Meike Schneider teilt regelmäßig ihre digitalen Kunstwerke mit ihren rund 188.000 Followern auf Instagram (@meikearts). Zu ihren Projekten zählten mittlerweile unter anderem schon Kinderbuch-Illustrationen, Charakter- sowie Verpackungsdesigns. Uns hat Meike im Interview verraten, wie eine Zeichen-Challenge ihr Leben verändert hat und warum Influencer so wichtig für die Kunstbranche sind.
Viele junge Leute haben heutzutage den Traumjob »Influencer«. Was war deine Motivation, diesen Berufsweg einzuschlagen?
Ich muss zugeben, dass ich in Sachen Social Media ein echter Spätzünder war. Instagram habe ich erst 2017/2018 für mich entdeckt. Damals begann ich einfach damit, einige meiner Kunstwerke auf der Plattform hochzuladen und nutzte Instagram im Grunde wie ein Portfolio. Der Algorithmus war zu dieser Zeit noch ganz anders und ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung von Content Creation – ich habe einfach drauflos gepostet. Als ich mir dann mein erstes iPad zulegte, änderte sich alles. Plötzlich konnte ich überall zeichnen – in der Bahn, im Urlaub, abends vor dem Fernseher. Diese Mobilität hat mich unglaublich inspiriert und meine Produktivität enorm gesteigert. Dadurch entwickelte ich mich als digitale Künstlerin rapide weiter, weil ich einfach viel mehr zeichnete als je zuvor.
Talent ist sicherlich wichtig, aber was wirklich zählt, ist harte Arbeit und Ausdauer. Die täglichen Übungen haben mich schnell vorangebracht. Ich begann, täglich meine Kunst auf Instagram zu teilen, Challenges zu organisieren, Verlosungen zu machen und an Events teilzunehmen. So wuchs meine Community stetig.
Ein Wendepunkt war die Teilnahme an der #mermay-Challenge von Tom Bancroft, einem ehemaligen Disney-Animator. Jeden Tag im Mai eine Meerjungfrau zu zeichnen und zu posten war anstrengend – vor allem neben einem Vollzeitjob – aber es hat sich gelohnt. Mein Account explodierte förmlich: Ich erreichte meine ersten 15.000 Follower und war sogar unter den Gewinnern der MerMay-2019-Challenge. Diese positive Resonanz und die wachsende Community haben mich enorm motiviert, weiterzumachen und immer neue Ideen umzusetzen.
Mit der Zeit habe ich nicht nur meine Kunst stetig weiterentwickelt, sondern auch neue Wege gefunden, meine Community an meinem Leben teilhaben zu lassen. So entstanden eigene Kurse, ein eigener Shop für meine Kunst und vieles mehr. Influencer zu werden, war für mich nie ein direkter Wunsch, sondern etwas, das sich organisch entwickelte. Ich glaube fest daran, dass man Influencer aus Leidenschaft zu einem bestimmten Thema wird und nicht nur, um bekannt zu sein oder kostenlose Produkte zu bekommen. Es steckt so viel mehr dahinter – Engagement, harte Arbeit und die authentische Verbindung zu seiner Community. Ohne den Support meiner Follower hätte ich Social Media wahrscheinlich nie so intensiv genutzt. Deshalb bin ich sehr dankbar für diesen Weg, der mir so viele kreative Möglichkeiten eröffnet hat.
Was hättest du zu Beginn deiner Karriere als Influencerin gerne gewusst? Für welche Tipps wärst du sehr dankbar gewesen?
Ein strukturierter Content-Plan und Konsistenz sind der Schlüssel zum Erfolg. Zu Beginn hätte ich gerne gewusst, wie wichtig es ist, einen Redaktionsplan zu haben und regelmäßig Inhalte zu posten. Diese Planung hilft nicht nur, den Überblick zu behalten, sondern auch die Community an eine regelmäßige Präsenz zu gewöhnen. Ein tiefes Verständnis der Algorithmen und aktuellen Trends wäre ebenfalls hilfreich gewesen. Social Media Plattformen ändern ständig ihre Algorithmen, und es ist wichtig, auf dem Laufenden zu bleiben, um die eigene Reichweite zu maximieren.
Zu wissen, wie wichtig es ist, eine klare Nische zu finden, hätte mir viel Zeit erspart. Eine spezialisierte Nische zieht oft ein engagierteres Publikum an und hilft dabei, sich in einem überfüllten Markt abzuheben. Auch die Bedeutung einer starken persönlichen Marke und eines konsistenten visuellen Stils hätte ich gerne früher erkannt. Eine einheitliche Ästhetik und eine klare Botschaft sind entscheidend, um professionell und vertrauenswürdig zu wirken.
