Armin Mekic

Training für den Erfolg: Was Unternehmen vom Spitzensport lernen können

Zwölf Mal Gold, dreizehn Mal Silber und acht Mal Bronze – bei den Olympischen Sommerspielen hat es Deutschland kürzlich unter die Top Ten der erfolgreichsten Länder geschafft. Doch in den Unternehmen herrscht nach wie vor Aufholbedarf, weiß Selmir Suljkanovic. Warum es auch im Business ein sportliches Mindset braucht und wie er eigene Erfahrungen nutzen will, um seine Kunden zum Erfolg zu führen, erläutert der Verkaufsspezialist und Mentor in unserem Interview.

Herr Suljkanovic, laut eigener Aussage haben Sie es aus den »Tiefen des Unmöglichen« bis zu den »Höhen des Erfolgs« geschafft – eine sportliche Leistung. Gibt es tatsächlich Gemeinsamkeiten zwischen Sport und Vertrieb?

In der Welt des Vertriebs gibt es, so scheint es, eine oft übersehene Verbindung zu den Prinzipien des Sports. Während Athleten wöchentlich trainieren, um sich optimal auf Wettkämpfe vorzubereiten, sieht die Realität im Vertrieb allerdings ganz anders aus. Hier wird nicht ausreichend trainiert; stattdessen findet das »Training« tagtäglich am Kunden statt. Diese Praxis bringt jedoch erhebliche Risiken mit sich. Das Training am Kunden ist nicht nur kostspielig, sondern auch unnachgiebig. Fehler werden nicht nur bestraft, sie können auch existenzielle Folgen für Unternehmen und Mitarbeiter haben. Anstatt in die Entwicklung ihrer Mitarbeiter zu investieren und sie zu befähigen, bessere Verkäufer zu werden, konzentrieren sich viele Führungskräfte auf strategische Planungen und wöchentliche Meetings, die oft wenig Mehrwert bieten.

Zudem ist es alarmierend, dass nur wenige Unternehmen tatsächlich in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter investieren. Während viele Firmen im Recruiting mit attraktiven Weiterbildungsangeboten werben, bleibt die Realität oft hinter diesen Versprechungen zurück. Nur ein Bruchteil der Unternehmen sendet seine Mitarbeiter regelmäßig zu Seminaren. Ein Blick zurück auf meine eigene Karriere zeigt, wie wichtig es ist, in sich selbst zu investieren. In den Anfangsjahren habe ich kontinuierlich an meinem Wissen gearbeitet, um für Arbeitgeber wertvoller zu werden. Je mehr ich lernte, desto größer war der Mehrwert, den ich bieten konnte. Heute betrachte ich die Dinge aus der Perspektive eines Unternehmers und strebe danach, meinen Kunden direkt einen Nutzen zu bieten. Die Erkenntnis ist klar: Um im Vertrieb erfolgreich zu sein, sollten wir die bewährten Trainingsmethoden des Sports adaptieren und in die Entwicklung unserer Mitarbeiter investieren. Nur so können wir die Potenziale im Vertrieb voll ausschöpfen und langfristigen Erfolg sichern.

Was waren die wichtigsten Stationen, die Sie auf dem Weg zum Erfolg durchlaufen mussten, und wann haben Sie eigentlich zum ersten Mal bemerkt, dass Sie beruflich erfolgreich sind?

In meiner beruflichen Laufbahn gab es mehrere prägende Stationen, die meinen Werdegang maßgeblich beeinflussten. Ein entscheidender Wendepunkt war der Umzug von Deutschland nach Österreich im Jahr 2013. Mit gerade einmal 23 Jahren übernahm ich die Position des Niederlassungsleiters eines Großkonzerns in der Sicherheitsbranche. Plötzlich trug ich die Verantwortung für einen Jahresumsatz von 15 Millionen Euro sowie für 120 Sicherheitsmitarbeiter und sieben Führungskräfte. In dieser neuen Rolle musste ich schnell lernen, wie ich als junge Führungskraft ältere Mitarbeiter motivieren und befähigen kann, ihre Arbeit für die Kunden effektiver und effizienter zu gestalten.

