Einfach einen Befehl formulieren – und schon kann man einem Chatbot »sagen« was er zu tun hat, um zum Beispiel eine Social Media Strategie auf LinkedIn zu kreieren, mit der man schnell die richtigen Klienten und Klientinnen anzieht. Damit kann das Problem eines eventuell leeren Terminkalenders schnell gelöst werden. Unglaublich? Nein. Realität im Jahr 2023. Dieser Befehl an die KI liest sich ungefähr so:
»Verwende ein Emotion_logic-Framework, um eine Marketingkampagne zu erstellen, die sich an CFOs wendet und das Bedürfnis für mein Produkt weckt. Nutze emotionale Appelle um eine Verbindung zum Leser aufzubauen, füge Gesprächspunkte wie Verzweiflung, stagnierende Auftragseingänge hinzu«
Als ich diesen Prozess der Künstlichen Intelligenz als Vorteil verstanden hatte, gab mir das eine völlig neue und starke Perspektive zum Thema »Entlastung im Job«.
Meine Neugierde ließ mich auf den Geschmack kommen, und somit nutze auch ich diese Möglichkeiten: Auf meiner Facebook-Seite antwortet ein Chatbot, und Merlin* (die ChatGPT Plus App) sucht manchmal eine schöne Zusammenfassung eines Posts potenzieller Klienten und Klientinnen für mich heraus, damit ich gezielt antworten kann und somit sichtbarer für diese werde. Durch solche Anwendung gewinnen Seitenbetreiber Zeit – und im Idealfall die richtigen Kunden.
Aber auch die Kritik an der künstlichen Intelligenz hat eine Berechtigung, die genannt werden sollte:
Relevanz: Wir sind noch nicht auf die Konsequenzen der KI vorbereitet
Ich lese von neuen Büchern, die von Robotern geschrieben wurden und von Robotern, welche die Stimmen verstorbener Menschen imitieren. Ganz ehrlich – während des Lesens begleitete mich ein Schauern auf meiner Haut.
Und da ist sie, die Künstliche Intelligenz – in jedem Lebensbereich hat sie sich eingeschlichen – aber wir sind gesellschaftlich darauf einfach noch nicht ganz darauf vorbereitet. So großartig die Möglichkeiten auch sind, so sehr sorgen sie auch für Beunruhigung.
Wo darf KI eingesetzt werden?
Ist es ethisch noch vertretbar, den Roboter anzuweisen, die möglicherweise tiefen Wunden der Klienten und Klientinnen zu heilen, um selbst möglichst schnell Geld verdienen zu können?
Wahrscheinlich ist es hierfür schon etwas spät, denn diese Marketingstrategie, von Menschenhand geschrieben, funktioniert so schon seit einigen Jahren.
Doch wie weit wollen wir diese Grenze wirklich ausdehnen? Inwiefern wollen wir Robotern all unser Wissen und all unsere Emotionen, unsere Schmerzen sowie unsere Erfahrung geben?
Was darf die KI alles tun?
Dürfen wir eigentlich »Gott« spielen, und Roboter Stimmen von Verstorbenen geben? Hören wir Elvis wieder singen? Steigt da dem ein oder anderen »Creator« die Macht etwas zu Kopf?
Wie sieht unser zukünftiges Leben aus – mit künstlicher Intelligenz? Wie erwähnt: Auch ich bin auf den Geschmack der KI gekommen und sehe dennoch ein weiteres wichtiges, wirtschaftliches Thema: Was passiert mit den Arbeitsplätzen von Menschen, die durch KI ausgetauscht werden?
Bereits jetzt ist es für (Wieder-)Berufseinsteiger härter als je zuvor. Denn schon diejenigen, die technisch und beruflich am Ball geblieben sind, kommen mit dem rapiden Umschwung gerade so zurecht. Wie geht es dann beispielsweise einer Mutter, die sich in den ersten Jahren um das Kind kümmerte und den Wiedereinstieg in die Berufswelt wagt? Gibt es ihren Job dann überhaupt noch, und wenn ja, was muss sie alles neu dazu lernen? Es sei erwähnt, dass das ist eine subjektive Wahrnehmung aus meiner Coaching-Praxis ist; ich lade also zur aktiven Diskussion ein.
Wie wird die Arbeitswelt zukünftig aussehen?
