Sein Humor ist sein Markenzeichen. Egal, ob in Filmen, im Geschäftsleben oder in der Ehe: Ryan Reynolds beweist immer wieder, dass eine komödiantische Ader in so gut wie jeder Lebenslage hilft. »Er hat diesen sehr dunklen Sinn für Humor«, fasste Regisseur Tim Miller bereits 2016 zusammen. »Er hat einfach keine Angst davor, sich über sich selbst lustig zu machen.« Genau diese Eigenschaft hat den Kanadier später zu einem der gefragtesten Schauspieler und Werbegesichter in Hollywood werden lassen.
Von Kanada nach Hollywood
Geboren wurde Ryan Rodney Reynolds am 23. Oktober 1976 in Vancouver, Kanada in British Columbia. 47 Jahre später sollte er dort sogar den »Order of British Columbia« erhalten, eine Auszeichnung für besondere Leistungen zum Wohle der kanadischen Provinz. Geschauspielert hat er schon seit seinem 13. Lebensjahr, das erste Mal im Fernsehen war er dann mit 15 Jahren in der – wie er sie später bezeichnet – »schrecklichen, schrecklichen Soap-Opera« »Hillside« zu sehen. Es folgten weitere kanadische Produktionen wie »Ordinary Magic« oder »Odyssee ins Traumland«. Mit 19 Jahren gab er dann entmutigt seine bis dahin sehr überschaubare Schauspielkarriere auf, um auf die Kwantlen Polytechnic University zu gehen.
Das Streben nach einer höheren Bildung hielt jedoch nicht lange an: Ein paar Monate später schmiss er hin. Ein wenig später traf auf seinen ehemaligen »Hillside«-Schauspielkollegen Chris William Martin, der ihn davon überzeugte, es noch einmal mit der Schauspielerei zu versuchen und mit ihm nach Los Angeles zu fahren – wo ihm gleich in der ersten Nacht seine Autotüren gestohlen wurden. »Ich erinnere mich, dass es mir Angst machte, nach Amerika zu kommen, weil hier einfach alles größer, besser und glänzender ist«, erzählte Reynolds im »Interview Magazine«. Nach zahlreichen Auditions – und Fahrten im türenlosen Jeep – schaffte er 1996 dann den Sprung in die US-amerikanische Film- und Fernsehenwelt. Erst mit kleineren Auftritten in Serien wie »Akte X – Die unheimlichen Fälle des FBI« oder »Sabrina und die Zauberhexen«, später auch in Hauptrollen in Filmen wie »Party Animals – Wilder geht’s nicht!«, »Just Friends« oder »Selbst ist die Braut«.
Pech im Spiel, Glück in der Liebe
Für den vor allem durch Romcoms bekannte Schauspieler begann seine große Karriere im Superhelden-Genre mit »Blade: Trinity«, dem finalen Teil der Marvel-Action-Saga über den gleichnamigen Vampirjäger und »Daywalker«. Als Nebendarsteller spielte er schon damals sehr erfolgreich seinen typischen und oft improvisierten Humor aus – sehr zum Leidwesen seines Co-Stars Wesley Snipes, der ihn laut Reynolds Aussage dafür gehasst haben soll. Mit seinem nächsten Ausflug in die Welt der Comics wechselte Reynolds dann 2011 die Seiten – zum Marvel-Konkurrenten DC Comics. Diese Entscheidung verfolgt ihn jedoch noch bis heute: Trotz großer Starbesetzung zählt »Green Lantern« zu den größten Flops der Filmgeschichte. »Ich habe eine Zeit lang den Tod des Superhelden repräsentiert«, fasste der Schauspieler 2016 gegenüber Variety zusammen. Die Story und das CGI wurden von Kritikern und Fans in der Luft zerrissen und dienen bis heute als Steilvorlage für unzählige Witze und Späße – auch für den Hauptdarsteller selbst.
Neben jahrelang anhaltenden Gag-Material fand Reynolds dank des Films jedoch auch seine große Liebe Blake Lively. In Social-Media-Posts und Interviews beweisen die Eltern von mittlerweile vier Kindern immer wieder von Neuem, dass sich hier zwei mit dem gleichen Humor gefunden haben. Die geheime Zutat für eine erfolgreiche Ehe unter Hollywood-Stars? »Niemals gleichzeitig zu arbeiten, damit wir unserem Privatleben immer den Vorrang geben können«, verriet die »Gossip Girl«-Schauspielerin. Reynolds selbst sieht das Erfolgsgeheimnis übrigens auch noch woanders: »Blake hat die Hosen an.« Gut, wenn das geklärt ist.
