geworden. Gerade im Vergleich zur ersten Staffel, als das Format noch unbekannt war. Da gab es natürlich schon eine Gründerszene in Deutschland aber wir zogen glücklicherweise viele an, die nicht in dieser klassischen Arena unterwegs waren. Zu dem Zeitpunkt haben wir wirklich noch grobe Fehler gesehen. In der zweiten Staffel sind die Gründer deutlich besser und professioneller geworden und in der kommenden Staffel legen wir noch einen drauf. Natürlich gibt es immer noch seltsame Pitches, mit überzogenen Preisvorstellungen und ganz schlechten Präsentationen, aber diese werden deutlich weniger. Es kommen viele Spitzenhersteller in „Die Höhle der Löwen“ und das freut mich als Unternehmer sehr.
Welche Fehler passieren Gründern allgemein besonders häufig?
Was für mich schwer nachvollziehbar ist: Warum können Gründer ihr Produkt oder ihre Dienstleistung nicht auf den Punkt bringen? Als Gründer sollte ich vor dem Spiegel stehen und lernen, in drei bis vier Sätzen glasklar sagen zu können, was ich mache. Das sollte selbst dann der Fall sein, wenn ich nachts betrunken geweckt werde. Das ist meine Aufgabe als Gründer. In meinem Leben habe ich wirklich viele Dinge gesehen und interessiere mich für eine Menge Produkte oder Technologien: Von Flugzeugen über Bio-Suppen – ich kenne natürlich nicht alles, aber sehr vieles. Und manchmal stehe ich da, habe mir einen fünf- bis zehnminütigen Vortag angehört und frage mich trotzdem, was mein Gegenüber genau macht. Es kann nicht sein, dass ich nach dieser Zeit noch ratlos da sitze, denn ich habe üblicherweise eine schnelle Auffassungsgabe für Start-ups und deren Kernpunkte. So etwas ärgert mich.
Was möchten Sie Gründern als Investor mitgeben?
Wenn ich investiere, fühle ich mich nicht nur als Anleger, sondern eher als Co-Founder. Ich persönlich baue mit den Gründern ihre Unternehmen auf, telefoniere fast täglich mit ihnen, treffe geschlossen Entscheidungen, erstelle mit ihnen Listings und entwerfe mit ihnen gemeinsam Designs. Das ist, was ich ihnen mitgebe: Meine persönliche Passion und das Herzblut, die Sachen groß zu machen. Deswegen kommen bisher auch die erfolgreichsten Start-ups von mir, weil ich die Zeit investiere, mit drinstecke und nicht einfach nur das Geld gebe – denn an diese Strategie glaube ich nicht. Aus meiner persönlichen Erfahrung heraus weiß ich, dass es viel wichtiger ist, einen Mentor an seiner Seite zu haben und nicht irgendein Team, das jemand eingestellt hat. Also einen persönlichen „Löwen“ und Mentor-Partner zu haben, der sich mitkümmet und das tue ich.
Hat sich durch die neuen „Löwen“ im Rudel eine andere Dynamik bei den Verhandlungen entwickelt? Und wenn ja, was hat sich verändert?
Es hat sich eine Menge verändert, weil wir sehr starke „Löwen“ bekommen haben. Auf der einen Seite ist Ralf Dümmel, der bisher nicht bekannt war, aber eine unglaubliche Größe im Retail ist – er verkauft also Produkte von A bis Z. Dafür braucht er eine unglaublich große und starke Organisation hinter sich. Auf der anderen Seite steht Carsten Maschmeyer, der sehr vermögend ist und dementsprechend eine ganz andere Kapitaldimension mit in „Die Höhle der Löwen“ reinbringt. Natürlich fördert das eine andere Art der Dynamik und auch manchmal noch härtere Kämpfe bei den Deals. Vor allen Dingen bringt es aber mehr Geld, Netzwerk und Power für die Gründer.
Quelle: Vox
Bild: Vox/Bernd-Michael Maurer, Vox/Benno Kraehahn