Eminem – ein Weißbrot als Rap-Star

Eminem – Ein Weißbrot als Rap-Star

Eine Ikone meiner Jugend ist mittlerweile 50 Jahre alt und deshalb freue ich mich ganz besonders, das Leben von Marshall Mathers aka Eminem beleuchten zu dürfen. Andererseits zeigt es, dass 25 Jahre, so lange verfolge ich diesen Künstler nämlich schon, ins Land gezogen sind.
Keine Frage, die Karriere des weißen Rappers ist sagenhaft und wurde sogar schon in einem Kinofilm festgehalten. Grund genug, Marshall Mathers aus der Erfolgssicht zu analysieren.

Kindheit und Umzug nach Detroit

Marshall Bruce Mathers III erblickte am 17. Oktober 1972 in St. Joseph, Missouri das Licht der Welt. Damals deutete sehr wenig darauf hin, dass er in seiner Karriere über 350 Millionen Tonträger verkaufen und als einer der erfolgreichsten Musiker in die Geschichte eingehen würde.

Der kleine Marshall wuchs in sehr bescheidenen Verhältnissen bei seiner Mutter auf. Der Vater verließ die junge Familie, als Marshall drei Monate alt war. Seine Mutter war zum Zeitpunkt der Geburt erst 17 Jahre alt. Eminem selbst zufolge habe sie in seiner Kinder- und Jugendzeit unter Drogen- und Alkoholabhängigkeit gelitten. Die schwierigen Umstände seiner Kindheit verarbeitete mehrfach in seinen Rap-Songs. Als Schüler hatte er immer wieder mit Aggression und Gewalt zu kämpfen, was in etlichen Umzügen und Schulwechseln mündete, bis er schließlich mit zwölf in einem Vorort von Detroit ankam.

Jugend

In Detroit hatte Marshall tagtäglich Kontakt mit der afroamerikanischen Kultur, was dazu führte, dass er die Musikrichtung des Hip-Hop für sich entdeckte. Im Alter von 14 Jahren begann er, selbst zu rappen und an verschiedenen Contests, sogenannten Rap-Battles, teilzunehmen, damals noch unter der Bezeichnung »M&M«.

Damals gab es dann schon erste Achtungserfolge für ihn zu verbuchen. Mit 15 Jahren lernte er Kim, seine spätere Frau und Mutter seiner Tochter, kennen. Im Alter von 17 Jahren brach Eminem die Schule ab, nachdem er die letzte Klasse bereits zweimal wiederholen musste. Armut und Mangel bestimmten sein Leben. Wohnungen musste er verlassen, weil er die Miete nicht mehr zahlen konnte. Aushilfsjobs als Kellner und Tellerwäscher hielten ihn über Wasser – und die Liebe zum Hip-Hop.

1992 – erster Plattenvertrag
und Geburt von Slim Shady

Mit 20 Jahren nahm ihn das Plattenlabel FBT Productions unter Vertrag. Bis 1995 nutzte er seinen Künstlernamen »M&M«, doch dann bekam er markenrechtliche Probleme mit dem Unternehmen Mars. Fortan nannte er sich »Eminem«. 1996 gründete er gemeinsam mit fünf anderen die Rap-Gruppe D-12 (»Dirty Dozen«), die die Idee hatten, dass sich jedes der Mitglieder ein Alter-Ego zulegen sollte. Eminem schuf sich die Figur »Slim Shady«, die fortan eine wichtige Rolle in seinen Texten spielte. 1997 erreichte Eminem den zweiten Rang bei der Rap-Olympiade und zog das Interesse des bekannten Produzenten Dr. Dre auf sich, mit dem er dann das Album »The Slim Shady LP« produzierte.

Der Durchbruch weckt Begehrlichkeiten

Mit seinem ersten Album schießt Eminem auf Platz zwei der Billboard-Charts. Vier Millionen Stück davon konnte er absetzen, was ihn von heute auf morgen zu einem Millionär machte. Besondere Aufmerksamkeit bekamen die Texte, die von Brutalität und Diskriminierung nur so wimmeln und selbst vor seiner eigenen Mutter nicht haltmachen. Diese verklagte ihren Sohn auf zehn Millionen Dollar Schmerzensgeld wegen übler Nachrede. Außergerichtlich konnten sich die beiden Parteien jedoch auf 10.000 Dollar einigen. Eminem selbst verteidigte seine Texte immer und erklärte, dass sie satirisch aufzufassen seien und die Realität überzeichnen. Seinem Erfolg dienten diese Kontroversen massiv.

