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Urlaub für die Seele in schweren Zeiten

Monica Culen fürchtete sich als Kind vor Clowns und Krankenhäusern.  Später verbrachte sie viele Monate in Krankenhäusern und einer Lungenheilanstalt – für sie waren das traumatische Erlebnisse. Vor diesem Hintergrund bezeichnet Eva Primavesi, Sprecherin der Non-Profit-Organisation Red Noses Clowndoctors International, es als „eine Ironie des Schicksals“, dass die Wienerin Chefin von Clowndoctors International geworden ist, wo Clowns auf Patienten in Krankenhäusern treffen.

Seit fast 25 Jahren arbeitet Culen schon für die Organisation, deren Clowns die Patienten aufheitern sollen, damit sie leichter mit ihrer Krankheit umgehen können. Als Culen dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk ihr Konzept offenlegte und ihn als Unterstützer gewinnen konnte, appellierte dieser an sie, dass sie nur die besten Leute als Clowns engagieren soll. Diese Aufforderung beherzigte die verheiratete Mutter dreier Kinder und verpflichtete mit dem Mitgründer der Organisation Giora Seeliger die qualifiziertesten jungen Schauspieler für den Job des Clowns. „Die Arbeit im Krankenhausumfeld ist sehr sensibel. Um kranke Menschen mit Humor stärken zu können, müssen die Clowns viel wissen und viel können“, betont Culen und fügt hinzu: „Die Arbeit der Clowns wird immer unterschätzt.“ Darum regelt mittlerweile eine Ausbildungsordnung, was die Künstler lernen müssen.

Gut gelaunt: Monica Culen macht die Arbeit als Präsidentin von Red Noses Clowndoctors International genauso viel Spaß wie den Clowns.

Anfangs war es aber für Culen nicht leicht, die Ärzte von ihrer Idee der roten Nasen zu überzeugen. Denn die Mediziner meinten, dass die Clowns den Krankenhausalltag durcheinander bringen würden und die Kinder sich rebellischer verhalten. Culen ließ sich nicht abspeisen und erzielte einen Teilerfolg: In einer Probephase wurden die Clowns eingesetzt. Ihre Arbeit kam gut an, sie brachten Kinder zum Lachen und sorgten für eine positive Stimmung im Klinikalltag. Immer mehr Clowns arbeiteten nach und nach in Krankenhäusern, mittlerweile sind es weltweit 380 in etwa 800 medizinischen und sozialen Einrichtungen.

Culen hatte ihren gut bezahlten Job aufgegeben, um die Gesundheitsclowns in Krankenhäusern zu etablieren. Ihre Vision war ihr Antrieb. Denn als sie als erwachsene Frau auf ihre Zeit in der Lungenheilanstalt zurückblickte, war sie sich sicher, dass sie doch gern Besuch von einem Clown bekommen hätte. Culen sagt: „Ein Clown kann Dinge erreichen, die das Betreuungspersonal nicht schaffen kann.“ Er nehme den Kindern die Angst vor Operationen oder helfe Senioren aus ihrer Erstarrung. Die positiven Gefühle, die der Humor auslöst, überlagerten die Gefühle der Angst und Depression. Studien bestätigen: Humor stärkt die Widerstandskräfte und verkürzt den Heilungsprozess.  Deshalb besuchen die Clowns pro Jahr etwa 600.000 Patienten pro Jahr.

Das Erfolgsrezept

Die Clowns sorgen ein- oder zweimal pro Woche für Erheiterung in Krankenhäusern, Geriatrie- und Rehabilitationszentren. Bevor sie mit ihrer Arbeit loslegen, informieren Pfleger sie über die Krankheit des Patienten, welche Probleme die stärksten sind und womit ihm – und vielleicht auch den Angehörigen –  am besten geholfen werden kann. Die Clowns heitern unter anderem die Eltern auf, wenn sie mit versteinerten Minen auf die Untersuchungsergebnisse für ihre Kinder in der Onkologie-Abteilung warten. So folgt der krampfhaften Stille ein unerwartetes Aufatmen. Culen hebt hervor: „Jedes Kind, jeder Mensch, in jeder Lebenslage, hat Sehnsucht nach Fröhlichkeit und Glücksmomenten; besonders in Situationen des Schmerzes und der Verzweiflung. Der frische und schräge Humor der Clowns zeigt unerwartet und überraschend plötzlich andere Perspektiven und Gefühle und das Lachen ist wie Urlaub für die Seele.“ Das gebe Kraft und Hoffnung. Es werde deutlich, dass das Leben immer noch eine schönere Seite hat.

Jeder Rote-Nase-Clown muss sich an der Internationalen Schule für Humor aus- und weiterbilden lassen und eine Vorbildung als Schauspieler, Musiker oder Artist nachweisen. Das ist erforderlich, damit sich keine Routine einschleicht und die Improvisation und Begegnung mit den Patienten abwechslungsreich bleiben. Das, sagt Culen, sei das Gleiche wie bei einem Bürojob. Wenn man immer das Gleiche mache, stagniert man und bleibt stehen.

Die Arbeit der Clowns kommt bei den Patienten so gut an, weil sie das menschliche Verhalten spiegeln: Der Clown erkundet offen und naiv seine Umwelt. Scheitert er, steht er wieder auf, akzeptiert die Situation und macht unbekümmert weiter. Über diese Tollpatschigkeit lachen Menschen. Culen resümiert: „Humor ist eine wunderbare Bewätigungsstrategie. Mit Humor meistert man Dinge, die anderenfalls in einem Drama enden können. Über sich selbst und über seine schwierige Situation lachen zu können, heißt für mich, den Blickwinkel dazu zu verändern.“ Es entstehe eine innere Distanz zum Problem, der Schweregrad wird abgeschwächt und der Betroffene wird schneller auf bessere Lösungen aufmerksam.

Bildquelle oberes Foto: David Sevcik

Bildquelle unteres Foto: Martin Lifka