Mit Bescheidenheit, guter Planung und psychologischer Hilfe an die Weltspitze?
Auf 77,2 Millionen US-Dollar – umgerechnet etwa 68,6 Millionen Euro – hat das US-Wirtschaftsmagazin Forbes das Vermögen von Roger Federer zum Stichtag 16. Juli 2018 geschätzt. Und das hat sich der Tennisprofi hart erarbeitet. Seinen 100. Turniersieg feierte er am 2. März in Dubai. Dort besiegte er im 152. Finale seiner Laufbahn den Griechen Stefano Tsitsipas. Federer sei erst der zweite Spieler nach Jimmy Connors gewesen, der die magische Marke von 100 Turniersiegen geknackt hat, berichtete das Onlineportal zeit.de. Connors gewann 109 Einzeltitel.
Federer hatte am 4. Februar 2001 in Mailand seinen ersten Turniersieg geschafft. 6600 Tage seien bis zum Jubiläum am Persischen Golf vergangen, informierte das Onlineportal und beruft sich auf Angaben der Schweizer Zeitung „Blick“. Federers Vater Robert habe nach dem ersten Sieg seines Sohnes die Scheibe seines Autos einschlagen müssen, weil er den Autoschlüssel vor dem Endspiel eingeschlossen hatte. Federer, der in Basel wohnt, erinnerte sich am 2. März noch genau daran, dass er in Mailand unbedingt gewinnen wollte. „Ich war so erleichtert, dass ich nicht der Typ bin, der endlos viel Talent hat, aber keinen Titel“, zitiert zeit.de den Schweizer. Er habe auch gestanden, dass er nach seiner ersten Final-Niederlage vor 19 Jahren gegen Marc Rosset in Marseille Zweifel hatte, ob er irgendwann mal einen Titel gewinnen kann. So habe Federer gesagt: „Ich habe mir die Augen ausgeheult. Marc sagte mir: ‚Mach dir keine Sorgen, du wirst einige gewinnen.‘ Ich dachte mir: ‚Du hast gut reden.’“
Und Rosset behielt recht. 2003 triumphierte Federer in Wimbledon zum ersten Mal bei einem Grand-Slam-Turnier. 20 Siege bei den vier bedeutendsten Tennisturnieren stehen nun auf seinem Konto. Das gelang keinem anderen Profi. 45 Titel errang der 37-Jährige auf Hartplätzen unter freiem Himmel, zudem siegte er beim Davis-Cup 2008 und wurde Olympiasieger in der Doppeldisziplin. 310 Wochen stand er auf Platz eins der Weltrangliste. Der Schweizer ist Rekordsieger in Wimbledon und bei den ATP-World-Tour-Finals. Er stand die längste Zeit in Folge auf Platz eins der ATP-Rangliste. Und er ist der älteste Spieler, der es auf Platz eins der Weltrangliste schaffte. Mehrfach ist er zum Weltsportler des Jahres gewählt worden.
Auch im Alter von 37 Jahren kann Federer noch locker mit seinen Gegnern mithalten. Das liegt an seiner guten Planung. Er legt gezielte Pausen ein, um Kräfte zu sammeln und Verletzungen vorzubeugen. „Es ist wichtig, dass man dem Körper und Geist eine Pause gibt“, zitiert das Schweizer Nachrichtenportal nau.ch Federer. Vor allem Turniere, die auf Sand ausgetragen werden, lässt er aus, weil er meistens auf den schnelleren Belägen besser spielt. Darüber hinaus betont er in Interviews immer wieder, wie sehr er seinen Sport liebt und dass er noch so lange spielen möchte, wie es sein Körper zulässt und er Spaß hat.
Da der Aufschlag beim Tennis als wichtigster Schlag gilt und Federer mehr Varianten beherrscht als die meisten anderen Profis, kommt ihm das in den Spielen stark zugute. In seiner Karriere hat Federer mehr als 10.000 Asse geschlagen. Das heißt: Jeder zehnte Aufschlag von Federer ist im Durchschnitt ein Ass. Das haben nur zwei weitere Spieler in der Geschichte des Tennissports geschafft. Zu Federers Erfolgen hat auch seine Beharrlichkeit beigetragen. Er hat noch keine Partie aufgegeben; nur drei Mal konnte er nicht antreten. Im Alter von zehn Jahren prägte Federer sein Trainer Peter Carter, der eine fröhliche und humorvolle Art hatte. Er trug dazu bei, dass Federer so viel Spaß am Tennis hat. Nach Auskunft des Onlineauftritts srf.ch vom Schweizer Radio und Fernsehen war Federer zudem einer der ersten Tennisstars, die sich von einem Physiotherapeuten zu den Turnieren begleiten ließen.
Als Jugendlicher soll Federer auf dem Tennisplatz häufig wütend geworden sein und seinen Tennisschläger weggeworfen haben. Auf Initiative seiner Familie ging der Tennisspieler zu einem Psychologen. Das half: Schon lange agiert Federer besonnen; auch in nervenzehrenden Spielen bleibt er ruhig. Federers Erfolge kamen nicht über Nacht, sondern weil er immer weiter Stück für Stück an seiner Form arbeitete. Das tat er auch nach seiner schwersten Verletzung im Jahr 2016, als er sich beim Baden mit seinen Kindern schwer am Knie verletzte, und einer sechs Monate langen Zwangspause. Mit intensivem Training und einem neuen Schläger kam er wieder in Form. Er setzte nicht mehr auf einen kleinen, schweren Schläger, sondern auf ein größeres Modell. 2017 gelang Federer das Comeback, mit dem viele Experten nicht gerechnet hätten: Im Finale der Australien Open besiegte er seinen Dauerrivalen Rafael Nadel. Diesen Moment hat Federer als einen der besten Momente in seinem Leben beschrieben.
Zu Federers Erfolgsrezept gehört auch, dass er trotz seiner großen Erfolge bescheiden und bodenständig geblieben ist. Zu seinen Schwächen steht er offen, nimmt Kritik an. Deshalb ist er bei den Fans der beliebteste Spieler: 16 Mal in Folge stand Federer bis zum Jahr 2018 auf Platz eins einer Liste der am besten angesehensten Spieler, die die Association of Tennis Professionals (ATP) veröffentlicht und auf einem Fan-Voting basiert. Auch bei seinen Gegnern kommt Federer mit seiner respektvollen Art gut an. Sie wählen Federer bei Umfragen der ATP häufig zum fairsten Spieler, sodass der Schweizer oft den Sportmanship-Award in den Händen hält. In einem Interview mit der Zeitung „Bild am Sonntag“ sagte Federer im Jahr 2010: „Am Anfang wurde häufig gesagt, dass man es als netter Sportler nicht nach ganz oben schaffen kann. Ich habe klar bewiesen, dass man es doch kann! Wer mich kennt, weiß, dass ich im Sport sehr hart kämpfe und irgendwo auch gnadenlos bin. Aber ich verliere dabei nie aus den Augen, dass Respekt und Fairplay extrem wichtig sind.“ Sein privates Umfeld scheint zudem intakt zu sein. Mit seiner Frau Mirka und seinen vier Kindern ist er glücklich. Freunden misst er eine hohe Bedeutung in seinem Leben zu.
Bildquelle: depositphotos.com/ChinaImages, depositphotos.com/zhukovsky
Mehr: Fitness wirkt auf alle Lebensbereiche, Auf den Fokus kommt’s an