Die Unternehmenskultur unterliegt einem steten Wandel, und Entwicklungen, wie zum Beispiel digitalisierte Prozesse, erfordern eine Neubetrachtung der zwischenmenschlichen Ebenen in einem Unternehmen. Untersuchungen haben hierzu ergeben, dass die Produktivität des Teams steigt, wenn das Miteinander von Respekt und Wertschätzung geprägt ist. Deswegen ist entsprechendes Beziehungsmanagement für Unternehmer die Aufgabe der Zukunft. Denn das trägt zum Erfolg eines Unternehmens bei, erklärt Expertin Christine Steinleitner in unserem Interview, und sie erklärt, wie Unternehmer vom Vorgesetzten zum Mentor werden können.
Frau Steinleitner, als Coach fokussieren Sie sich auf zwischenmenschliche Beziehungen – meist innerhalb einer Familie. Aber welche Rolle spielt das menschliche Miteinander eigentlich für den Erfolg eines Unternehmens?
Die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen im Unternehmenserfolg ist von unschätzbarem Wert. In der heutigen globalisierten und digitalisierten Geschäftswelt sind starke zwischenmenschliche Beziehungen ein zentraler Erfolgsfaktor. Diese Beziehungen erstrecken sich nicht nur auf die Beziehung zwischen Mitarbeitern, sondern auch auf Kunden, Lieferanten und anderen Stakeholdern.
Effektive Beziehungen tragen dazu bei, die Kommunikation zu verbessern, Vertrauen aufzubauen und Konflikte konstruktiv zu lösen. Sie fördern die Teamarbeit und schaffen eine positive Unternehmenskultur, in der Mitarbeiter motiviert und zufrieden sind. Zudem stärken starke Kundenbeziehungen die Markenloyalität und tragen zur Unternehmenserfolg bei.
Unternehmen, die die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen erkennen und fördern, sind in der Lage, ihre Produktivität zu steigern, Innovationen voranzutreiben und sich besser an verändernde Marktanforderungen anzupassen. Insgesamt tragen gut gemanagte zwischenmenschliche Beziehungen maßgeblich dazu bei, langfristigen Unternehmenserfolg zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Dass die Qualität der Unternehmenskultur deutliche Auswirkungen auf die Produktivität hat, ist durch Untersuchungen bestätigt. Deswegen gilt eine hohe Beziehungskompetenz auch als »Future Skill«. Aber wann kann man eigentlich von gelungenem Beziehungsmanagement sprechen, und inwiefern lässt sich dies erlernen?
Positives und gelingendes Beziehungsmanagement zeichnet sich durch ein hohes Maß an Empathie, Kommunikationsfähigkeiten, Konfliktlösungskompetenz und den Aufbau von Vertrauen aus. Es beinhaltet das Verständnis der Bedürfnisse, Erwartungen und Perspektiven anderer. Diese Fähigkeiten können erlernt und entwickelt werden. Coachings, Seminare, Schulungen und praktische Erfahrungen sind Wege, um die Beziehungskompetenz zu verbessern. Wichtig ist, die Bereitschaft zur Selbstreflexion und zur kontinuierlichen Verbesserung zu fördern.
Gelingendes Beziehungsmanagement ist notwendig und gelungen:
Kommunikation: Effektive Kommunikation ist entscheidend. Klare, offene und respektvolle Kommunikation schafft ein besseres Verständnis zwischen Mitarbeitern und fördert die Zusammenarbeit.
Vertrauen: Vertrauen ist die Grundlage jeder erfolgreichen Beziehung. Mitarbeiter müssen ihren Vorgesetzten und Kollegen vertrauen können. Dies fördert die Zusammenarbeit und die Bereitschaft, Risiken einzugehen.
Empathie: Empathie ermöglicht es, die Bedürfnisse und Perspektiven anderer zu verstehen. Es fördert Mitgefühl und unterstützt bei der Konfliktlösung.
Konfliktlösung: Konflikte sind unvermeidlich, aber wie sie gelöst werden, ist entscheidend. Die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv und respektvoll anzugehen, ist von großer Bedeutung.
Teamarbeit: In vielen Unternehmen ist Teamarbeit unerlässlich. Die Fähigkeit, in einem Team effektiv zusammenzuarbeiten, Beiträge anzuerkennen und gemeinsame Ziele zu verfolgen, ist entscheidend.
Wertschätzung: Mitarbeiter sollten sich wertgeschätzt fühlen. Anerkennung und Wertschätzung ihrer Leistungen tragen zur Motivation und Mitarbeiterbindung bei.
Vielfalt und Inklusion: Unternehmen sollten eine Kultur fördern, die Vielfalt und Inklusion unterstützt. Dies schafft eine integrative Umgebung, in der alle Mitarbeiter gleiche Chancen und Anerkennung erhalten.
Zeitmanagement: Effektives Zeitmanagement hilft, Arbeitsbeziehungen zu fördern. Es zeigt Respekt vor der Zeit anderer und sorgt für pünktliche Meetings und Fristen.
Feedback: Regelmäßiges Feedback, sowohl positiv als auch konstruktiv, ist wichtig, um die persönliche und berufliche Entwicklung zu unterstützen.
Diese Aspekte tragen dazu bei, ein positives Arbeitsumfeld zu schaffen, das die Produktivität, die Zufriedenheit der Mitarbeiter und letztendlich den Unternehmenserfolg fördert.
Beziehungsmanagement zu erlernen, ist das eine – diese Fähigkeit aber in eine bereits bestehende Unternehmenskultur zu integrieren, etwas anderes. Wie können solche Soft Skills neu in ein Unternehmen eingebracht und dort gefestigt werden? Und von wem sollte eine solche Veränderung ausgehen?
