Ben Blaskovic ist nicht nur Schauspieler, er ist auch CEO seiner eigenen Produktionsfirma und findet es gut, so das Große und Ganze der Branche zu überblicken. Außerdem meint er, dass Storytelling nicht nur Sache der Filmbranche ist, denn Menschen lassen sich mit Geschichten auch in anderen Bereichen abholen, auch im Marketing. In unserem Interview erklärt er aus Sicht des Unternehmers zudem, welche Missstände in Deutschland behoben werden müssen, um das Land wirtschaftlich attraktiver zu machen.
Vor sieben Jahren hast du »victus films« gegründet. Das erscheint durchaus plausibel für einen erfolgreichen Schauspieler wie dich. Dennoch: War es spannend, die Seiten zu wechseln?
Ich würde eher sagen, ich habe eine Seite hinzugefügt und es ist natürlich wahnsinnig bereichernd, diese weitere Seite kennenzulernen, das große Ganze eines Filmprojekts zu überblicken und zu organisieren. Jedem, egal ob im Filmbereich oder in der freien Wirtschaft, empfehle ich diesen »Seitensprung« – und wenn es für die Zeit eines Wochenendworkshops ist. Du kannst Prozesse viel besser nachvollziehen, weil du sie selbst durchlebst und kannst die Menschen, die diese Prozesse steuern, viel besser verstehen und somit besser mit ihnen in Kommunikation treten. Als Schauspieler ist die Gründung einer Filmproduktionsfirma natürlich naheliegend, wenn du auch deine eigenen Geschichten verwirklichen möchtest.
Kürzlich habt ihr euer Portfolio modifiziert und den Namen in »victus films & commercials« geändert. Ihr dreht nicht mehr nur Filme für Kino und TV, sondern auch für Unternehmen. Muss man dabei komplett umdenken, oder liegt das gar nicht wo weit auseinander?
Es ist interessant, dass das so wirkt, denn wir produzieren Werbefilme schon von Beginn an, haben es bisher nur noch nicht so offensiv kommuniziert. Da die Firma aber gerade enorm wächst und wir diese Bereiche auch intern personell klar trennen, haben wir uns entschlossen, den Werbebereich auszubauen und das nun auch offensiver zu kommunizieren. Es ist mal wieder die Frage: Was stellst du als Firma in dein Schaufenster – und da steht nun jetzt eben »films« und »commercials«. Und im Grunde liegt es tatsächlich nicht so weit auseinander, denn mit einem guten Werbefilm, zum Beispiel im Bereich Content Marketing, steht ja auch die Story im Vordergrund, die die Menschen emotional packen und an dein Produkt, deine Firma, deine Marke binden soll. Emotionales Storytelling ist für uns als Filmemacher mit jahrelanger Erfahrung im TV und Kino-Bereich natürlich ein Spezialgebiet und unterscheidet uns sicherlich von vielen, vielen anderen Anbietern da draußen.
Deutschland ist das Land der alten Unternehmen. Neue haben es nicht leicht. Wer findest du, kommuniziert besser – die alten oder jungen?
Pauschal lässt sich das nicht beantworten. Es kommt ja immer darauf an, wer – also welche Menschen – die Kommunikation dieser jungen oder alten Unternehmen in die Hand nehmen und inwieweit ein altes Unternehmen bereit ist, Dinge neu zu denken und sich selbst zu erneuern. Das ist oftmals kein leichter Schritt, weil man ja erstmal begreifen muss, dass das, was man macht, eventuell out-dated sein könnte. Das erfordert natürlich ein selbstkritisches, nicht-prätentiöses Wahrnehmen des eigenen Unternehmens und dessen Essenz. Erfolgreiche, frische und seriöse Kommunikation ist ein Mix aus Erfahrung, Innovation und kreatives »Out of the box«-Denken. Und dieses Denken entsteht, wenn die Kreativität atmen kann, wenn man also den Raum und die Zeit für solche kreativen Ideen hat. Diese entwickeln sich doch meist aus einem Gefühl, einer Beobachtung oder aus dem Bauch heraus und man paart es anschließend mit Know-how.
Auch mal den Unternehmer Ben gefragt: Wie siehst du die Zukunft der deutschen Wirtschaft – vielleicht auch der Kreativwirtschaft?
Als Geschäftsführer einer Filmproduktion bin ich natürlich mehr in diesem Feld zuhause und kann nur beurteilen, was vor unserer Filmbiz-Haustüre passiert. Meine Einschätzung für den Commercial-Bereich: Bewegtbild braucht jedes Unternehmen, um Kunden für ihre Marke oder Produkt zu gewinnen und beispielsweise den Kaufdrang signifikant zu erhöhen. Insofern ist das eine Sparte, in der es immer Bedarf geben wird. Nur die Form wird sich verändern. Im Fiction-Bereich muss sich das Filmförderungsmodell schnellstens ändern. Alle Länder um uns herum locken mit «Tax Incentive«-Systemen, nur wir haben diese noch nicht. Die Konsequenz: Viele Projekte – auch unsere – wandern teilweise ins Ausland, wo man 25, 30 oder 35 Prozent seines Invests vom Staat zurückerhält. Momentan ist aber auch etwas hier bei uns in Deutschland in der Mache – es kommt nur zu spät in meinen Augen. Und das sehe ich auch in vielen anderen Wirtschaftsbereichen: Die Förderungen bleiben aus, kommen zu spät, bürokratische Hürden sind zu groß. Oft steht sich Deutschland selbst im Weg. Das ist wirklich traurig.
Unser Gesprächspartner: Ben Blaskovic hat als Schauspieler in deutschen Kinofilmen, wie »Harms« neben Heiner Lauterbach mitgewirkt und war Teil von zahlreichen TV-Produktionen, darunter Filme wie »Die Hebamme«, Serien wie »Die Rosenheim Cops« oder Sendereihen wie »Das Traumschiff« oder »Inga Lindström«. Er hat zudem seine Produktionsfirma »victus films & commercials« mit Sitz in Grünwald bei München gegründet und entwickelt gerade einen Kinofilm über den Extremsegler Boris Herrmann.
Bild: Nils Schwarz