Onlinehandel: Preisdifferenzierung ist nicht gleich Preisdiskriminierung

Onlinehandel: Preisdifferenzierung ist nicht gleich Preisdiskriminierung

Ein fester Preis für die ganze Saison war gestern – auch im Onlinehandel. Heute können Onlinehändler dank fortschrittlicher Internettechnologien in immer kürzeren zeitlichen Abständen Wettbewerbspreise und andere Faktoren analysieren und die eigenen Verkaufspreise anpassen.

Wohl jedem Autofahrer ist es inzwischen aufgefallen: An der Tankstelle ändern sich die Preise meist mehrmals täglich. Morgens im Berufsverkehr sind die zu zahlenden Beträge oft schmerzvoller als später während des Arbeitstags, und zum Feierabend sieht die Forderung an den Geldbeutel schon wieder ganz anders aus. Über Google Maps kann ich von unterwegs in Echtzeit überblicken, wo das Tanken gerade am günstigsten ist. Hier sieht man deutlich: Alle Beteiligten sind miteinander vernetzt und reagieren wie einzelne Tropfen in einem fließenden Gewässer aufeinander.

Einheitspreise und ein Standardsortiment sind im Onlinehandel schon lange passé. Was man als Kunde zu welchem Preis angezeigt bekommt, kann von vielen Faktoren abhängen. Immer mehr Anbieter sammeln die Daten ihrer Besucher nach Interessen, Kaufverhalten, Herkunft, Geschlecht, Alter und vielen anderen Kategorien und werten sie zielgerichtet aus. So kann es vorkommen, dass sich die angezeigten Preise von Besuch zu Besuch ändern – und auch von Person zu Person. Das kann sowohl für den Händler als auch gegebenenfalls für den Kunden mit Vorteilen verbunden sein, führt aber zu einer Ungleichbehandlung und stößt damit gesellschaftlich auf breite Ablehnung. Die Verbraucherzentrale hat sogar jüngst zu einer Kampagne gegen diese Form der Diskriminierung aufgerufen.

Mit differenzierten Preisen im Vergleich zum Wettbewerb und in Anpassung an die Nachfrage lässt sich jedoch auch schon unwahrscheinlich viel bewegen. Je öfter das System die Preise im Netz abgleicht, desto größer sind die Verkaufschancen. Die Dynamik lohnt sich vor allem für Saisonartikel. Für Bücher gilt nach wie vor in Deutschland die Buchpreisbindung. Buchhändler können von dieser Strategie daher zumindest für ihr Buchsortiment nicht profitieren, mit Ausnahme des Gebrauchtbuchmarkts.

Von der Quantität abhängige Preisgestaltungen wie Mengenrabatt oder Nachlass auf wiederholte Zustellungen im Abo sind zusätzlich möglich und sinnvoll. Stamm- und Neukunden können ebenfalls preislich unterschiedlich behandelt werden. Diese Vorgehensweise sollte jedoch gut überlegt sein, da dies von subjektiv benachteiligten Kunden als unfair eingestuft werden kann, was sich negativ auf die Eigenmarke auswirkt.

Auch die EU hat das Thema Preisdifferenzierung im Blick und hat eine Reihe von Regelungen dazu erlassen: Preise müssen nach wie vor nicht festgesetzt werden und ausdrücklich zugelassen bleiben die unverbindlichen Preisempfehlungen. Neu sind jedoch Vorgaben, inwiefern der Informationsaustausch zwischen Herstellern und Händlern zulässig ist. Dieser kann im Onlinehandel automatisiert laufen und dadurch höchst effizienzfördernd sein. Auch für den Hersteller ist es interessant zu erfahren, wie viel zu welchem Preis verkauft werden konnte, um so seine Planungen danach auszurichten. Eine gemeinsame Absprache für künftige Preisgestaltungen ist jedoch nicht zulässig. Auch eine Preisdiskriminierung von Kunden aufgrund von Staatsangehörigkeit oder Wohnsitzland ist nach EU-Vorschriften nicht zulässig. Gewisse Preisunterschiede können jedoch gerechtfertigt sein, was zum Beispiel die Versandkosten angeht. Auch die Mehrwertsteuersätze sind nicht überall identisch.

Verbraucher haben Anspruch auf eine vollständige Preistransparenz. Nach den EU-Vorschriften sind Händler verpflichtet, diese zu informieren, wenn der Preis auf Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung und Profilerstellung des jeweiligen Konsumverhaltens personalisiert wurde. Somit ist alles geregelt für einen fairen und dynamischen Onlinehandel.

Wer sich entschließt, selbst in das Onlinegeschäft einzusteigen, braucht sich nicht auf eigene Faust in sämtliche Regularien einzuarbeiten, sondern bucht mit einem geeigneten Shopsystem-Anbieter sämtliche Leistungen und das vollständige Know-how in allen Belangen des E-Commerce-Rechts gleich mit. Mit einem Warenwirtschaftssystem wiederum können die Preise und Aktionen des Wettbewerbs beobachtet und die eigene Strategie automatisch danach ausgerichtet werden. Auch die Platzierung in Preisvergleichsportalen kann darüber erfolgen sowie eine Vielzahl an zusätzlichen Maßnahmen für eine maximale Skalierung des eigenen Shops.

 

Fabian SieglerDer Autor: Fabian Siegler ist Sachverständiger für Dropshipping und Internetmarketing beim Bundesverband Deutscher Sachverständiger und Fachgutachter e. V. und ERFOLG Magazin Top Experte für Onlinehandel. Zusammen mit seiner Partnerin Jasmin Hoffmann hat er bereits mehrere E-Commerce-Unternehmen gegründet.

Bilder: Droptienda, Depositphotos / ridofranz