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Glück ist eine Überwindungsprämie

und manchmal sehr banal

Die Forschung unterscheidet zwischen dem „passiven“ Glück, dem Glück der Achtsamkeit dessen was ist, also zum Beispiel dem Wahrnehmen des schönen Wetters, der Natur oder der Abwesenheit von Leid und Mangel, und im Gegensatz dazu dem „aktiven“ Glück. Das aktive Glück ist das von uns am bewusstesten steuerbare Glück, denn Glück ist eine Überwindungsprämie.
Wir Menschen verspüren immer dann Glück, wenn wir etwas erreicht haben. Und rein psychologisch haben wir immer dann etwas erreicht, wenn wir uns überwunden haben; ein Ziel erreicht, das Soll zwischen Ist und Soll überwunden, die Komfortzone verlassen, etwas geschafft haben.
Wer in Zukunft (noch) glücklicher werden will, der überwindet sich, schafft es!

Möglicherweise mag das der Grund sein, warum so viele Menschen Dinge tun, die bei nüchterner Betrachtung sehr banal sind; viele Freizeitbeschäftigungen gehören dazu. Nehmen wir nur einmal das Bergsteigen; es ist schon eine Überwindung all die Höhen hinaufzusteigen oder gar hinauf zu klettern. Und was machen die Menschen wenn sie oben sind? Sie machen eine Brotzeit und gehen wieder runter. Nüchtern betrachtet hätten sie auch unten bleiben können, doch wo wäre dann die Überwindung und damit das Glück geblieben? Glücklos.
Golfsport ist eine ähnliche Sache: Man versucht mit vielen Hölzern und Eisen – die erwiesenermaßen nicht die effizientesten Mittel sind, um einen Golfball zielgerichtet zu befördern – diesen Golfball über 17 Löcher in das 18. Loch zu bekommen. Es ginge einfacher: Man könnte mit dem Caddy gleich ans 18. Loch fahren, den Ball reinwerfen und ab ins Clubhaus. Die einen würden betrunken im Clubhaus sitzen und die anderen würden – da 18 Löcher überwunden – glücklich nachkommen. Ganz zu Schweigen vom – oh sorry – Fußball: 11 Spieler versuchen unter größten Anstrengungen, teilweise mit immensen Verletzungen, einen Ball in das gegnerische Netz zu bringen. Kaum ist der Ball im Netz ist das ein Anlass großer Freude. Doch was machen die Spieler? Sie holen den Ball wieder raus und spielen weiter. Man will ja nochmals glücklich werden oder dem Gegner eine Möglichkeit auf sein Glück geben. Man könnte behaupten, dass Fußball die Möglichkeit bietet, in 90 Minuten mehrere Glücksmomente zu generieren. Glück ist eine Überwindungsprämie.
Darum suchen viele ja auch nach Überwindungsmöglichkeiten. Jochen Schweizer war Vermarkter von Abenteuern und Abenteuerchen. Manche waren auch „Teuerchen“, da viele Gutscheine nie eingelöst wurden. Es mag eine Besonderheit sein, sein Leben in Gutscheine einzutauschen, die sich für mich manchmal nicht wie Gutscheine, sondern wie Schlechtscheine anfühlen. Das Leben selbst sollte die Sahneschnitte sein und das Wort „Erlebnisgutschein“ klingt für mich eher nach Magerquark oder als Ersatzbefriedigung für die, deren Leben kein Abenteuer ist.

Wer noch glücklicher werden will, verlässt die Komfortzone, stürzt sich ins tägliche Leben und macht sein Leben zu einem (kleinen) Abenteuer. Und das muss nicht die Weltreise sein. Das können kleine Micro-Abenteuer, kleine Erlebnisse, kleine Änderungen im Leben direkt vor der Haustür sein.

Glück ist eine Entscheidung, eine Entscheidung sich zu überwinden, sich zumindest ein bisschen ins Leben zu stürzen. Manchmal ist es eine einzige Entscheidung, die über unser Leben entscheidet.
Und was kostet es, Träume wahr werden zu lassen: Mut.

 

Autor: Hermann Scherer
Bilder: RumisPhoto/depositphotos, Hermann Scherer