Simon Neumann ist besser unter dem Namen »FinanzNerd« bekannt. Unter diesem veröffentlicht er auf Social Media Tipps zum Thema Geldanlagen und Steuern und teilt seine große Leidenschaft für Finanzen mit seinen über 750.000 TikTok-Followern, über 360.000 YouTube-Abonnenten und über 190.000 Instagram-Followern (@FinanzNerd). Uns hat Simon im Interview verraten, warum Durchhaltevermögen vor allem am Anfang einer Influencer-Karriere entscheidend ist und warum es heutzutage mehr auf die Online-Visitenkarte ankommt als auf die Kaltakquise.
Viele junge Leute haben heutzutage den Traumjob »Influencer«. Was war deine Motivation, diesen Berufsweg einzuschlagen?
Als wir Mitte 2016 angefangen haben, gab es tatsächlich den Beruf Influencer im Finanz- und Steuerbereich noch gar nicht. Da gab es zwei oder drei Kanäle und die konnten davon noch nicht wirklich leben. Insofern war die Motivation tatsächlich einfach, viele Menschen mit dem zu erreichen, was man täglich macht. Ich war damals schon in der aktiven Beratung von Kunden tätig, aber ich wollte einfach das Wissen mit noch viel mehr Menschen teilen und mal schauen, wie viele man über diesen damals »neuen Weg YouTube« erreichen kann – und das hat ganz gut funktioniert.
Was hättest du zu Beginn deiner Karriere als Influencer gerne gewusst? Für welche Tipps wärst du sehr dankbar gewesen?
Ich hätte gern gewusst, dass man sich selbst nicht so ernst nehmen muss. Natürlich gibt es Menschen, denen gefällt, was man macht, und es gibt auch Menschen, denen gefällt es nicht. Damals war es so: Wenn zehn positive Kommentare gekommen sind und nur ein Kommentar negativ war, dann habe ich mich tatsächlich auf dieses eine negative fokussiert und so geht es auch vielen anderen. Das gehört aber einfach dazu.
Außerdem hätte ich aus der heutigen Sicht gerne gewusst, dass man gar nicht so viel Content liefern muss, wie man eigentlich denkt. Es gab eine Zeit, in der man am besten jeden Tag hochgeladen hat, insbesondere in Kurzplattformen wie Instagram, TikTok und Co. Das ist unserer Meinung nach aber nicht mehr der Fall. Mittlerweile machen wir auch nur noch drei Beiträge die Woche und das reicht für uns vollkommen aus, um zu wachsen.
Welche Charaktereigenschaften und Fähigkeiten sollte ein Influencer vorweisen können, um erfolgreich zu werden?
Zum einen natürlich Kreativität, um coole und vielleicht sogar witzige Inhalte zu erstellen, und zum anderen auf jeden Fall Disziplin – wie in vielen anderen Lebensbereichen. Bei Social Media ist es halt so, dass man zu einem gewissen Punkt davon erstmal gar nichts hat. Es interessiert keinen. Man ist nur am Investieren von Zeit, Mühe und vielleicht sogar Geld und nichts kommt zurück. In dieser Zeit durchzuhalten und diszipliniert zu bleiben, das ist die wichtigste Eigenschaft, die man als Influencer haben kann. Wenn es erstmal funktioniert auf Social Media, dann ist es fast wie ein »Selbstläufer« – man muss dann nur am Ball bleiben. Am Anfang waren das bei uns zwei oder sogar drei Jahre, in denen das kaum Leute interessiert hat und alle uns belächelt haben. Aber dann durchzuhalten, das ist, glaube ich, das Wichtigste, was man als Charaktereigenschaft haben kann.
Inwiefern beeinflussen Influencer die Finanzbranche?
Ich glaube, der Einfluss von Influencern auf die Finanzbranche ist mittlerweile richtig groß. Wir sehen, dass es täglich neue Kanäle von Personen gibt, die aktiv in der Finanzbranche sind und die damit auf Social Media ihr eigenes Marketing betreiben wollen. Die möchten dann vielleicht auch ihre Visitenkarte im Internet haben und dann natürlich auch Kunden gewinnen. Das hat die Finanzbranche bisher nicht gemacht. Da ging es viel um Empfehlungsmarketing, Direktansprachen und Kaltakquise. Das wandelt sich ganz klar und da sieht man den Einfluss der Finfluencer auf die Finanzbranche definitiv. Auch immer mehr Firmen und Banken verstehen, dass sie so einen Online-Account brauchen, weil sie ansonsten fast gar nicht wahrgenommen werden. Da sieht man den Wandel ganz deutlich.
Influencer sind für viele Menschen gleichzeitig Vorbilder. Lässt du dich auch selbst durch andere Influencer beeinflussen oder hast du deine persönlichen Idole woanders gefunden?
Natürlich schauen wir auch, was die anderen Influencer machen und was es gerade für Trends gibt – auch in anderen Bereichen, nicht nur im Finanzbereich. Insofern haben auch andere Finfluencer und Influencer einen Einfluss – sowohl auf unserer Arbeit als auch auf unserem Content. Man kann immer von anderen lernen und sollte nie so arrogant sein zu glauben, dass man schon alles weiß, egal wie weit man ist. Deshalb schauen wir, was der Markt macht.
Die eigenen persönlichen Idole sind aber tatsächlich eher aus anderen Bereichen: aus dem Sport, aber auch viel, was das Thema Mindset angeht. Diese Vorbilder sind eher dort zu finden und nicht unbedingt im Finfluencer-Bereich. Aber uns ist bewusst, dass auch viele Menschen schauen, was so ein Influencer überhaupt macht und wo er vielleicht sein Geld anlegt. Deswegen halten ich mich da auch immer sehr zurück. Ich sage nicht, in was ich investiere, weil ich gar nicht möchte, dass andere das dann einfach blind nachmachen. Dieser Verantwortung muss man sich einfach auch bewusst sein, ob man will oder nicht. Man ist dort in gewisser Weise auch ein Vorbild.
Wie gehst du mit Kritik um?
Bei Kritik kann ich mittlerweile zum Glück ganz gut feststellen, ob es eine konstruktive Kritik ist. Mit solchen muss man ernst umgehen, wenn man sich der Verantwortung eines Kanals bewusst ist. Es gibt natürlich aber auch ganz viel Kritik, wo einfach viel Frust eine Rolle spielt oder jemand möchte im Rahmen dieser Anonymität im Internet seine Meinung kundtun. Da stehen wir halt drüber oder versuchen auch mal, mit einem lachenden Auge zu kommentieren. Ganz oft stellen wir dann fest, dass die Leute uns zurückschreiben und sagen: »Ja, irgendwie war ich doch ein bisschen hart mit meinem Kommentar.« Aber bei manchen macht es auch einfach gar keinen Sinn, in den Dialog zu gehen. Das ist einfach nur Enttäuschung oder eigener Unmut und den können wir dann auch gar nicht an uns ranlassen.
Bild: FinanzNerd