Splitbild Digitale Transformation (Links), Bernhard-Stefan Müller (rechts)

Warum jetzt die Zeit der transformativen Geschäftsmodelle beginnt

Ein Expertenbeitrag von Bernhard-Stefan Müller

Die Welt verändert sich in einem Tempo, das traditionelle Geschäftsmodelle kaum mehr verkraften. Märkte fragmentieren sich, Kundenbedürfnisse wandeln sich schneller, als Planungszyklen es zulassen, und neue Technologien stellen ganze Branchen auf den Kopf. Die zentrale Frage lautet daher: Wie bleibt unser Geschäftsmodell zukunftsfähig – oder besser gesagt: transformativ?

Von linearem Denken zu zirkulärer Anpassungsfähigkeit

Das klassische Geschäftsmodell war lange ein statisches Konzept – ein einmal definierter Bauplan für Erfolg. Doch wer heute noch auf Stabilität setzt, baut auf Sand. Die Zukunft gehört Unternehmen, die Veränderung als Systemprinzip begreifen.
Transformatives Denken bedeutet: Wir betrachten unser Geschäftsmodell nicht als feste Struktur, sondern als lebendiges Ökosystem, das sich permanent an neue Bedingungen anpasst. Erfolgreiche Unternehmen sind keine Festungen, sondern Organismen.

Drei Dimensionen der Geschäftsmodell-Transformation

1. Von Produkten zu Plattformen

Die Zukunft gehört Plattformen, Ökosystemen und Netzwerken. Unternehmen, die heute nur Produkte verkaufen, verlieren gegen jene, die Wertschöpfung gemeinsam mit ihren Kunden und Partnern schaffen. Apple, Airbnb oder Patagonia zeigen: Ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell denkt Beziehungen, Daten und Communitys mit – nicht nur Transaktionen.

2. Vom Besitzen zum Nutzen

Kund:innen wollen keine Dinge, sie wollen Ergebnisse. Subscription-Modelle, Pay-per-Use und as-a-Service-Konzepte verschieben Wertschöpfung von Besitz zu Nutzen. Das verändert nicht nur Umsatzlogiken, sondern auch Verantwortlichkeiten: Wer dauerhaft liefert, muss dauerhaft begeistern.

3. Von Effizienz zu Sinn

Unternehmen, die nur effizient, aber nicht relevant sind, werden austauschbar. Die neue Währung heißt Purpose – nicht als Marketingfloskel, sondern als echtes Steuerungsprinzip. Menschen kaufen keine Produkte, sondern Überzeugungen. WIRKUNG. Mitarbeiter:innen ebenso.

Der Mensch bleibt das Zentrum der Transformation

So sehr Digitalisierung, KI und Automatisierung Prozesse beschleunigen – sie verändern nichts an einer Wahrheit: Transformation gelingt nur mit Menschen.
Das bedeutet: Geschäftsmodell-Transformation ist immer auch Kulturtransformation. Führung, Werte, Vertrauen und Zusammenarbeit sind die eigentlichen Triebkräfte.

Unternehmen, die auf Kontrolle setzen, lähmen Innovation. Unternehmen, die auf Vertrauen setzen, schaffen Geschwindigkeit.
Wer Transformation ernst meint, muss deshalb Räume schaffen, in denen Menschen experimentieren, Fehler machen und lernen dürfen – so wie es Frederic Laloux in Reinventing Organizations beschreibt: Organisationen als lebendige Systeme mit Sinn, Selbstführung und Ganzheit als Prinzip.

Der Blick auf das Geschäftsmodell von morgen

Ein transformatives Geschäftsmodell baut auf fünf Säulen:

  1. Kundenzentrierung – Kunden nicht segmentieren, sondern verstehen. Bedürfnisse antizipieren statt reagieren.
  2. Daten & Technologie – Daten als Lernsystem, nicht nur als Kontrollinstrument.
  3. Adaptivität – Strukturen, Prozesse und Teams sind modular, nicht starr.
  4. Werte & Kultur – Vertrauen, Verantwortung und Sinn sind die Leitwährung.
  5. Partnerschaft & Kollaboration – Kooperation ersetzt Abschottung.

Wer diese fünf Prinzipien in seinem Unternehmen verankert, schafft die Grundlage, Transformation nicht nur zu überleben, sondern zu gestalten.

Der blinde Fleck: Mut zur Selbstdisruption

Das größte Risiko ist nicht die Konkurrenz, sondern das eigene Festhalten am Erfolg von gestern.
Viele Unternehmen scheitern nicht, weil sie zu wenig Ideen haben, sondern weil sie zu lange an alten Denkmustern festhalten.
Transformatives Unternehmertum bedeutet, sich selbst infrage zu stellen – bevor es der Markt tut. Die Frage »Wie sichern wir unseren Erfolg?« sollte daher immer ergänzt werden durch: »Was müssen wir aufgeben, um ihn zu behalten?«

Fazit: Zukunft ist keine Verlängerung der Gegenwart

Zukunft entsteht nicht aus Optimierung, sondern aus Neuerfindung. Geschäftsmodelle, die dauerhaft bestehen, sind solche, die Wandel in ihre DNA integriert haben. Transformation ist keine Phase, sondern eine Haltung.

Wer bereit ist, sich selbst immer wieder zu transformieren, bleibt nicht nur relevant – er wird zum Gestalter seiner Zukunft.

 

Bernhard Stefan Müller mit BoxhandschuhenDer Autor:
Bernhard-Stefan Müller ist Experte für Transformation, Unternehmensaufbau und Restrukturierung.
Mit seinem Team berät er Kunden im DACH-Raum sowie in der MENA-Region.
Beitragsbilder: Burnz Neuner, Depositphotos / BiancoBlue