Den Steuerberater gibt es mittlerweile schon als »App to go«. In einer Autobahnraststätte an der Grenze zu Österreich bedient inzwischen ein Roboter neben dem menschlichen Servicepersonal. Eine geniale Lösung für den Unternehmer: Kosten senken – Gewinn maximieren. Die Frage allerdings ist: Was passiert mit der Servicekraft, die durch den Roboter ersetzt wurde und die in ihrem Leben nichts anderes gemacht hat, als im Restaurant zu arbeiten?
Ich könnte nun gefühlt zigtausend Beispiele nennen, bei denen mir auffällt, dass der Mensch an sich, theoretisch, nicht mehr gebraucht werden könnte.
Was ist mit unserer spirituellen Entwicklung?
Der spirituelle Aspekt fügt sich hier wie folgt ein: Sind wir nicht auf der Erde, um eine Erfahrung zu machen? Das Leben zu spüren, mit all unseren Sinnen zu erleben und unsere Bedürfnisse zu befriedigen?
Schauen wir uns einmal die Maslow’sche Bedürfnispyramide an – ein Modell des 1970 verstorbenen US-Psychologen – die aber heute noch Anwendung findet. Sie ordnet die Bedürfnisse der Menschheit bis hin zur Selbstverwirklichung ein und beginnt dabei mit den physiologischen Bedürfnissen, den Sicherheitsbedürfnissen, den sozialen Bedürfnissen, den Individualbedürfnissen und endet mit der anzustrebenden Selbstverwirklichung – als Weg zu einem glücklich erfüllten Leben. Das sollte doch ursprünglich unser aller Begehren sein?
Die künstliche Intelligenz nagt an den Grundbedürfnissen – denn ohne Job kaum Grundversorgung –, wackelt an den Sicherheitsbedürfnissen und wirbelt die sozialen Bedürfnisse durcheinander. Es gibt viele Menschen, die sehr gerne miteinander interagieren – vor allem im Beruf. Das menschliche Wesen braucht das als Bindeglied einer Gesellschaft.
All diese Gründe führen wahrscheinlich dazu, dass derart innovative Ideen erst einmal abgelehnt werden könnten. Zumindest bei Menschen, welche auf persönlichen Umgang statt auf Technik setzen. Und das ist auch verständlich.
Nicht nur als spirituelle Expertin, sondern auch als angehende Wirtschaftspsychologin wünsche ich mir eine bessere Aufklärung sowie Richtlinien im Umgang und last but not least: eine Stärkung persönlicher Bindungen – beruflich wie privat.
Sicherheit als positiver Aspekt zur Veränderung durch KI
Wollen wir nicht alle, dass unsere Fragen von den Erschaffern der KI beantwortet werden? Dass sichergestellt wird, dass all unsere Bedürfnisse gedeckt bleiben? Würden wir uns da nicht besser fühlen?
Ich möchte an alle User und Userinnen einen Aufruf starten, behutsam und verantwortungsvoll mit dieser neuen Art von Intelligenz und der dazugehörigen Macht umzugehen. Verantwortlich in puncto Grenzen setzen und verantwortlich mit den Bedürfnissen der Mitmenschen. Schön wäre eine Art Ethikkommission als Regulationsinstrument sowie Umschulungsangebote für Menschen, die im Unternehmen durch die KI ersetzt werden. Somit würden auch keine allzu großen finanziellen Belastungen für unseren Staat entstehen. Für mich ein klarer Aufruf an Human Ressource Department sowie Unternehmer und Unternehmerinnen, die, wenn sie diese Stellen durch KI ersetzen, einen Plan vorweisen sollten, wie sie betroffenen Menschen unterstützen werden, sich neu zu orientieren.
Mein Fazit: Ich glaube, dass die KI viele Vorteile hat und wir die Chancen nutzen dürfen. Als Voraussetzung dafür sollten wir aber ethische Grenzen beachten und dabei unsere Mitmenschen nicht vergessen. Somit wird vermieden, dass wir uns selbst ersetzen.
Die Autorin:
Saskia Winkler ist selbstständige Coachin, Speakerin und Mentorin sowie ERFOLG Magazin Top Expertin für Spiritual Leadership.
Bilder: Depositphotos / ktsdesign; Ulrike Sommer