Eine der größten Erkenntnisse war die Bedeutung des Austauschs mit anderen. Heute kenne ich viele Künstlerinnen und Künstler, mit denen ich mich regelmäßig austausche und von denen ich lerne. Dieser Austausch ist unbezahlbar und hätte mir am Anfang sehr geholfen. Ein Netzwerk von Gleichgesinnten kann inspirieren, unterstützen und wertvolle Tipps geben.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Thema Verhandlungen und die angemessene Vergütung für die eigene Arbeit. Anfangs habe ich oft Barter-Deals gemacht, was in der Anfangsphase okay sein kann, um ein Portfolio aufzubauen. Aber Content Creation ist viel Arbeit und sollte entsprechend entlohnt werden. Zu wissen, wie man fair verhandelt und seine Arbeit wertschätzt, ist essenziell. Früher zu erkennen, wie wertvoll Kollaborationen mit anderen Influencern und Marken sein können, hätte meinen Wachstum beschleunigt. Diese Partnerschaften bieten neue Reichweiten und vielfältige Inhalte. Grundkenntnisse im Bereich Recht, insbesondere im Hinblick auf Verträge, Urheberrechte und Werbeverpflichtungen, wären von Anfang an hilfreich gewesen. Dies schützt vor rechtlichen Problemen und stellt sicher, dass alle Vereinbarungen fair sind.
Als ich anfing, war es das oberste Ziel, möglichst schnell zu wachsen und viele Follower zu gewinnen. Heute weiß ich, dass die Qualität der Follower und die Interaktion mit der Community viel wichtiger sind. Es ist besser, eine engagierte Community zu haben, als einfach nur viele Follower. Selbst mit einem Account von 100.000 Followern kann man erfolgreich sein, wenn man eine gute Reichweite und einen engen Kontakt zu seiner Community pflegt. Ich wünschte, ich hätte mich von Anfang an mehr auf meine Community und die bereits vorhandenen Menschen fokussiert, anstatt nur auf Wachstum zu setzen. Heute ist mir der Austausch und die Interaktion mit meiner Community viel wichtiger als die reine Anzahl der Follower. Social Media lebt von der Interaktion und dem Dialog – das ist das Schöne daran. Bei der Flut an Influencern ist es heute wichtiger denn je, authentisch zu bleiben und sich auf den Austausch mit den Menschen zu konzentrieren, die einem folgen. Das sorgt dafür, dass man nicht in der Masse untergeht und wirklich im Gedächtnis bleibt.
Welche Charaktereigenschaften und Fähigkeiten sollte ein Influencer vorweisen können, um erfolgreich zu werden?
Zunächst einmal ist es entscheidend, für etwas zu brennen und Leidenschaft für das Thema oder die Nische zu haben, über die man spricht oder die man repräsentiert. Leidenschaft treibt einen dazu an, hart zu arbeiten und sich ständig zu verbessern. Durchhaltevermögen und Geduld sind ebenfalls von entscheidender Bedeutung. Besonders im künstlerischen Bereich, wo die Konkurrenz oft groß ist, ist es wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen. Erfolg kommt selten über Nacht und es erfordert Ausdauer, um Hindernisse zu überwinden und langfristig Ziele zu erreichen.
Konsistenz ist ein weiterer wichtiger Faktor. Regelmäßiges Posten von Inhalten und das Aufrechterhalten einer Präsenz in den sozialen Medien helfen dabei, eine engagierte und loyalen Fangemeinde aufzubauen. Kontinuierliche Bemühungen führen langfristig zu Wachstum und Erfolg.
Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind ebenfalls wichtig, um sich den ständig ändernden Trends und Algorithmen anzupassen. Influencer müssen bereit sein, neue Techniken auszuprobieren und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, um relevant zu bleiben.
Schließlich ist es von Vorteil, ein gewisses Maß an Unternehmergeist und strategischem Denken zu besitzen. Die Fähigkeit, Chancen zu erkennen, Partnerschaften zu knüpfen und sich selbst zu vermarkten, sind entscheidend für den langfristigen Erfolg als Influencer.
Inwiefern beeinflussen Influencer die Kunstbranche?
Influencer haben einen bedeutenden Einfluss auf die Kunstbranche und tragen dazu bei, sie kontinuierlich zu transformieren und zu bereichern. Ein wichtiger Beitrag von Kunst-Influencern besteht darin, neue Trends zu setzen und innovative Zeichenstile in den Fokus zu rücken. Durch ihre Präsenz in den sozialen Medien können sie eine breite Palette von Stilen und Techniken präsentieren, die sowohl etablierte als auch aufstrebende Künstler inspirieren und dazu ermutigen, neue Wege der Selbstexpression zu erkunden. Eine weitere Schlüsselrolle von Kunst-Influencern liegt darin, ihre Produkte und ihre eigene Kunst effektiv zu promoten und zu monetarisieren. Durch ihre Reichweite und ihr Engagement können sie ihre Werke einem globalen Publikum präsentieren und direkte Verkaufsmöglichkeiten über Online-Plattformen oder ihre eigenen Webshops schaffen. Dies ermöglicht es Künstlern, unabhängiger zu arbeiten und ihren Lebensunterhalt mit ihrer Leidenschaft zu verdienen.
