Keine falsche Bescheidenheit!

Keine falsche Bescheidenheit!

Nette Menschen tun sich schwer damit, ihren Rang im Team einzufordern und hochtrabende Titel zu tragen. Aber diese übertriebene Bescheidenheit macht klein und schadet ihrer Karriere, sagt Karriereberater Martin Wehrle.

Ich definiere mich nicht über meine Visitenkarte«, sagte Adrian Horvat (29) in der Beratung. Sein Chef hatte ihm den Titel »Key Account Manager« angeboten, er jedoch abgelehnt. Er empfand diesen Titel als Aufschneiderei. Ich fragte ihn: »All Ihre Kollegen nennen sich auch ›Kundenbetreuer‹, keiner ist ›Key Account Manager‹?« – »Doch, doch – es gibt ein paar Oberwichtige, die unserem Chef diesen Titel aus den Rippen geleiert haben. Nur deshalb hat er ihn mir angeboten. Aber ich habe das nicht nötig.«

Auf meine Frage, was ihn an der Bezeichnung »Key Account Manager» störe, erwiderte er: »Alles! Ich betreue nach wie vor auch kleine Kunden. Und ich bin ihr Ansprechpartner für ganz alltäglichen Kram, kein ›Manager‹.« Zugleich räumte er ein, seine Kollegen hätten diesen Titel genauso wenig verdient wie er selbst.

Ich fuhr fort: »Nun stelle ich mir gerade vor, dass Sie bei einer Sitzung neue Kunden treffen. Jetzt überreichen einige Kollegen ihre ›Manager‹-Visitenkarten. Und dann Sie Ihre als ›Kundenbetreuer‹. Käme Ihnen das nicht merkwürdig vor?« Er verzog sein Gesicht. »Soll ich jetzt zum Hochstapler werden, nur weil die anderen es sind?«

 

Den Artikel »Keine falsche Bescheidenheit!« von Martin Wehrle finden Sie in der brandneuen ERFOLG Magazin Ausgabe 06/2021 -> LINK

 

Bild: IMAGO / PanoramiC