Eine Headhunterin packt aus: Niemand geht nur wegen des Geldes

Eine Headhunterin packt aus: Niemand geht nur wegen des Geldes

Bastian Kurz arbeitet seit drei Jahren als Entwickler für ein großes Softwareunternehmen. Er hat schon zwei Mal nach einer Beförderung gefragt, denn er liefert mehr ab, als von ihm gefordert wird, und schließt jedes Projekt mit Erfolg ab. Sein Teamleiter winkt erneut ab. »Ist derzeit nicht vorgesehen.« Bastian Kurz verdient 90.000 Euro im Jahr, ein sehr gutes Gehalt für einen Entwickler, aber er ist dennoch frustriert, fühlt sich übersehen, tritt auf der Stelle und verliert seine Motivation, weil er sich im Unternehmen nicht wahrgenommen und wertgeschätzt fühlt.

Bastian Kurz ist ein Fall für Headhunterin Regina Volz. Aus ihrem Alltag kennt sie vieler solcher Fälle, in denen Arbeitnehmer und Arbeitgeber keine gemeinsame Linie finden. Angesichts des Fachkräftemangels ist dies verschenktes Potenzial. »Gute Kräfte wollen in guten Unternehmen arbeiten«, sagt die Expertin. »Gut« bedeute, dass die Werte des Unternehmens mit denen der Fachkraft übereinstimmen, wenn das Unternehmen diese Werte lebt und im Alltag den Mitarbeiter wahrnimmt und auf sie eingeht. »Dazu gehört, ihn zu wertschätzen, ihn in Strategien einzubeziehen, seine Ideen nicht zu ignorieren, den Sinn der Arbeit zu kommunizieren, ebenso wie eine Feedbackkultur und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung.«

Leadership ist der Schlüssel

Erfolg beginnt beim Leadership, meint Regina Volz. »Apple-CEO Tim Cook setzt zum Beispiel auf eine positive Unternehmenskultur, die auf Teamarbeit, Kreativität und Innovation basiert. Er ermutigt Mitarbeiter, ihr Bestes zu geben und ihre Ideen einzubringen.« Und dass Apple inzwischen zu einem der erfolgreichsten Unternehmen der Welt gilt, gebe ihm recht. Cook denke strategisch und bezieht seine Mitarbeiter dabei ein. »Es geht nicht mehr wie noch vor 20 Jahren nur darum, Aufgaben zu verteilen, sondern darum, die Menschen im Unternehmen zu empowern«, sagt Regina Volz. »Merken die Mitarbeiter, dass sie wichtig sind, blühen sie auf.« Wenn Regina Volz Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammenführen will, laute die erste Frage: Was braucht das Unternehmen? Und welche Skills, die der Arbeitgeber fordert, braucht es wirklich, oder kann man auch auf einige verzichten? »Potenziellen Kandidaten im Unternehmen das beizubringen, was ihnen noch fehlt, ist wirtschaftlicher und effektiver, als die Stelle unbesetzt zu lassen, was noch mehr Geld kostet. Noch wichtiger als die fachlichen Skills sind die persönliche Einstellung, die Haltung und die Motivation des Mitarbeiters.

Zwischen den Skills sucht Regina Volz den Menschen fürs Unternehmen, »ein Mensch, der in die Kultur des Unternehmens und dessen Einstellung zur Arbeit passt«. Das fördere die Zusammenarbeit und senke die Fluktuation. Natürlich spiele auch das Gehalt eine wichtige Rolle. Das Gehalt sollte schon marktüblich sein und möglichst dem der anderen Mitarbeiter angepasst sein. Engagierte Mitarbeiter schauten aber nicht nur aufs Geld, wenn sie sich wohlfühlen und ihr Gehalt als angemessen empfinden. »Sobald sie sich aber ungerecht behandelt fühlen, gehen sie.« Und neue Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum einzuarbeiten, koste das Unternehmen dann viel Geld. Regina Volz ist der Ansicht, dass es sich auszahle, wenn man seinen gewünschten Fachkräften ein passendes Gehalt zahle und auch individuelle Leistungen biete. »Der eine möchte einen Firmenwagen, weil er weiter weg wohnt, der andere legt Wert auf ein warmes Mittagessen.«

Der Arbeitnehmer tickt jetzt anders

Auf der anderen Seite treten Arbeitnehmer heute selbstbewusster auf – nicht selten zu selbstbewusst. Die ersten Fragen mancher Bewerber handeln vom Gehalt, vom Homeoffice oder ob der Hund ins Büro darf. Dann erst folgt die Frage nach dem Job. »Bei neun von zehn Gesprächen ist das so«, weiß Regina Volz. Viele Mitarbeiter wollen auch weniger Stunden arbeiten und nach der Erfahrung der Headhunterin seien sie bei angepasstem Gehalt tatsächlich oft viel produktiver.

Weniger ist manchmal mehr – auch beim Bewerbungsprozess. Der sollte heutzutage so einfach wie möglich sein. »Unternehmen wollen heute kaum noch Zeugnisse sehen, sondern den Menschen. Mir reicht deshalb eigentlich schon die Telefonnummer«, sagt Regina Volz. In der Praxis sei es oft tatsächlich schwer, gute Mitarbeiter zu finden. »Die meisten Fachkräfte wollen gar nicht wechseln, weil sie keinen Anlass haben.« Das sei wie in einer Beziehung, man sei zufrieden, habe keinen Anlass fremdzugehen, bis dann plötzlich ein »Wow« vor einem stehe. Und ein guter Headhunter liefert dieses »Wow«. Vielleicht matcht Regina Volz, wenn sie Bastian Kurz und Tim Cook zusammenbringt? »Die Menschen kommen wegen des Unternehmens oder des Produktes und gehen wegen der Führungskraft«, lautet das Fazit der Headhunterin. Diesen Umstand zu beheben, ist die Aufgabe von Regina Volz. Aus ihrer Erfahrung lautet die Devise daher »Leadership is Lifestyle«, deswegen möchte sie bis März nächsten Jahres einen Leadership Circle bilden, in dem Führungskräfte zusammenkommen, sich austauschen können und »empowert werden«.

MK

Regina Volz ist HR-Expertin, Gründerin Ihres Unternehmens »Volz Personalberatung« und Leadership-Coach.

Bild: Jun Kim