Ein weiterer bedeutender Schritt in meiner Karriere war der Wechsel im Jahr 2016 von einem österreichischen Sicherheitsunternehmen zu einem deutschen Pendant. Dort begann ich als Regionalbereichsleiter und arbeitete mich bis zum Vertriebsleiter für die DACH-Region hoch. In dieser Funktion gelang es mir, den Unternehmensumsatz von 40 Millionen Euro auf 59 Millionen Euro zu steigern – ein Erfolg, den ich gemeinsam mit meinem Team erzielte. Rückblickend war dies der Karrieresprung, auf den ich von 2012 bis 2019 hart hingearbeitet hatte. Diese Erfahrungen führten schließlich zu meiner Rolle als Verkaufsleiter bei einem renommierten Verkaufstrainer, der sich selbst als bekanntesten Verkaufstrainer Europas bezeichnet. Innerhalb von nur 18 Monaten konnte ich den Auftragseingang – die wichtigste Kennzahl des Unternehmens – von 13 Millionen Euro auf 62 Millionen Euro steigern. In dieser Position erkannte ich erstmals die Tragweite meines Beitrags zu diesem zuvor unvorstellbaren Wachstum. In seiner Autobiografie wurde ich persönlich erwähnt und zählte zu den wenigen Bruttoeinkommensmillionären des Unternehmens. Ich konnte beweisen, dass meine Erfahrung in den Bereichen Strategie, Strukturentwicklung und dem Aufbau intelligenter Vertriebsprozesse der Schlüssel zum Erfolg waren. Zudem stellte ich fest, dass systematische Führung das Leitbild jeder Führungskraft sein sollte.

Heute sind Sie als Mentor tätig – ein hart umkämpfter Markt. Warum sind Mentoren derzeit so beliebt – kann man sich die Fertigkeiten nicht einfach selbst aneignen?

Absolut richtig. Doch welcher Markt ist heutzutage nicht hart umkämpft? Mentoren sind in der heutigen Zeit besonders beliebt, weil sie eine wertvolle Unterstützung bieten, die über das bloße Aneignen von Fertigkeiten hinausgeht. In einem hart umkämpften Markt kann es herausfordernd sein, den richtigen Weg zu finden und sich von der Masse abzuheben. Mentoren bringen nicht nur Fachwissen und Erfahrung mit, sondern auch individuelle Perspektiven und Strategien, die auf realen Erfahrungen basieren. Selbst wenn man sich Fertigkeiten selbst aneignen kann, ist der Lernprozess oft langwierig und frustrierend. Mentoren können helfen, diesen Prozess zu beschleunigen, indem sie gezielte Ratschläge geben, Feedback bieten und Netzwerke öffnen. Zudem bieten sie emotionale Unterstützung und Motivation, was besonders wichtig ist, wenn man mit Herausforderungen konfrontiert wird. Es geht nicht nur um die offensichtliche Arbeit, die geleistet wird, sondern vor allem um das Wissen und die Erfahrung, die dahinterstehen. Oft wird die eigentliche Leistung darin unterschätzt, dass jemand durch jahrelange Erfahrung in der Lage ist, Probleme schnell und effizient zu lösen. Diese Kompetenz und das Fachwissen, das über viele Jahre aufgebaut wurde, sind der wahre Wert, den man bezahlt. Die Moral ist: Es dauert Jahre, um das notwendige Wissen und die Fähigkeiten zu erlangen, die es ermöglichen, komplexe Aufgaben einfach erscheinen zu lassen. Diese investierte Zeit und Erfahrung sind unbezahlbar. Wenn jemand für seine Arbeit einen Preis nennt, reflektiert dieser nicht nur die sichtbare Leistung, sondern auch das jahrelange Lernen und die Expertise, die dahinterstecken. Letztlich geht es darum, zu verstehen, dass wir nicht nur mit Geld, sondern auch mit Lebenszeit bezahlen, die wir für den Erwerb von Wissen aufwenden. Und genau diese Zeit macht den wahren Wert einer Abkürzung aus.

Insgesamt kann man sagen, dass Mentoren eine Art Kompass in einem komplexen Umfeld sind, der es den Mentees ermöglicht, ihre Ziele effizienter und effektiver zu erreichen. Was macht einen guten Mentor aus? Ein guter Mentor sagt dir nicht nur, was du zu tun hast, sondern auch, wie du es zu tun hast.Im Leben kann man sich zwar vieles selbst beibringen, doch stellt sich die Frage, wie viel Geld man dabei bis zur Lösungsfindung verliert. Wäre es nicht sinnvoller, sich einen Mentor zur Seite zu holen, der ähnliche Herausforderungen bereits mehrfach gemeistert hat und möglicherweise selbst schon Lehrgeld zahlen musste, um uns vor solchen finanziellen Verlusten zu bewahren?

Sie sind auf Recruiting, Vertrieb und Führung spezialisiert. Haben sich die Anforderungen an diese Bereiche in den letzten Jahren verändert? Was sind die wichtigsten Gründe für diese Entwicklung?

