Michael Jagersbacher-Bildquelle _ Doris Mike

Kann man mit einem Sachbuch reich werden?

Reich werden mit dem Verkauf ihres Buches: Das möchten viele Autoren. Es wird viel versprochen, viele Erfolge nach außen getragen, doch wie ist es wirklich um die Honorare im Sachbuch-Bereich bestellt? Michael Jagersbacher, südsteirischer Ghostwriter und Content-Experte, gibt Einblicke in die Welt des Verlagswesens und verrät, an welchen Rädern man drehen muss, um wirklich Geld zu verdienen.

Herr Jagersbacher, welche Voraussetzungen müssen Autoren mitbringen, um mit einem Sachbuch Aussicht auf finanziellen Erfolg zu haben?

Die Wahrscheinlichkeit, als Newcomer am Buchsektor tausende und abertausende Bücher zu verkaufen, geht gegen Null. Natürlich gibt es immer wieder Ausreißer nach oben, doch die Wahrscheinlichkeit gleicht eher einem Lottogewinn. Das ist auch völlig klar: Man muss sich erst einen Namen und eine Community aufbauen, um dann ein Buch gewinnbringend auf den Markt zu bringen. Viele Leute träumen von einem Schicksal á la J. K. Rowling. Wie viele solcher Erfolgsstorys kennen Sie? Außerdem ist der Sachbuch-Bereich ganz anders gestrickt als der Belletristik-Bereich. Ich möchte vor überzogenen Erwartungen, was die Menge der Buchverkäufe betrifft, warnen. Alles, was als Newcomer über 5.000 Exemplare verkauft werden kann, ist ein durchaus beachtenswerter Erfolg. Nur reich wird man dadurch nicht.

Wie groß ist der Einfluss eines Verlags auf den finanziellen Erfolg eines Sachbuchs?

Der Einfluss ist schon recht groß. Man muss sich vor Augen halten, dass ein großer Verlag seine Reputation und sein Netzwerk über Jahrzehnte aufgebaut hat. Dementsprechend gibt es auch eine große Fan-Leserschaft, die auf die Expertise des Verlags bei der Auswahl von Themen vertraut. Ein gewisser Grundabsatz an Exemplaren kann daher angenommen werden. Allerdings wird es auch hier nicht zu abertausenden verkauften Werken reichen. Es ist vielmehr die Kombination aus Thema + Zeitgeist + Verlag + Autor + Marketing + Glück , die für hohe Umsatzzahlen sorgt. Wenn man sich nur auf einen Punkt verlässt, verliert das Netzwerk an Kraft. Am besten ist es, überall das Maximum anzustreben und sich auf nichts zu verlassen.

Gibt es Themen oder Genres innerhalb des Sachbuchmarkts, die besonders lukrativ sind?

Das hängt ein wenig vom Zeitgeist ab und davon, was gerade aktuell in den Medien bespielt wird. Da man ein Buch nicht von heute auf morgen auf den Markt bringen kann – und auch gar nicht soll – ist das der Punkt, den man am wenigsten beeinflussen kann. Man soll sich auf keinen Fall verbiegen. Nur, weil vielleicht Spiritualität gerade modern ist, bringt es sehr wenig, wenn man sich als Experte für Agile-Leadership nun auf dieses Thema spezialisiert. Vielleicht sorgt das für 100 verkaufte Exemplare mehr, aber die eigene Positionierung gerät dadurch massiv unter Beschuss. Folgeaufträge bleiben aus und im schlimmsten Fall hat man sich sein eigenes Personal Brand zerstört.

Welche Verkaufszahlen muss ein Sachbuch erreichen, damit der Autor von den Einnahmen leben könnte?

Je nach Verlag kann man mit 1,50 bis 3 Euro pro verkauftem Exemplar rechnen. Man müsste also 10.000 Bücher verkaufen, um 30.000 Euro Umsatz zu erzielen. Das hört sich gut an, weist jedoch drei Haken auf:

  1. Um 10.000 Bücher verkaufen zu können, muss man als Autor entweder schon sehr bekannt sein oder sehr viel Geld ins Marketing stecken, was dafür sorgt, dass von den 30.000 Euro Erlösen nur mehr 10.000 Euro oder weniger übrigbleiben.
  2. Es schaffen nur sehr wenige Sachbücher, diese Zahl zu erreichen. Jemand, dem es eindrucksvoll gelungen ist, mit 8 Millionen verkauften Exemplaren, ist Giulia Enders mit ihrem »Darm mit Charme«.
  3. Um dauerhaft von den eigenen Buchverkäufen leben zu können, müsste man diese Menge jedes Jahr verkaufen. Ein beinahe unmögliches Unterfangen im deutschsprachigen Raum – zumindest für Erstlingswerke.

Welche zusätzlichen Einnahmequellen können sich aus einem erfolgreichen Sachbuch ergeben?

Es gibt eine Reihe und Fülle an Möglichkeiten, Einnahmequellen aus Buchverkäufen zu realisieren. Von Coaching- oder Consulting-Angeboten über Speaker-Auftritte bis hin zu Seminaren – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und genau so sollte man ein eigenes Buch auch sehen: als Sprungbrett dafür, Sichtbarkeit zu erlangen und für die Zielgruppe interessant zu werden. Als Buchautor wird man interessant für Medien und Presse, sodass man automatisch mehr Sichtbarkeit erlangt. Und wer weiß, vielleicht werden die anschließenden Werke Bestseller, von denen man theoretisch leben könnte.

Unser Gesprächspartner: Michael Jagersbacher ist Autor, Ghostwriter von über 40 Sachbüchern und Herausgeber des Finanzmagazins Creditanstalt, dem Wirtschaftsportal Steirische-Wirtschaft und der Buchplattform Buchinsider.

 

 

 

Bilder: Doris Mike, Michael Jagersbacher