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Visionär, mutig, streitbar? Was Bill Gates und Jeff Bezos wirklich verbindet

Er hat den Versandhandel revolutioniert und träumt von Urlaubsreisen im Weltall: Jeff Bezos gilt als Genie. Allerdings liegen Genie und Wahnsinn nah beieinander – oder etwa doch nicht? Anja Antropov kennt die Vorbehalte gegenüber erfolgreichen Menschen – und sie weiß, welche Eigenschaften diese tatsächlich auszeichnen. Welche Skills es braucht, um erfolgreich neue Wege einzuschlagen, hat uns die Business-Mentorin im Interview erzählt.

Frau Antropov, Entrepreneure wie Jeff Bezos oder Bill Gates verfügen zwar über eine große Anhängerschaft, polarisieren allerdings auch. Ist es eine Voraussetzung für den Erfolg, eine streitbare Persönlichkeit zu besitzen?

Nein, eine streitbare Persönlichkeit nicht, aber eine Voraussetzung für außergewöhnliche Erfolge ist, sich selbst zu folgen, egal, was die anderen sagen. Entrepreneure wie Jeff Bezos und Bill Gates haben Visionen, denen sie unbeirrt folgen. Sie haben das berühmte WHY, das Simon Sinek in seinem Buch »Start with the why – how great leaders inspire action« beschreibt. Unser WHY entscheidet darüber, ob wir Mittelmaß sind oder außergewöhnlich erfolgreich.

Während die meisten Unternehmer nur zum Ziel haben, Umsatz zu machen und profitabel zu wirtschaften, werden diese Menschen angetrieben von Visionen, die darüber hinaus gehen. Bill Gates zum Beispiel hatte die klare Vision, dass es in jedem Haushalt und auf jedem Schreibtisch einen Computer gibt. Dieser Vision folgte er zu einer Zeit, als die meisten das für unmöglich und sinnlos hielten. Und diese Vision sorgte dafür, dass Microsoft mit Innovationen ganz maßgeblich die Computerindustrie mitgestaltet hat. Mit der benutzerfreundlichen Oberfläche des Windows-Betriebssystems wurden PCs plötzlich Massenmarkt-tauglich.

Als Mentorin unterstützen Sie Menschen auf dem Weg zum Business-Erfolg. Doch das Unternehmerbild ist immer sehr noch männlich geprägt. Inwiefern gibt es geschlechtsspezifische Unterschiede in der Unternehmensführung?

Frauen nehmen eher ihre Intuition zu Hilfe, Männer agieren eher logisch.

Das sind im Grunde unsere zwei Gehirnhälften – rechts: Kreativität und Intuition, links: Logik und Analyse -, die von Frauen und Männern tendenziell unterschiedlich gewichtet werden.Um außergewöhnliche Erfolge zu erzielen, brauchen wir beides. Wir brauchen sowohl Logik als auch Kreativität, wir brauchen sowohl Analyse als auch Intuition.

Im Business geht’s um Visionen und Innovationen, für die wir unsere kreative Gehirnhälfte brauchen, und es geht darum, diese Visionen ganz konkret zu realisieren, indem man Strukturen aufbaut. Dafür brauchen wir die logische Gehirnhälfte. Das männlich geprägte Unternehmerbild vom Macher, der in Logik und Strukturen denkt, funktioniert so lange, wie die äußeren Bedingungen stabil sind. Aber in einer Zeit der Informationsüberflutung und der schnellen Veränderungen kommen wir alleine mit Logik nicht mehr weiter. Wir brauchen unsere Intuition, um neue Wege zu finden.

Frauen tun sich deshalb tendenziell leichter mit Veränderung und sind oft agiler als Männer. Viele meiner Kunden und Kundinnen kommen zu mir, weil Strategien, die bei ihnen vorher funktioniert haben, auf einmal nicht mehr funktionieren. Und da hilft uns dann die kreative Gehirnhälfte: Wenn wir mit den alten Strategien nicht mehr weiterkommen, dann müssen wir erstmal nach Innen schauen und intuitiv an die Sache herangehen. Das öffnet dann den Blick für neue Wege.

Gibt es Prinzipien oder Faktoren, die allen außergewöhnlich erfolgreichen Menschen gemeinsam sind?

Auf jeden Fall! Ich nenne hier mal drei Prinzipien:

  1. Vision
    Das Wichtigste ist eine starke Vision und der Glaube an sich selbst. Die Vision erfolgreicher Menschen gibt ihnen so viel Energie, sodass sie in der Lage sind, Widerstände und Hindernisse zu überwinden, an denen andere scheitern oder aufgeben würden. Aber diese Menschen geben nicht auf. Sie passen so lange ihre Strategien an und probieren neue Wege aus bis sie ihr Ziel erreichen.
  2. Growth Mindset
    Außergewöhnlich erfolgreiche Menschen haben ein Growth Mindset oder auch dynamisches Selbstbild – im Gegensatz zum Fixed Mindset, dem statischen Selbstbild.
    Dazu gibt es ein tolles Zitat von Tiger Woods: »Ich messe meinen Erfolg nicht an meinen Siegen, sondern daran, ob ich jedes Jahr besser werde.« Menschen mit einem Growth Mindset sind davon überzeugt, dass sie sich und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und an Herausforderungen wachsen können. Das führt dazu, dass sie Herausforderungen suchen, und die Unsicherheiten, die damit einhergehen, in Kauf nehmen. Sie definieren ihr Selbstbild über die Erfahrung, an Herausforderungen zu wachsen.
    Während Menschen mit einem Fixed Mindset ihr Selbstbild über das definieren, was sie schon können und schon wissen. Ihnen fällt es deshalb schwer, sich in unbekanntes Terrain zu wagen, weil das mit Unsicherheiten und möglichen Fehlern einhergeht.
  3. Innovation
    Auch als Unternehmer sind außergewöhnlich erfolgreiche Menschen bereit zu ständiger Veränderung. Während die meisten Inhaber-Unternehmer sich IN ihrem Unternehmen auspowern und in Sicherheit und Bewahrung des Status Quo denken, arbeiten diese Unternehmer AN ihrem Unternehmen und denken in Innovationen, also immer in Wachstum und Entwicklung. Und das ist der Grund, warum diese Unternehmen dann Quantensprünge machen, während andere ums Überleben kämpfen.