Marshall Mathers wird wiedergeboren

Sein zweites Album »Marshall Mathers LP« wurde im Jahr 2000 veröffentlicht. Das Album wurde Nummer eins in zahlreichen Ländern und Songs wie »Stan« werden auch heute noch im Radio gespielt. Eminem selbst kam auch in dieser Zeit immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Er wurde sogar wegen illegalem Waffenbesitz zu zwei Jahren Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Klagen seiner Ex-Frau und ehemaliger Mitschüler, deren Geschichte er in seinen Texten verarbeitete, waren regelmäßig an der Tagesordnung. »The Eminem Show« wurde 2002 veröffentlicht und ebenfalls zum internationalen Verkaufserfolg.
Im selben Jahr kam der halbbiografische Film »8 Mile«, in dem Eminem selbst die Hauptrolle spielt, in die Kinos. Alles, was Marshall musikalisch anfasste zu dieser Zeit, wurde unweigerlich zum Erfolg.

Der Erfolg macht sich bemerkbar

Nach Verleihung von drei Grammys, ebenfalls 2002, wurde bekannt, dass Eminem seine Shows unter Drogen- und Alkoholeinfluss absolvierte. Eine Abhängigkeit stritt der Rapper lange ab, musste jedoch am Ende einsehen, dass er wirklich abhängig war. 2005, ein Jahr nach der Veröffentlichung von »Encore«, machte er eine erste Therapie, allerdings ohne Erfolg. Seine Tournee musste er wegen Erschöpfung und Drogenmissbrauch absagen. Nach einer Überdosis Methadon wurde er schließlich 2007 wieder eingeliefert und stellte sich diesmal erfolgreich der Therapie.
All das verarbeitete er in seinem 2009 erschienen Album »Relapse«. Das 2010 erschienene Album »Recovery« stellte den absoluten Wendepunkt seines privaten und musikalischen Seins dar. Dieses Album entwickelte er erstmals völlig ohne Drogeneinfluss und kollaborierte mit Musik-Größen wie Rihanna, Pink oder Lil Wayne. Alle vier weiteren Studioalben waren ebenso absolute Erfolge und nahmen die Nummer eins in vielen Charts international ein. Sein zweites Greatest Hits Album »Curtain Call 2« wurde erst kürzlich veröffentlicht.

Eminem homophob und gewaltverherrlichend?

Seine Texte ernteten seit Beginn seiner Karriere große Kritik. Dazu muss man allerdings wissen, dass Rap-Texte generell in der Regel gewaltverherrlichend sind und zum Kulturgut der Musikrichtung gehören. Das macht die darin getätigten Aussagen zwar nicht besser, allerdings fällt die Einordnung leichter. In Raps geäußerte Beschimpfungen müssen nicht unbedingt der Gedankenwelt des Rappers entsprechen, sie müssen ihr lediglich entspringen. Rapper arbeiten sehr oft mit der künstlichen Erhöhung ironischer Aussagen.
Eminem entgegnete der Kritik, frauenfeindlich und homophob zu sein, überraschend wenig. Dennoch sei hier ein Zitat angebracht, das er in einem Interview mit der »New York Times« zum besten gab, als er auf die Legalisierung der gleichgeschlechtliche Ehe in seinem Heimatstaat Michigan angesprochen wurde: »Wenn sich zwei Leute lieben, denke ich mir: Wo ist das Problem? Ich denke, dass jeder die Chance haben sollte, gleichermaßen unglücklich zu sein, wenn er das will.« Dennoch entschuldigte Eminem sich für den einen oder anderen gebrauchten Ausdruck, vor allem im späteren Verlauf seiner Karriere. An dieser Stelle sei jedoch bemerkt, dass Eminem in seinen Texten auch einiges Positives zum Ausdruck bringt, vor allem, wenn es um seine Tochter Hailie geht.

Ruhm, Ehre und Verachtung liegen nahe beieinander

Eminem gelang es in seiner Karriere so gut wie keinem anderen, zu polarisieren. Als weißer Rapper dermaßen erfolgreich zu sein, schafften nur wenige vor ihm, vielleicht noch die Beastie Boys, für die er sich in seiner Jugend begeistern konnte.
Gerade diese Polarisierung und ein unnachahmlich guter Umgang mit der Sprache ermöglichten es ihm, diese Erfolge einzufahren. Sein Einfluss auf die Musikbranche ist wohl unumstritten, egal ob man ihn gut findet oder ablehnt. Dazwischen gibt es kaum etwas. Das Rolling Stone Magazin wählte Eminem auf Rang 83 der 100 größten Musiker sowie auf Rang 91 der 100 besten Songwriter aller Zeiten. So schnell wird ihm das wohl keiner nachmachen.

Der Autor: Michael Jagersbacher ist Kommunikationstrainer, Unternehmer und Buchautor. Auf seinem Blog gibt er Tipps, wie man sympathischer wird und mehr Profil erhält.

Bild: IMAGO / ZUMA Wire

Aus: ERFOLG Magazin 01/23