Niedriger Zins, erhöhte Förderungen, scheinbarer Wohlstand – die Baubranche erfreut sich nicht nur im Industrie- und Wirtschaftsbau einer erfreulich stabilen Konjunktur. Doch wie wirken sich diese Entwicklungen auf den Markt aus, den wir alles aus dem Fernsehen kennen?
Die Rede ist dabei natürlich von den jungen Bauherren zukünftiger Einfamilienhäuser. Auch wenn dieses Segment des Baumarktes relativ gesehen schwächelt – laut deutschem Baugewerbe wird das erwartete Wachstum von knapp 6 % durch den erwähnten Wirtschaftsbau getragen – werden diese doch heiß umworben. Durch attraktivere Förderungen und den bekannt günstigen Kreditzinsen zieht es immer mehr junge Menschen wieder aus den Städten und raus aufs Land, auf der Suche nach Bauland und nach verkraftbarer Infrastruktur. Wer dann noch Richtung Niedrigenergieprofil strebt, sich nach alternativen, erneuerbaren Baustoffen umsieht und sich das Ganze auch noch bescheinigen lässt, den Belohnen die Länder mit noch mehr Förderungen und evtl. sogar Nachlässen beim Darlehen.
Dabei verschiebt sich vor allem das Verhältnis von klassischen Massivbau und modernem Fertigbau. Wo anno 2000 gerade mal knappe 13 % der Eigenheimanwärter zu einem Fertighaus griffen, sind es fast 20 Jahre später inzwischen schon mehr als 20 %. Allen voran ist es die Planbarkeit in Sachen Durchführbarkeit und Finanzierung, die junge Menschen ein modernes Fertighaus wählen lassen. Die sind heutzutage meist großflächig angelegt, verfügen über keinen Keller, dafür aber über „smarte“ Haustechnik und werden mit ökologischen Isolier- und Baustoffen ganz an die Wünsche des Käufers angepasst. Fertighausanbeiter werben inzwischen nun auch damit, Instandhaltungskosten oder Energiekosten für die ersten paar Jahre zu übernehmen. Das Angebot an Modellen und Bauweise ist dabei so groß wie nie zuvor; immer modularer werden die Fertighäuser, immer nachhaltiger und immer extravaganter die Ausführung, und das bei immer besseren Wärmespeicherwerten. Hier stellt sich Deutschland auch als die Wiege vieler Innovationen hervor wenn es um die Herstellung geht – in den letzten Monaten zum Beispiel werben viele Hersteller mit Modellen, die an den Bauhaus-Stil erinnern.
Den überwiegenden Teil des Eigenheimbaus macht immer noch der traditionelle Massivbau aus. Auch hier freut mach sich über Innovation, die allerdings nicht in der Fertigung von Wänden oder Dachstühlen vonstatten geht, sondern ebenfalls in der Verwendung lang vergessener Dämm- und Isoliermaterialien. Lehm, Schilf und Hanf zum Beispiel werden immer häufiger gewählt, das Raumklima zur Maxime erklärt und zuliebe der Heizkosten wird zunehmend auf bodenhohe Fenster und Türen verzichtet. Da das Argument der Gestaltbarkeit im Vergleich zu Fertigkonstruktionen immer mehr zu verfallen scheint, konkurrieren Baufirmen hier vielmehr mit strafferen Zeitplänen und optimierten Bauphasen – und finden hier Unterstützung durch die immer längeren und heißeren Sommer. Die sorgen auch dafür, dass einstige Kritikpunkte wie Austrockungs- oder Ausheizungszeiten nicht mehr länger so stark ins Gewicht fallen – es scheint also, dass für den Endverbraucher diese beiden Bauweisen zusammenrücken. Einst der Unterschied im Wiederverkaufswert entspricht einem Pluspunkt für den Massivbau, hier liegen die Erlöse deutlich höher als bei Fertigbauten.
Wie sich die Baubranche aber insgesamt in Deutschland entwickeln wird? Vorsichtig positiv, wenn es nach der Bundesvereinigung Bauwirtschaft gehen soll. Einzig der Fachkräftemangel, politische Themen wie Brexit und steigende Rohstoffkosten könnten die Branche im Moment noch stoppen.
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