Wer erfolgreich werden will, sieht sich oft mit Motivationszitaten erfolgreicher Menschen konfrontiert. Aber wie wichtig ist ein Vorbild für den Erfolg des eigenen Unternehmens wirklich – zählt da nicht viel mehr die Authentizität?

Ich finde Vorbilder extrem hilfreich. Ich habe selbst auch Vorbilder. Denn diese Menschen zeigen uns, dass etwas möglich ist, das wir noch nicht selbst erfahren haben. Wenn ich ein Unternehmen gründe oder ein neues Projekt starte, dann muss ich ja an meine Idee glauben. Daran glauben, dass mein Projekt funktionieren kann, auch wenn das völliges Neuland für mich ist. Und da hilft es ungemein, wenn ich bei anderen sehe, dass ihr Projekt funktioniert.

Natürlich geht’s nicht darum, einfach die Ideen anderer zu kopieren. Denn da haben wir keine Authentizität. Was aber sehr wohl möglich ist, unsere Vorbilder zu modellieren. Sprich, ein Modell, das bei jemandem anderen gut funktioniert, auf die eigene Realität anzuwenden. Das ist übrigens auch die effektivste Art, zu lernen: nach dem Best-Practice-Prinzip.

Wenn ich mich an Vorgehensweisen orientiere, die bei anderen erfolgreich sind, dann kann ich Fehler vermeiden, die die anderen schon gemacht habe, und komme schneller ans Ziel.

Wenn Sie auf ihre eigene Karriere als Unternehmerin zurückblicken: Welche Glaubenssätze und Fähigkeiten haben Sie dorthin gebracht, wo Sie heute sind – und wie haben Sie sich diese angeeignet?

Der Glaubenssatz, mit dem ich ins Unternehmertum gestartet bin, lautet: Ich kann alles, was ich können will! Das ist meine Version des Growth Mindsets. Und dieser Glaubenssatz hat mich sehr weit gebracht.Meine Vision für mich war, mich nicht in meinem Business auspowern, sondern Business und Leben in Einklang bringen. Und so bin ich jahrelang der Frage nachgegangen, wie ich in meinem ganzen Denken und Handeln WIRKSAMER werden kann. Und wie ich mir mein Business und mein Leben so gestalten kann, dass ich nicht nur erfolgreich bin, sondern auch erfüllt und glücklich.

In meiner Forschung bin ich auf Businessstrategien von Spitzenunternehmen, Erfolgsstrategien von Spitzensportlern und die Quantenphysik gestoßen, die das Fundament meiner Arbeit und meiner Überzeugungen bilden. Alle meine Kunden bilde ich darin aus. Und ihre Erfolge bestätigen meinen Ansatz.

Schon früh habe ich die Möglichkeiten des Onlinebusiness erkannt. Ich bin ja Business-Mentorin. Als solche arbeitet man ja eher selbst und ständig. Zur Unternehmerin bin ich erst durch mein Onlinebusiness geworden, weil ich dadurch mein Geschäft mit Hilfe von digitalen Prozessen skalieren konnte.

Ich kann heute also viel mehr Menschen helfen als früher und arbeite dafür weniger. Dafür brauchte ich die Bereitschaft, immer wieder dazuzulernen und an Herausforderungen zu wachsen. Und die Bereitschaft, von der selbstständigen Expertin und Mentorin, die Menschen unterstützt, zur Unternehmerin zu werden, die ein Unternehmen gestaltet. Das ist einer der wichtigsten Identitätsshifts im Unternehmertum: als Inhaber weniger IM Unternehmen zu arbeiten, und mehr AM Unternehmen zu arbeiten.

Meine Arbeit entspringt der Inspiration. Und so liebe ich es, zu Reisen und von überall aus zu arbeiten. Und weil alles online läuft, kann ich auch mit Menschen auf der ganzen Welt zusammenarbeiten.Und natürlich gebe ich sehr viel Geld für meine Weiterbildung aus. Ich suche mir Vorbilder und Mentoren, die idealerweise schon da sind, wo ich hinwill, und lerne dann von diesen Menschen. Das ist meiner Meinung nach der schnellste Weg, sich weiterzuentwickeln.

Komplett neue Wege zu gehen, sich immer wieder neu zu erfinden und auch bei Herausforderungen nicht aufzugeben, ist unglaublich herausfordernd, aber auch unendlich erfüllend. Ich kann es jedem nur empfehlen.

Unsere Gesprächspartnerin:  

Anja Antropov ist Gründerin der Business Empowerment Academy.

Nach ihrer Tätigkeit in Führungspositionen bei Unternehmen wie Siemens, bringt sie als Bestseller-Autorin und Business-Mentorin anderen das Unternehmertum der neuen Zeit näher.

Beitragsbilder: Constanze Wild

AS (L)