Die Integration von Soft Skills wie Beziehungskompetenz in eine bestehende Unternehmenskultur zu intergieren, erfordert einen umfassenden Ansatz. Führungskräfte sollten als Vorbilder dienen und die Bedeutung dieser Fähigkeiten betonen. Eine Kultur des Vertrauens, der offenen Kommunikation und der Wertschätzung von Vielfalt und Diversität sollte gefördert werden. Es ist wichtig, klare Ziele und Bewertungskriterien für Soft Skills festzulegen, um deren Entwicklung und Integration zu unterstützen. Dies sollte eine kollektive Anstrengung sein, bei der sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter involviert sind.
Der Begriff Beziehungsmanagement ist eng mit einem weiteren Schlagwort verbunden – dem des New Leadership. Worum geht es bei diesem Konzept und warum wird erfolgreiches Beziehungsmanagement als Voraussetzung für New Leadership gesehen?
Der Zusammenhang zwischen New Leadership und Beziehungsmanagement, beziehungsweise Beziehungskompetenz ist eng miteinander verknüpft und spielt eine entscheidende Rolle in modernen Führungsansätzen.
New Leadership betont die Bedeutung von Empathie, sozialer Verantwortung und dem Aufbau von starken zwischenmenschlichen Beziehungen in der Führung. Führungskräfte, die nach den Prinzipien des New Leadership handeln, sehen sich nicht nur als Vorgesetzte, die Anweisungen erteilen, sondern auch als Unterstützer, Mentoren und Coaches ihrer Mitarbeiter. In dieser Rolle ist Beziehungskompetenz von zentraler Bedeutung.
Beziehungskompetenz umfasst die Fähigkeit, empathisch zuzuhören, Vertrauen aufzubauen, effektiv zu kommunizieren und Konflikte konstruktiv zu lösen. Diese Fähigkeiten sind wesentlich, um eine positive Beziehung zwischen Führungskräften und Mitarbeitern aufzubauen. Wenn Führungskräfte ihre Mitarbeiter verstehen, deren Bedürfnisse und Anliegen berücksichtigen und in der Lage sind, ein vertrauensvolles Umfeld zu schaffen, führt dies zu einer höheren Mitarbeiterzufriedenheit und Motivation.
Darüber hinaus fördert Beziehungskompetenz auch den Aufbau starker Teams. In der modernen Arbeitswelt, die oft von Teamarbeit geprägt ist, sind die Fähigkeiten zur Förderung von Zusammenarbeit und einem positiven sozialen Umfeld von entscheidender Bedeutung. Führungskräfte, die über Beziehungskompetenz verfügen, können Konflikte in Teams erfolgreich bewältigen und die Teammitglieder dazu ermutigen, effektiv zusammenzuarbeiten.
Zusammengefasst besteht der Zusammenhang zwischen New Leadership und Beziehungsmanagement darin, dass erfolgreiche Führungskräfte im Rahmen des New Leadership-Ansatzes auf Beziehungskompetenz setzen, um eine positive, unterstützende und motivierende Umgebung zu schaffen. Diese Umgebung wiederum fördert das individuelle und kollektive Wohlbefinden der Mitarbeiter und trägt dazu bei, die Unternehmensziele zu erreichen. New Leadership und Beziehungskompetenz sollten Hand in Hand gehen, um eine moderne, menschenzentrierte Führung zu ermöglichen.
Vom Fachkräftemangel über eine nur schleppend anlaufende Digitalisierung bis hin zu Diskussionen rund um Homeoffice und Vier-Tage-Woche – an Herausforderungen mangelt es schon allein in der Arbeitswelt nicht. Was meinen Sie, wie sich unser Umgang miteinander verändern wird und welche Auswirkungen dies auf die Bereiche Führung und Management haben wird?
Die Arbeitswelt unterliegt einem ständigen Wandel, der durch technologische Fortschritte, die Globalisierung und die zunehmende Diversität der Belegschaft, der Teams und der Führungskräfte beeinflusst wird. In Zukunft wird der Umgang miteinander geprägt sein von vermehrtem Einsatz von Remote-Arbeit, virtuellen Teams und flexiblen Arbeitszeiten. Aber auch psychologische Sicherheit und Zukunftsängste spielen in Zeiten von Krieg und Inflation eine neue Rolle. Dies erfordert eine noch größere Betonung von Beziehungskompetenz, um die Zusammenarbeit und den sozialen Zusammenhalt aufrechtzuerhalten. Führung und Management werden sich auf dezentralere Modelle verlagern, die auf Vertrauen, Empathie und Kommunikation setzen, um die Bedürfnisse der Mitarbeiter in dieser veränderten Arbeitswelt zu erfüllen. Führungskräfte müssen sich mehr anpassen und weiterentwickeln, um den Anforderungen dieser neuen Ära gerecht zu werden. Die Gen Z steht in den Startlöchern und legt beispielsweise jetzt schon viel mehr Wert auf zwischenmenschliche Beziehungen am Arbeitsplatz, auf Nahbarkeit, flache Hierarchien, Empathie, Selbstbestimmung und Vertrauen. Das alles sind Grundbedürfnisse der Beziehungskompetenz.
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Info: Christine Steinleitner ist Coach, Beraterin und Dozentin. Ihre Schwerpunkte sind positive Beziehungskompetenz und gelingendes Beziehungsmanagement.
Bild: Mathias Müller aka @Portraitphoto.mm