Die Anforderungen im Vertrieb haben sich erheblich gewandelt: Vertriebskräfte müssen heute schneller, intelligenter und beziehungsorientierter gegenüber Kunden und Wettbewerbern agieren. Besonders im Recruiting ist ein deutlicher Wandel spürbar: Unternehmen müssen in einem hart umkämpften Markt verstärkt auf Active Sourcing und Bewegtbildformate setzen. Dies verdeutlicht die sogenannte 30/60/10-Formel: 30 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland sind aktiv auf Jobsuche, 60 Prozent sind offen für einen Wechsel, aber nicht aktiv suchend, und 10 Prozent sind hochzufrieden und wechseln auch für mehr Geld nicht. Der größte Hebel für Unternehmen liegt darin, die 60 Prozent Wechselbereiten anzusprechen. Dazu bedarf es gezielten Targetings durch Text, Bild und Video, um potenzielle Mitarbeiter dort zu erreichen, wo sie sich aufhalten. Führung heute bedeutet, Mitarbeiter erfolgreich zu machen. Der traditionelle, patriarchalische Führungsstil von früher hätte heute keine Chance mehr. Stattdessen geht es darum, im Team zu denken und die Ich-Perspektive zu überwinden. Neben der Fremdführung ist auch die Selbstführung essenziell, denn wer andere führen will, muss zuerst sich selbst und seine Gedankenwelt im Griff haben. Führungskräfte sollten sich permanent weiterbilden, getreu dem Motto »Leaders are Readers«. Die wichtigsten Werkzeuge einer Führungskraft sind Zielsetzung, Kommunikation und die Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen und für die Ergebnisse einzustehen. Verantwortung zu übernehmen ist dabei zentral: Führungskräfte sind nicht nur zuständig, sondern verantwortlich und müssen stets die passenden Antworten parat haben. Schauen wir in das Wort »Verantwortung«– dort ist »Antwort« verankert.

Im Verkaufsgespräch hat die Bedarfsermittlung eine immense Bedeutung gewonnen, um Erfolg systematisch zu erzielen. Meine zwölfjährige Vertriebserfahrung zeigt jedoch, dass viele Vertriebler nur selten nachfassen und stattdessen auf den sogenannten Lucky Punch hoffen, anstatt langfristige Kundenbeziehungen aufzubauen. Kunden kaufen meist kein Produkt, sondern Vertrauen zum Vertriebler. Zudem gibt es eine Unterscheidung zwischen „Beratern“ und „Verkäufern“: Berater informieren über mögliche Lösungen, ohne Abschlussverbindlichkeit, während Verkäufer die Herausforderungen des Kunden erkennen und diese verbindlich mit ihrer Lösung verknüpfen. Abschließend bleibt festzuhalten: Es wird nicht einfach gekauft, sondern aktiv verkauft.

Welche Skills werden Ihrer Ansicht nach in Zukunft über den unternehmerischen Erfolg entscheiden – inwiefern sind es andere als bisher?

In Zukunft werden besonders die Fähigkeiten zur klaren Kommunikation und zum Aufbau vertrauensvoller Beziehungen entscheidend für den unternehmerischen Erfolg sein. Während in der Vergangenheit oft fachliche Expertise und operatives Geschick im Vordergrund standen, rücken nun die zwischenmenschlichen Kompetenzen und die Fähigkeit, Menschen zu inspirieren und zu führen, stärker in den Fokus. Unternehmer müssen in der Lage sein, ihre Vision überzeugend zu vermitteln und ihr Team zu motivieren, gemeinsam an einem Strang zu ziehen.

Darüber hinaus wird die Fähigkeit, langfristige, nachhaltige Entscheidungen zu treffen, an Bedeutung gewinnen. In einer Welt, die zunehmend auf soziale Verantwortung und ethisches Handeln setzt, müssen Unternehmer nicht nur wirtschaftlich erfolgreich sein, sondern auch eine positive Wirkung auf Gesellschaft und Umwelt anstreben. Diese Skills sind in ihrer Gewichtung anders als bisher, da sie ein tieferes Verständnis für den Wert von Beziehungen und nachhaltigem Wachstum erfordern.

Unser Gesprächspartner:

Selmir Suljkanovic weiß, was es heißt, Chancen ergreifen zu müssen:

Als Kriegsflüchtling kam er 1993 nach Deutschland – heute ist er sowohl als Mentor als auch als Unternehmer und Investor bekannt.

 

 

Beitragsbild: Armin Mekic

AS (L)