Das Alter Ego
Im Jahr 2016 fand Reynolds seine Paraderolle Deadpool in der gleichnamigen Marvel-Comic-Verfilmung. Die Rolle des »Söldners mit der großen Klappe« scheint ihm wie auf den Leib geschneidert zu sein: Beide sind um keinen Spruch verlegen und die Grenzen zwischen Comic-Figur und Darsteller verschwimmen auch mal gerne. Für Reynolds selbst war es »wie ein Traum, der wahr geworden ist«, erzählte er in einem Interview mit »OutNow«. Ein Detail, das Fans gerne vergessen würden, ist jedoch, dass Reynolds bereits vor »Deadpool« den Katana schwingenden Sprücheklopfer mimte. Die enttäuschende Darstellung von Deadpool in »X-Men Origins: Wolverine« im Jahr 2009 gab jedoch den Anreiz, einen weiteren Film für den Anti-Helden zu drehen, der ihm und seinem vorlauten Mundwerk gerechter werden sollte. Und das mit vollem Erfolg: Der Reboot »Deadpool« erreichte schon am ersten Wochenende die höchsten Einnahmen eines R-Rating-Films und Reynolds selbst erhielt einen Critics‘ Choice Movie Award, einen People’s Choice Award und zwei MTV Movie & TV Awards. Weltweit spielte der Film ganze 782,8 Millionen US-Dollar ein, was Marvel dazu veranlasste, zwei Jahre später einen – kommerziell genauso erfolgreichen – zweiten Teil zu veröffentlichen.
Die Welt abseits von Superheldenanzügen
Der »Entertainer des Jahres 2016« kann aber nicht nur schauspielern und Witze reißen, in ihm steckt auch ein erfolgreicher Unternehmer: Unter dem Namen von Deadpools Motto »Maximum Effort« gründete Reynolds 2018 zusammen mit George Dewey ein eigenes Film-Produktionsstudio. »Deadpool 2« wurde der erste Film, an dem »Maximum Effort Productions« mitarbeitete. Es folgten »Free Guy«, »The Adam Project«, »Spirited« und »IF: Imaginäre Freunde« – natürlich jedes Mal mit Reynolds selbst in der Hauptrolle. Sogar einen Emmy hat der 47-Jährige schon bekommen – jedoch genau genommen nicht durch seine Schauspielleistung, sondern durch seinen Geschäftssinn: 2021 übernahm Reynolds zusammen mit dem Schauspieler Rob McElhenney den walisischen Fußballverein AFC Wrexham für 2,5 Millionen US-Dollar. Die Höhen und Tiefen der neu gebackenen Besitzer liefen ein wenig später als Sportdokumentations-Serie »Welcome to Wrexham« auf dem amerikanischen Fernsehsender FX und Disney+ – und erhielten insgesamt fünf Primetime Emmy Awards. Auch mit dem Verein geht es seit der Übernahme durch die Hollywood-Stars steig bergauf: Seit April 2024 spielen sie in der EFL League One, der dritthöchsten Spielklasse im englischen Fußball.
Reynolds Sportbegeisterung geht übrigens noch weiter: 2022 merkte er in der »The Tonight Show« an, dass er nach einem »Partner mit wirklich tiefen Taschen« suche, um sich das kanadische Eishockeyfranchise Ottawa Senators leisten zu können. Der »Deadpool«-Darsteller selbst nimmt es locker mit seiner Zweitbeschäftigung: »Es würde mich nicht stören, wenn man mich eher einen Unternehmer als einen Schauspieler nennt […]. Ich weiß, dass ich nichts erfunden habe. Ich beteilige mich an Sachen, die schon ausgezeichnet sind«. »Ausgezeichnet« fand Reynolds auch »Aviation Gin«. 2018 erwarb er einen großen Anteil der Gin-Marke und steht seitdem mit seinem Gesicht für den »besten Gin auf diesem Planeten«. »Meine Verantwortung hier im Unternehmen ist riesig. Ich werde meine Tage damit verbringen, fotografiert zu werden, während ich ab und zu meine Kiefermuskeln anspanne, während ich auf Dinge zeige und nicke […]. Ich weiß nicht, wer die Idee hatte, mich in das Gin-Geschäft einsteigen zu lassen, aber ich kann Ihnen versichern, dass es klügere und vernünftigere Leute gibt, die das Sagen haben«, betonte er verantwortungsbewusst in einer automatischen Antwort-Mail nach dem Kauf der Firma.
Ob Ryan Reynolds »vernünftig« ist, lässt sich vielleicht hinterfragen. »Klug« hat er sich mit seiner Karriere aber zweifellos angestellt. Insider schätzen sein Vermögen auf 350-Millionen-Dollar. Und wer sagt, dass sich Alkohol und Schauspielerei nicht genauso clever verbinden lassen? »Ich habe gehört, die suchen einen neuen James Bond. Könnt ihr einen Kanadier akzeptieren, der lieber Gin und Tonic schlürft als Martini? Falls ja, wäre ich interessiert«, meinte der Schauspieler und Unternehmer – natürlich im Scherz. Aber wer weiß? Vielleicht heißt es ja wirklich irgendwann: »Gin – Geschüttelt, nicht gerührt.«
LT
Bild: IMAGO / MediaPunch
Dieser Artikel ist ursprünglich in der Printausgabe 5/2024 des ERFOLG Magazins erschienen.