Darüber hinaus machen Kunst-Influencer die Kunstszene zugänglicher und die Künstler leichter erreichbar. Durch ihre Präsenz in den sozialen Medien und die Interaktion mit ihrer Community schaffen sie eine persönliche Verbindung zu ihren Followern und ermutigen zum Dialog und zur Zusammenarbeit. Dies fördert den Austausch von Ideen und Erfahrungen zwischen Künstlern und trägt zur Entwicklung einer vielfältigen und lebendigen Kunstszene bei.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Rolle von Kunst-Influencern bei der Bereitstellung von Bildung und Lehrmaterialien. Sie machen bestimmte Themen greifbarer, indem sie Kurse, Tutorials und Live-Demonstrationen anbieten, die es den Menschen ermöglichen, direkt von ihren bevorzugten Künstlern zu lernen. Dadurch wird die Vielfalt der verfügbaren Lernressourcen erweitert und der Zugang zu hochwertiger Kunstausbildung verbessert. Neben der Förderung des individuellen Wachstums inspirieren und motivieren sich Kunst-Influencer gegenseitig. Durch den Austausch von Erfahrungen, Tipps und Ratschlägen schaffen sie eine unterstützende Gemeinschaft, die dazu beiträgt, das Selbstvertrauen zu stärken und die Kreativität zu fördern. Insgesamt spielen Kunst-Influencer eine entscheidende Rolle dabei, die Kunstbranche zu beleben und zu erneuern, indem sie Trends setzen, die Zusammenarbeit fördern und die Möglichkeiten für Künstler erweitern, ihre Werke einem breiteren Publikum zu präsentieren.
Influencer sind für viele Menschen gleichzeitig Vorbilder. Lässt du dich auch selbst durch andere Influencer beeinflussen oder hast du deine persönlichen Idole woanders gefunden? Wie gehst du mit Kritik um?
Influencer haben zweifellos eine beträchtliche Wirkung als Vorbilder für viele Menschen. Doch für mich persönlich sind meine Hauptinspirationen und Idole nicht unbedingt ausschließlich andere Influencer. Ich ziehe meine Inspiration oft aus verschiedenen Quellen, darunter Reisen, meine Hobbies, Filme, Serien, Bücher, die Natur und Dinge, die mir Spaß machen. Gerade beim Reisen entdeckt man neue Kulturen und Geschichten, die sich hervorragend in Kunst umwandeln lassen.
Ich schätze die Vielfalt der Stimmen und Perspektiven, die aus verschiedenen Bereichen kommen, und finde Inspiration in deren Geschichten, Erfahrungen und Errungenschaften. Es ist faszinierend, wie unterschiedlichste Einflüsse zu kreativen Ideen führen können. Natürlich habe ich auch einige Künstler und Kinderbuchillustratoren, deren Stil und Werke ich bewundere und die mich inspirieren. Dennoch versuche ich stets, meine eigene Identität zu bewahren und mich nicht zu sehr von anderen beeinflussen zu lassen.
Was die Kritik betrifft, so sehe ich sie als eine Gelegenheit zur persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Gleichzeitig ist es wichtig, zwischen konstruktiver Kritik und unfairen Angriffen zu unterscheiden. In den sozialen Medien gibt es leider auch viel Hass und negative Kommentare. Die Artist-Community ist jedoch bemerkenswert unterstützend und freundlich und man erfährt selten Beleidigungen. Wenn man jedoch viral geht, erreicht man oft auch Menschen außerhalb der eigenen Nische, was zu negativen Kommentaren führen kann. In solchen Fällen ist es wichtig, die Relevanz der Kritik einzuschätzen und vieles nicht zu persönlich zu nehmen. Viele Betrachter sehen nur ein kurzes Video und kennen weder dich als Person noch den Rest deines Contents. Daher sollte man sich nicht von oberflächlichen Urteilen entmutigen lassen. Es ist entscheidend, sich auf das Positive zu konzentrieren und sich von der Unterstützung und den positiven Rückmeldungen der eigenen Community leiten zu lassen.
Insgesamt glaube ich, dass es wichtig ist, eine ausgewogene Perspektive zu bewahren und sich von einer Vielzahl von Quellen inspirieren zu lassen, während man gleichzeitig offen für konstruktive Kritik bleibt, um persönliches Wachstum und Weiterentwicklung zu fördern.
Bild: Meike Schneider