Der König von Mallorca feiert seinen 75. Geburtstag zu Hause in Dülmen, alleine mit seiner Frau Ramona. Statt Hits wie „Ein Bett im Kornfeld“ für seine Fans zu schmettern, sitzen die beiden seit vier Wochen alleine zu hause im Münsterland und sehen in den Nachrichten die leergefegte Strandpromenade vom Ballermann: „Unfassbar!“. Seinen Humor hat Jürgen Drews, getreu des Mottos „Scheiß egal, die Party geht weiter“, anscheinend nicht verloren. „Unfassbar“ ist nämlich auch der Titel seines neuesten Hits, der seit heute als Geburtstagsgeschenk für seine Fans auf YouTube abrufbar ist.
Wir freuen uns mit dem Schlager-König, gratulieren herzlich und bringen anlässlich seines 75. Geburtstag ein Interview, das Herausgeber Julien Backhaus mit ihm 2017 führte.
Der ewig junggebliebene Jürgen Drews spricht über Erfolgsstrategien und den Umgang mit Geld.
Herr Drews, kaum jemand ist so lange so erfolgreich in der Schlagerbranche wie Sie. Mit über 70 haben Sie jetzt noch ein neues Album herausgebracht. Wo ist denn Ihr Jungbrunnen?
Erstens sind es die Gene. Zweitens musst Du Deine Gene auch so bedienen, dass Du nicht alles wieder kaputt machst, was der liebe Gott Dir mitgegeben hat. Du musst Dich in Deiner Haut und vor allem mit Deiner Umgebung wohlfühlen. Ich liebe meine Frau über alles, Ramona ist genau die richtige Frau für mich. Wir haben eine wunderbare Tochter, ich habe einen tollen Sohn aus erster Ehe. Und wenn Du nicht krank wirst oder irgendetwas Unvorhergesehenes passiert, kannst du ein schönes Leben führen.
Sie haben in Ihrer Branche bestimmt auch schon viele Leute scheitern sehen. Woran lag das in der Regel?
Häufig liegt es daran, dass viele Leute einfach nicht konstant weiter arbeiten. Viele begreifen auch gar nicht, dass das richtig Arbeit ist. Mein Hobby ist es zum Glück, im Studio zu sitzen und zu komponieren, irgendwas einzusingen, auch wenn ich mir oft sage, das werde ich nie veröffentlichen. Ich habe vor 30 Jahren sogar ein Jazzalbum gemacht, das werde ich jetzt vielleicht einmal ins Netz stellen. Ich wolllte einfach nur Musik machen. Angefangen habe ich ja mit den Les Humphries Singers, mit englischer Musik. Wenn ich heute mit Band auf der Bühne stehe, mache ich das oft ohne Vorprogramm. Da stehe ich zwei Stunden 45 Minuten auf der Bühne. Man muss also hart arbeiten und Ziele haben.
Viele wissen ja auch gar nicht, dass Sie mit englischer Musik angefangen haben.
Ja, anfangs habe immer nur Englisch gesungen. Schon während des Abiturs war ich der Gitarrist einer Gruppe. Bei mir war die Abiturszeit ein bisschen länger, ich bin beim ersten Mal nämlich durchgefallen. Ich habe immer lieber Gitarre oder Banjo gespielt, statt mich mit den Buddenbrooks zu beschäftigen. Wer Thomas Mann ist, wusste ich ja. Da hab ich mich mit seinen Werken gar nicht weiter beschäftigt. Und genau in dieser Thematik wurde ich im mündlichen Abitur geprüft. Zu dieser Zeit war ich in einer Band, da haben wir nur Englisch gesungen und haben in den USA sogar schon eine Platte veröffentlicht.
Hat denn ein Jürgen Drews auch mal eine kreative Blockade?
Weiß ich nicht, ich glaube, ich habe immer eine Blockade. Denn die meisten Sachen, die ich mir im Studio erarbeite, werden nichts oder ich veröffentliche sie gar nicht. Nein, ich habe eigentlich keine Blockade. Ich mache immer irgendetwas. Und wenn es so sein sollte, suche ich mir einfach einen der 50, 100 oder 150 Titel, die ich nie veröffentlicht habe, heraus und mache einen Partytitel daraus.
Sie haben gerade gesagt, Sie sind sehr diszipliniert bei der Arbeit, machen immer weiter Musik. Haben Sie sich über die Jahre und Jahrzehnte selbst Management-Prinzipien aufgebaut, nach denen Sie handeln und arbeiten?
Ja, habe ich. Ich habe nur einmal einen Manager gehabt, von dem ich mich blöderweise wegen einer Lappalie getrennt habe. Der hat später dann Peter Maffay aufgebaut. Wir sind immer Freunde geblieben und als er Peter Maffay richtig an der Spitze hatte, da hat er auch damit aufgehört, ist wieder auf die Uni gegangen und hat Philosophie studiert. Unglaublich. Das war der einzige deutsche Manager von dem ich bis heute denke, dass ich hätte bei ihm bleiben sollen. Es ist völlig egal, ob Du da 20 Prozent oder 25 Prozent zahlst. Das selbe Problem haben wir gerade auch mit unserer Tochter Joelina. Sie sagt, ich brauche einen Manager und ich brauche eine Plattenfirma. Und ich sage ihr immer, Du brauchst gar nichts, Du musst nur selbst wissen, was Du willst und Dir die ersten Titel erarbeiten. Sie hat jetzt glaube ich 20 oder 25 Titel, davon hat sie, soweit ich weiß, zehn fertig. Nun muss sie sich entscheiden, welchen Titel sie nimmt. Ich sage, Du brauchst kein Management, das diese Entscheidung für Dich trifft. Teste es überall aus. Das macht sie jetzt. Vielleicht trifft sie irgendwann einen Amerikaner, der ihr ein gutes Angebot macht und dann ist sie drüben. Heute ist das Geschäft aber auch völlig anders als früher. Mittlerweile kannst du dir bei Spotify alles runterladen.
Sind diese Neuerungen, das Digitalgeschäft, denn positiv für die Musik industrie?
Ja, für die Plattenfirmen ist es gut, die verdienen ganz gut mit. Die wissen immer, wo sie bleiben. Für die Interpreten und die Autoren lohnt es sich nicht.
Ist es wichtig, dass sich Künstler im Geschäftsleben zurechtfinden und vielleicht sogar etwas dazulernen?
Das würde ich jedem raten. Man sollte auch seine Steuern zahlen. Viele überlegen gerade, ob sie Steuern zahlen müssen. Ich bin selbst mal in so eine Kalamität gekommen. Das war noch zu Kornfeld-Zeiten, da war ich so benebelt, dass ich einfach vergessen habe, dass ich ein paar Sachen schwarz gemacht habe. Das habe ich nie wieder gemacht. Wissen Sie, wie viel mich das gekostet hat? 59.000 Mark. Das heißt, in meiner Progression musste ich fast 1,9 Millionen Mark verdienen, ehe ich die erste Mark wieder für mich hatte. Das habe ich mir gemerkt. Von jedem Euro, den ich verdiene, zahle ich summa summarum die Hälfte ans Finanzamt. Dann kannst Du auch leben, das ist doch toll. Hey, es geht mir wunderbar, was will ich denn damit? Will ich die Kohle mit in die Grube nehmen? Nein.
Bilder: Manfred Esser, WTV
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